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Peter Parker ist demaskiert und kann sein normales Leben nicht mehr von den hohen Einsätzen als Superheld trennen. Als er Doctor Strange um Hilfe bittet, wird die Lage noch gefährlicher und er muss entdecken, was es wirklich bedeutet, Spider-Man zu sein.
©: TMDB
Regie: Jon Watts
Drehbuch: Chris McKenna, Erik Sommers
Schnitt: Jeffrey Ford, Leigh Folsom Boyd
Kamera: Mauro Fiore
Schauspieler*innen: Tom Holland, Zendaya, Benedict Cumberbatch
Jahr: 2021
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 2h28min
Genre: Action, Abenteuer, Science Fiction

Marvels Erfolgshit überrollt James Bond

Obwohl wir uns im zweiten weltweiten Pandemiejahr befinden, lockt Marvel zig Millionen Menschen weltweit in die Kinos, schafft es auf knapp unter 600 Millionen US Dollar Einspielergebnis am ersten Wochenende. Das ist nahezu absurd, bedenkt man, dass James Bond – der zum jetzigen Zeitpunkt erfolgreichste englischsprachige Film 2021 mit 780 Millionen US Dollar vermutlich schon am nächsten Wochenende übertrumpft wird. Aber so ist es nunmal. Spider-Man: No Way Home ist der erfolgreichste Film des Jahres.

Nach unzähligen Spekulationen über das Auftreten bestimmter fanfavorisierten Charaktere, zahlreichen Leaks und Trailern, die das Internet in sekundenschnelle überrannten, sind die Erwartungen an das dritte Abenteuer des Spinnenmannes Peter Parker groß. Kann der Film diesem immensen Druck überhaupt gerecht werden? Und selbst wenn ja – nach den Fans zu urteilen ist No Way Home genau das Erhoffte -, kann der Film überhaupt mehr, als nur jubelnde Kinogänger*innen zu begeistern? 

Um das Ganze angehen zu können, sollte man sich zuerst einmal mit der Ausgangslage des Films beschäftigen. “Wie sagt man jemanden, dass man Spider-Man ist?” fragt sich Peter (Tom Holland) zurecht. Nun, dieses Problem ist für ihn am Ende seines letzten Filmes, Spider-Man: Far Frome Home unfreiwillig geregelt worden, als sein dortiger Widersacher, Mysterio (Jake Gyllenhaal), der ganzen Welt erzählt, wer unter der roten Maske steckt: Die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft ist ein Teenager aus New York.

Da jeder nun weiß, wer Spider-Man ist, hat es Peter schwieriger in seinem Leben abseits des Superheldendaseins. Zwar halten seine Freunde und Familie noch zu ihm, jedoch ist er eben der berühmteste Mensch der Welt. Doch eben nicht auf die Hollywoodstar-Art, nein, er ist eine umstrittene Figur, da manche ihm vorwerfen, den “Helden” Mysterio getötet zu haben, was ihn zu einer Bedrohung macht. Wie könnte man dieses Debakel nun ändern? Peter wendet sich an Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) mit der Bitte, er möge doch alle vergessen lassen, dass Peter Parker Spider Man sei. Strange willigt ein, jedoch missglückt der Zauber durch Peters Naivität, wodurch verschiedenste Bösewichte aus unterschiedlichsten Universen erscheinen, alle mit dem Ziel, Peter Parker zu töten.

Verkopfte und verzwickte Nebenwirkungen

Seid ihr gerade nicht mit der Geschichte mitgekommen? Kennt ihr die Bösewichte Mysterio, Dr. Oktopus (Alfred Molina), Green Goblin (Willem Dafoe), Electro (Jamie Fox) und co. nicht? Dann werdet ihr euch vermutlich nicht so viel mit früheren Marvelfilmen beschäftigt haben. Spider-Man: No Way Home wird euch dann eher wie ein wirres Aufeinandertreffen von unterschiedlichen Figuren erscheinen – und nicht wie das größte Zusammentreffen seit Avengers: Endgame vor zwei Jahren. Spider-Man: No Way Home vereint drei verschiedene Spider-Man-Filmreihen durch eben genannte Bösewichte, da diese von denselben Schauspielern verkörpert werden, die bereits in den Sam Raimi- und Marc Webb-Spider-Man-Filmen die Rollen einnahmen.

