SynopsisCrewDetails
Graf Dracula reist von seinem Heimatland Transsylvanien nach London. Auf der Suche nach frischem Blut zieht der zu einem Dasein als Untoter verdammte durch das bunte Nachtleben der Großstadt, wo er seine Opfer findet. Aber hier begegnet er auch Dr. Van Helsing , einem fanatischen Wissenschaftler, der dem grausamen Treiben des mörderischen Vampirs ein Ende bereiten will.
© TMDB
Regie: Terence Fisher
Drehbuch: Jimmy Sangster
Schnitt: James Needs, Bill Lenny
Kamera: Jack Asher
Schauspieler*innen: Peter Cushing, Christopher Lee, Michael Gough, Melissa Stribling
Produktionsjahr: 1958
Land: England
Sprache: Englisch
Länge: 1h22min
Genre: Horror

Peter Cushing und Christopher Lee sind zwei Namen, die man sich kaum ohneeinander vorstellen kann. Oftmals als Gegenspieler des jeweils Anderen agierend, können die beiden in zahlreichen Kollaborationen genossen werden; überwiegend in Werken des kultigen Hauses von Hammer Film Productions. Als bekanntestes Zusammenwirken hat sich hiervon eine Geschichte etabliert, die auch außerhalb der Filmlandschaft einen anerkannten Status verteidigt: Bram Stokers Novelle des Grafen Dracula. Im Jahre 1958 wurde eine von vielen Adaptionen veröffentlicht, welche den spitzzähnigen Blutschlürfer auf der Leinwand zelebriert, dies allerdings mit merklichen Änderungen im Verlauf der Erzählung. Verkehrt ist es prinzipiell nicht, wenn man eine Vorlage abändert und zu neuen Funktionen umwandelt, nur gibt es einen Unterschied zwischen dem Ändern und Entfernen von Inhalten – bei dieser Verfilmung wurde nämlich schlichtweg viel weggelassen und dafür wenig geändert.

Abkürzungen zum Wesentlichen

Dabei ist die Story um den Vampirkönig bereits in ihrer vollen Länge keine, die den Rahmen sprengt. Nichtsdestoweniger entscheidet sich Regisseur Terence Fisher für eine Komprimierung der Geschehnisse, als Entschädigung müssen einige Freiheiten in der Geschichte Abhilfe schaffen. So starten wir nicht mit dem verzweifelten Renfield, welcher sich dem ewigen Dienst Draculas verpflichtet und sein bösartiges Treiben quer durch England ermöglicht, sondern mit dem Publikumsliebling Jonathan Harker; dieses Mal jedoch Vampirjäger im eigenen Recht. Somit steht eines direkt fest: Dracula ist kein Mythos, den es aufzubauen gilt, er ist von der ersten Sekunde als übernatürliches Wesen charakterisiert und wird auch als solches von der Handlung vermarktet. Somit erfährt die Figur eine Suspendierung als Charakter und verkommt zum bloßen Antagonisten.

Christopher Lees Schattenwandler bekommt wenig Profil zugeschrieben und darf lediglich ab und zu die Zähne wetzen, um seinen Opfern die Lebensenergie zu stehlen. Auch sonst werden sämtliche Thematiken fallen gelassen, mit denen dieses Universum zu bestechen weiß. Lust und Begierde, das Einleben in neue Kulturen und Feindseligkeiten gegenüber Fremden aus fernen Ländern müssen auf den billigen Plätzen parken, sodass sich dem nächsten Dialog über die Suche nach der Bedrohung im Mantel gewidmet werden kann. Es sollen Schleichwege geschaffen werden, passieren tut am Ende dann aber doch zu wenig. Bis auf einige Momente, in denen Dracula sich selbst Einlass gewährt – um welchen bitten muss er hier offensichtlich nicht – und an nackten Hälsen nuckelt, halten sich Spannungs- wie auch Horrorelemente in Grenzen, was primär wohl daher rührt, dass der titelgebende Fiesling selten zu sehen ist.

Narrativer Rückwärtsgang

Seine Screentime wird auf ein Minimum beschränkt, damit die geplanten Höhepunkte mehr Schock und Terror verbreiten. Dieses Werk ist als Spektakel des Grauens angedacht, das präsentiert, wie furchterregend Dracula sein kann. Erzählerischen Nichtigkeiten auf dem Weg dorthin weniger Priorität zuzuschreiben, ist logisch, in der fadenscheinigen Inszenierung aber eher ein abgeschossenes Projektil, welches unmittelbar zurückfeuert. Die faule Handlung kompensiert die Vielzahl entfernter Elemente des Quellenmaterials zu keinem Zeitpunkt. Stetig ziehen Doktor Van Helsing und seine gewonnenen Assistenten Kreise um Merkmale Draculas, die der Zuschauerschaft schon zu Beginn des Filmes offenbart werden. Repetitiv und nichtssagend wird die Bremse zu oft betätigt und Vergangenes erforscht, wo es doch viel wichtiger wäre, Künftiges zu entdecken.

Der Startschuss der legendären Cushing-Lee-Saga enttäuscht somit in vielerlei Hinsicht, da er nicht nur eine mangelhafte Romanverfilmung darstellt, sondern im Allgemeinen einen zähen und inhaltsleeren Vampirfilm. Zwar spielt das dubiose Duo gekonnt auf und auch die Sets sind, wie man es von Hammer Film gewohnt ist, herrlich designt und mit viel Liebe zum Detail, charmanter Ausstattung und einem angenehmen Grundverständnis für schaurige Gruften versehen, aber der potenziellen Wirkung wird keine Möglichkeit zur Entfaltung gegeben. Dracula verwirkt seine Qualitäten in einem Skript, das auch den kleinsten Ansprüchen der gewählten Vorlage nicht gerecht wird. Diese Adaption eines beliebten Klassikers sichert sich keinen Stuhl im Kronsaal der besten seiner Art, vielmehr findet er seinen Pfad geradewegs in die Krypta.

4.0
Punkte