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Drehbuch: Will Schneider, Zach Baylin
Schnitt: Chris Dickens, Neil Smith
Kamera: Steve Annis, Joshua Turner
Schauspieler*innen: Bill Skarsgård, FKA Twigs, Danny Huston
Land: USA, England, Frankreich
Sprache: Englisch
Länge: 1h51min
Genre: Action, Adventure, Fantasy, Horror
Das Gefühl des Alleinseins kann ein erdrückendes sein. Verraten von denjenigen, denen man das meiste Vertrauen entgegenbrachte, durchlebt man eine soziale Abstumpfung. Man interessiert sich nicht mehr für andere, wenn jene einem ebenfalls kein Interesse entgegenbringen, wird sozusagen taub von innen. Also schweigt man, entfernt sich davon, überhaupt das Bedürfnis zu verspüren, sich mitzuteilen.
So ergeht es Eric Draven (Bill Skarsgård), einem jungen, introvertierten Mann mit undurchsichtiger Biographie. Sein Schweigen wird aber gebrochen, als er innerhalb einer stationären Einrichtung für Suchterkrankte auf Shelly (FKA Twigs) trifft, eine neue Patientin. Die beiden harmonieren auf Anhieb, wenige Tage vergehen und aus zufälliger Bekanntschaft wird bindendes Schicksal. Doch wie das Leben gibt, nimmt es auch wieder und ein tragisches Ereignis erfüllt Eric nicht nur mit dem Wunsch nach Rache, sondern auch mit einer Reanimation – eigentlich ist er nämlich bei besagtem Ereignis gestorben.
Befremdliche Nähe
Rupert Sanders wählt in The Crow – einer filmischen Adaption des gleichnamigen Comics – einen mehr expositorischen Ansatz, als es Alex Proyas Klassiker von 1994 vorher tat. Während letzterer einen regelrecht von Minute Eins in die Prämisse schmeißt, nimmt sich die Neuverfilmung viel Zeit, um den Nährboden für die anstehende Eskalation zu düngen sowie mit Samen der Rache zu bepflanzen. Man wohnt vielen Momenten bei, in denen das Leinwandgespann ihre Zuneigung nicht einfach nur andeutet, selbige wird bis ins Kleinste idealisiert. Im hohen Tempo schreitet die Beziehung voran, wird mit jeder Sekunde enger und immerwährender. Als würden sich diese zwei Menschen schon ewig kennen, entscheiden sie, dass ihre Zukunft ausschließlich vom Zusammensein mit dem jeweils anderen definiert wird.
Ist diese Entschlossenheit nicht romantisch? Ehrlich gesagt: nicht sonderlich. Es stimmt zwar, dass sich The Crow in seinem Klimax mächtig Zeit lässt und man den Figuren anmerkt, dass sie einander wichtig sind. Allerdings sind Entstehung wie auch Weiterführung ihrer Liebe total durchhetzt und dadurch letztendlich kaum authentisch. Erste Annäherungsversuche entspringen wahrgenommener Attraktivität, daraufhin folgen einige zweideutige Anspielungen, belangloser Smalltalk und schwuppdiwupp wird von wahrer Liebe gesprochen. Zeit zu investieren, ist nun mal nicht gleichbedeutend damit, Inhalt zu vermitteln. Ein Zeppelin mag auch größer als ein kleiner Heliumballon wirken, letztendlich sind aber doch beide ein Vakuum.
Beispielsweise findet Shelly in Erics Zimmer unter mehreren Zeichnungen, die bei einer routinemäßigen Durchsuchung in ein wildes Chaos verwandelt worden sind, ein Bild von sich selbst, auf dem sie nackt posiert. Eine wahre Konversation bringt diese Situation nicht ins Rollen. Vielmehr kratzt sich der ertappte Verehrer verlegen am Hinterkopf und presst ein nervöses Lachen raus. Hier wäre eine Lücke, um die Obszönität gegen spürbare Empfindungen zu stellen. Nie wird die behauptete Romantik emotional untermauert, sämtliche Szenen der Sinnlichkeit wirken rein körperlich.
Erzählerisch wird damit also nur in Quantität aufgestockt. Der Aufbau, mit dem das Unvermeidbare katalysiert werden soll, fühlt sich unsagbar leer an. Dass die Hauptdarsteller von vornherein nicht die Chemie verkörpern, auf die das Drehbuch abzielt, macht den Kohl dann nur noch fetter, als er ohnehin schon in der Fritteuse wurde, die das Etikett „Dialoge“ trägt. Wenn gerade nicht lose Gedanken möglichst reaktionär behandelt werden, sind überwiegend billige Anmachsprüche oder überschwängliche Umschreibungen dafür zu hören, dass sich die zentralen Charaktere außergewöhnlich stark lieben – sollte man das zwischendurch vergessen haben. In der Menge ist die verbalisierte Liebe zu penetrant und erzwungen, worunter die eigentlich spannende Thematik insbesondere nach hinten raus zerbricht.