Dabei ist der Film selber der Abschluss einer eigenen Trilogie und Teil eines größeren Universums. Da kann man schnell den Überblick verlieren. Mit dieser gigantischen Anzahl von Charakteren, inklusive fünf Antagonisten, ist Spider-Man: No Way Home der Versuch, es allen recht zu machen. Es ist der Versuch, jeden Fanwunsch unter einem Dach zu vereinen, den bestmöglichen Film abzuliefern. Dabei muss sich der Film nicht nur um die Geschichte Peter Parkers kümmern, er muss außerdem Erinnerungen an vergangene Filme und Ausblicke auf kommende Filme liefern, damit auch möglichst viele Zuschauer*innen eine gute Zeit haben und nicht nur die allergrößten Fans. 

Das klappt auch einigermaßen, fühlt sich dennoch leider irgendwie unrund an. Warum ist Electro nicht mehr blau wie in The Amazing Spider-Man 2? Warum tauchen keine anderen Superhelden auf, wenn auf der Freiheitsstatue gekämpft wird? Warum dies und jenes in diesem und jenem Ausmaß geschieht und diese und jene Konsequenzen hat? Fragen über Fragen, die alle irgendwie beantwortet werden sollen. Der Film wirkt teilweise zu vollgestopft mit Inhalt, zu vollgestopft mit Charakteren und ihren Handlungen. Momente für Charakterentwicklungen gibt es zwar, jedoch geraten diese bei No Way Homes’ schnellem Pacing etwas in den Hintergrund.

So kann sich der Film nicht zu lange mit den emotionalen Momenten beschäftigen, da wieder die nächste epische Szene ansteht. Dabei entsteht bis auf die letzte Stunde des Filmes die gewollte Epik eben nicht. Es wirkt alles so inkonsequent, vielleicht ist es auch die Schuld der Ankündigung der nächsten Tom Holland Spider-Man-Trilogie bereits vor dem Kinostart. Nach einem Film wie Avengers: Endgame hat sich Marvel eine Art Grube gegraben. Es muss nun erst einmal dauerhaft Veränderungen geben, das MCU wird sich und hat sich schon weiterentwickelt. Irgendetwas muss es bei den kommenden Filmen und Serien jetzt geben, was sie herausstechen lässt. Schließlich bekommen wir jetzt nicht mehr nur drei Filme im Jahr, sondern werden auch noch mit Serien überhäuft.

Vorfreude statt erzählerische Höhepunkte

Einheitsbrei kann sich Marvel nicht leisten, vielleicht wird gerade deshalb versucht, alles in No Way Home episch wirken zu lassen. Doch ist alles gleich episch, ist nichts wirklich episch. Dieses Problem umgeht No Way Home zwar in den letzten 45 Minuten, da dort schrittweise immer mehr passiert und diese Epik dann – ohne irgendetwas zu spoilern -, im Gegensatz zum Rest des Filmes wirklich zum Schein kommt, jedoch fühlen sich die ersten 90 Minuten eben etwas leer und tonal zu eintönig an, um echte Gefühle außer Vorfreude zu liefern. Das ist No Way Homes vermutlich einziges Problem. Vorfreude ist das einzige Gefühl, welches der Film zu Beginn auslöst.

Dennoch ist No Way Home keinesfalls schlecht. Das hätte er auch einfach nicht sein dürfen. Marvel weiß, welche Noten gespielt werden müssen um den ganzen Saal jubeln zu lassen. Und diese Erfahrung alleine machen Spider-Man: No Way Home zu einem Erlebnis. Ironischerweise ist der Score an sich vermutlich einer der Gründe für die fehlende epische Wirkung, wobei der Film ansonsten technisch so gut wie einwandfrei ist.

Allgemein gibt es nicht super viel auszusetzen an Spider-Mans drittem Abenteuer: Gerade das Ende ist toll, der Humor funktioniert, die Action ist schön eingefangen, die Effekte sehen sehr comichaft und real zugleich aus und der Cast macht einen hervorragenden Job. Man spürt den Enthusiasmus der gesamten Crew. Neben hundertprozentigem Fanservice könnte der Film also auch außenstehende Zuschauer*innen abholen. Nichtsdestotrotz hätte ich mir schlicht gewünscht, dass nicht nur die letzte Dreiviertelstunde ausgezeichnet ist. Der Ganze Film muss es eben sein.

6.5
Punkte