Medianeras

Weiter geht es mit ein paar einzelnen Empfehlungen. Den Anfang macht ein argentinischer Film aus dem Jahre 2009. Medianeras, was übersetzt so viel wie Seitenwände bedeutet, ist heutzutage und gerade in diesem Jahr noch viel aktueller als zu seiner Zeit. Man könnte sagen, dass es hier drei Protagonisten gibt und Buenos Aires einer davon ist. Eine Stadt, die mit dem rapiden Wachstum seiner Einwohner zu kämpfen hat. Der Platz reicht schlichtweg nicht und so stapeln sich regelrecht die schnell hochgezogenen Häuserblöcke nebeneinander. Für Mariana und Martín ist diese hektische und chaotische Großstadt ein Hort der Unbehaglichkeit, weshalb sie zurückgezogen in ihren kleinen Apartments leben, nur getrennt von den jeweiligen Seitenwänden ihrer Wohnblöcke. Wie die beiden sich in dieser schnelllebigen und immer mehr in den digitalen Raum abdriftenden Welt zurechtfinden, erzählt euch Medianeras durch clevere Monologe, gepaart mit etlichen Schnittbildern der Stadt und einer angenehmen Langsamkeit.

303

Der letzte Ausflug außerhalb von Deutschland dürfte für die meisten von uns schon eine ganze Weile her sein. Wem zu Hause bereits seit Wochen die Decke auf den Kopf fällt, dem lege ich den deutschen Film 303 ans Herz. Jule und Jan lernen sich an einer Raststätte kennen, beide wollen nur noch weg. Er hofft seinen leiblichen Vater in Portugal das erste Mal persönlich zu treffen, sie möchte nach einer ungewollten Schwangerschaft und dem Nichtbestehen ihrer letzten Prüfung des Semesters den Kopf frei kriegen und über ihre Zukunft nachdenken. In einem alten Wohnmobil fahren die beiden quer durch Europa, reden dabei über Gott und die Welt und verlieben sich immer mehr ineinander. Ein wunderschöner und ehrlicher Film, der von mehreren Reisen gleichzeitig erzählt und einen immer wieder zum Nachdenken anregt.

The Cameraman:

Zum Schluss gibt es noch etwas Lustiges. The Cameraman vom guten, alten Buster Keaton. Ein mit nur 76 Minuten sehr kurzweiliger Stummfilm, in dem ein von Buster Keaton verkörperter unerfahrener Straßenfotograf versucht, das Herz der hübschen Sekretärin Sally zu erobern. Sie arbeitet für die Wochenschau bei MGM, welche die Nachrichten der letzten Tage im Kino zeigt. Dort bekommt er allerdings vom deutlich größeren Harold Konkurrenz, der sich ebenfalls um die Gunst von Sally bemüht. Zwischen den Männern entbrennt ein Wettkampf um die beeindruckendsten und sensationsreichsten Filmaufnahmen, bei dem beiden jedes Mittel recht ist. Am Ende zeigt sich allerdings, dass man nicht mit Prestige und Ansehen, sondern mit Herz und Ehrlichkeit jemanden für sich gewinnt.

Fazit

Es gibt noch so viele weitere Filme, die ich hier erwähnen könnte, aber am Ende ist es immer besser, die Filme für sich selbst sprechen zu lassen. Auch Bewertungen können des Öfteren etwas in die Irre führen. 2020 habe ich insgesamt 57 Filme der Letterboxd-Top-250 angeschaut, die meisten davon ausschließlich aufgrund ihrer phänomenalen Bewertungen. Ich habe realisiert, dass viele Nutzer über ihre eigene Meinung hinaus eine Bewertung abgeben, um dem jeweiligen Film seine Bedeutung in der Filmlandschaft gebührend Anerkennung zu verschaffen. Einen Anspruch, den ich mit meinem Filmkonsum nicht verfolge, stattdessen möchte ich meinen Horizont erweitern und verstehen, wie die verschiedensten Filmemacher ihre Geschichten auf die Leinwand bannen und welche Aspekte mich davon ansprechen. Ich möchte lernen, diese Methoden auf meine eigenen Geschichten anzuwenden, um selbst einmal einen Film drehen zu können, der die Menschen so zum Nachdenken anregt. Daher will ich mich 2021 weniger von Bewertungen und Listen einschränken lassen und wieder mehr meinem Geschmack und meinen Interessen folgen, gerne auch abseits der prunkvollen Wege.

Ich wünsche euch einen guten Rutsch! Auf ein hoffentlich genauso abwechslungsreiches, wenn auch nicht mehr ganz so turbulentes Filmjahr 2021.