Lieblose Distanz
Es ist relativ simpel: Wenn der Aufbau nicht funktioniert, gibt es auch nichts abzubauen. Also ist all die blinde Wut, die Verzweiflung und der Wunsch nach Rache aus hemmungsloser Liebe emotional unsichtbar. Die Idee hinter einem Individuum, welches alles verliert, was ihm wichtig ist und diese Leere in ungehobelte Gewalt kanalisiert, ist ebenso einfach wie auch potenziell elegant. Tragisch ist das Selbstkonzept, welches nichts als die Reflexion erfahrenen Leids beinhaltet. Keine Regung oder Befriedigung folgen auf die Vergeltung, das Quälen wird zur verkommenen Vorstellung von Fairness.
Während der Protagonist mit seinen übernatürlichen Kräften akklimatisiert, wird er neben den körperlichen Verstümmelungen auch innerlich vernarbt. Allerdings fällt beim bloßen Zusehen direkt auf, dass kein Fundament gegossen wurde, auf dem die Tragweite der Prämisse Fuß fassen kann. Es gibt eine Szene, in der der Hauptcharakter seinen eigenen, von Klingen durchstoßenen Körper als Waffe benutzt, um seine Gegner aufzuspießen. Spektakulär schlitzt und sticht sich der gebrochene Geliebte durch ein Opernhaus, ohne die Blutspur auch nur eines Blickes zu würdigen, die er hinterlässt. Man bewundert die Technik hinter der Gewalt, denkt aber kein einziges Mal an das, was sie repräsentieren soll.
Durchaus steckt eine Intention dahinter, dass die Reanimation der Hauptfigur sowie deren regenerative Fähigkeiten erst ab der Hälfte der Laufzeit von der Leine gelassen werden. Und nachdem der erste Schlagabtausch hinter Eric liegt, stürzt er sich mit voller Hingabe in sein bestialisches Ziel und prescht aus vollem Ansturm durch Backsteinmauern. Die Action ist ein klares Licht am Ende des Tunnels, denn sie ist dynamisch, innovativ und unheimlich brutal. Da der Film aber durch die Unnahbarkeit der Liebesgeschichte die Gewaltspirale nicht thematisch festigen kann, lässt die Intensität der Höhepunkte sehr schnell nach. Als Konsequenz fühlt sich der Weg zum Ziel also doch wieder zu gestreckt und nichtssagend an.
Somit liefert The Crow nicht das Pay-off, welches das anfängliche Versagen der Inszenierung rechtfertigt. Zu peinlich sind die Dialoge, zu langgezogen und unnatürlich wirkt die dominante Hintergrundgeschichte, welche als Motivation des Konzeptes herhalten soll. Immerhin ist der Blaufilter angenehm dosiert, da er passend den kalten Abgrund visualisiert, in den der Protagonist fällt und einige tatsächlich ästhetische Bilder kreiert. Außerdem mimt Bill Skarsgård den leidenschaftlichen Rächer adäquat furios, sobald er den Fängen der furchtbaren Romanze entkommen kann. Dass diese aber auch im zweiten Akt nach wie vor ihren gewissen Raum einfordert, führt unentwegt zur großen Enttäuschung eines Reboots zurück, nach dem auch die letzte Krähe nicht mehr krächzen wird.
THE CROW LÄUFT AB DEM 12. SEPTEMBER IN DEN DEUTSCHEN KINOS
4.0 Punkte
The Crow (2024) - Review
Dorian
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3 Kommentare
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Die Leidenschaft Filme jeder Art in sich hinein zu pressen, entbrannte bei mir erst während meines 16. Lebensjahres. Seit diesem Zeitraum meines Daseins gebe ich jeder Bewegtbildcollage beim kleinsten Interesse eine Chance, seien es als Pflichtprogramm geltende Klassiker oder unentdeckte Indie-Perlen.
Sehr gute Review. Die Wortspiele haben mir gefallen. Ich hasse das, wenn eine Liebesgeschichte so konstruiert wird. Sie kennen sich 2 Sekunden und können dann ohneeinander nicht mehr leben. Das glaubt doch kein Mensch. Deine Review liest sich, was ich in dem Film vermute.
Vielen Dank für das Lob! Am Anfang raste der bei mir auch wirklich auf eine noch schlechtere Bewertung zu, aber mit der eskalativen Seite der Geschichte hat er mich dann doch in Maßen gekriegt. Dennoch entschuldigt das für mich nicht das fatale Geplänkel zwischen den Turteltäubchen. Echt schlimm. Du verpasst glaube ich wirklich nichts, wenn du es bei den Trailern belässt.
Gern. Kann mir wirklich vorstellen, wie der Film ist. Wenigstens gibt es doch ein paar gute Punkte.
Trailer hab ich gar nicht zu Ende geguckt glaub ich.