SynopsisCrewDetails
Im abgelegenen Bloodstone Manor trifft sich eine Gruppe von Monsterjägern, die in einem gefährlichen Wettstreit um ein mächtiges Relikt kämpfen. Unter ihnen ist auch Jack Russell (Gael Garcia Bernal), den selbst ein düsteres Geheimnis umgibt: Ein alter Fluch lässt ihn regelmäßig zum Werwolf werden…
© TMDB
Regie: Michael Giacchino
Drehbuch: Peter Cameron, Heather Quinn
Schnitt: Jeffrey Ford
Kamera: Zoë White
Schauspieler*innen: Gael García Bernal, Laura Donnelly, Harriet Sansom Harris
Produktionsjahr: 2022
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 55min
Genre: Action, Horror, Fantasy

Nach dem Dahinscheiden seines einstigen Anführers versammelt sich ein Geheimbund von Monsterjägern, um seinen Nachfolger zu küren. Im Konkurrenzkampf um ein heiliges Relikt müssen sich die Schlächter einer Kreatur gegenüber stellen, die ihre Tauglichkeit im direkten Kampf auf die Probe stellt. Sieger und neues Oberhaupt ist der- oder diejenige, wer das Monster erlegt und den Gegenstand entwendet. Als Mitglied des Jägertums betritt Jack Russell (Gael García Bernal) die hübsch aufbereitete Halle des Bloodstone-Tempels wie der Elefant im Porzellangeschäft. Sein schmächtiges und zurückhaltendes Auftreten wirkt nicht wie der berechnende Fährtenleser, gibt er sich doch ganz gepflegt und galant. Die Zahlen sprechen aber für sich: Satte 100 Tötungen gehen auf sein Konto, was ihn skaliert betrachtet zur gefährlichsten Person im Raum macht. Jacks Vermächtnis ist der Startschuss für Werewolf By Night — ein kleines Halloween-Special von Marvel Studios und ihr zweiter Versuch, sich den Aspekten von Horror zu nähern.

Weidmannsheil auf farblosen Fliesen

Eine schicksalhafte Nacht bricht an, deren Preis ebenso hoch ist wie dessen geforderter Tribut. Lebensbedrohlich sind die Umstände, denen das Kollegium an Monsterjägern ausgeliefert sind. Heute werden sie allerdings von keinem Pakt verbunden. Sie agieren als bittere Feinde. Ein Leitmotiv, welches sich einige mehr zunutze machen, als andere. Aus dieser simplen Ausgangslage entspinnt sich ein kurzweiliges Spektakel mit einem besonders prägnanten Merkmal — dem Schwarz-Weiß-Filter. Mit dem gewählten Stilmittel ist Werewolf By Night aber wesentlich mehr, als eine sympathische Hommage an den Monster-Movie von Universal Studios. Vor allen Dingen zeigt Michael Giacchinos Film die Wirksamkeit, welche die Abwesenheit von Farben auf den Film als visuelles Medium ausüben kann.

Optik kann eine Stimmung vermitteln. Im Falle von Werewolf By Night erwirtschaftet der Verzicht auf zusätzliche Eindrücke in Form von Farben eine Fokussierung auf das Element, welches der Film am meisten hervorheben möchte — seine Authentizität. Das Publikum bekommt Bilder von labyrinthartigen Gärten und prunkvoll eingerichteten Sälen präsentiert, die in ihrer Gesamtheit ungemein mächtig wirken. Ausgestopfte Trophäen zieren die Wände des Anwesens, makellos beschnittene Hecken dienen zur Desorientierung der Teilnehmenden und Make-up sowie Kostümierung der Individuen könnten nicht adäquater sein. Es wird Zeit dafür eingeräumt, dass die kompakten Bilder in ihrer ganzen Pracht begutachtet werden können. Langanhaltende Einstellungen geben dem Rahmen Atmosphäre, wie beispielsweise in einer fantastischen, mit Schattenspielen inszenierten Transformationsszene deutlich wird.

Rünstige Konfrontationen nach altem Rezept

Nach der relativ kurzen Einführung der verschiedenen Gesichter startet der Grusel rasant. Unsere Figuren werden lediglich an ihren Erfolgen und nicht ihrem Charakter gemessen, sind ihre Eigenschaften für den Fortgang der Storyline irrelevant. Kurzerhand wird gebrüllt, rebelliert und sogar geschnetzelt, denn zahm geht es im neuesten Ableger der MCU-Phase IV nicht zu — zumindest verhältnismäßig gesehen. Gliedmaßen werden von ihrem Körper abgehackt oder entrissen und sogar Ohren werden mit dem Einsatz messerscharfer Zähne abgebissen. Blutfontänen spritzen aus den verstümmelten Wunden und pflastern den von sämtlichen Unreinheiten befreiten Fußboden. Hierbei verfällt Werewolf By Night aber keinem hemmungslosen Blutrausch und bietet erst recht keine Brutalität, wie man sie vorher noch nie auf dem Bildschirm zu sehen bekam. Sollten eingefleischte Gorehounds also mit extremeren Erwartungen an Werewolf By Night herantreten, werden sie enttäuscht.

Es handelt sich um kein revolutionäres Brechen mit den Traditionen des Produktionsstudios, sondern um eine perspektivische Erweiterung. So finden sich der klassische Humor und lockere Umgang in den gewitzten Dialogen durchaus wieder, erfährt über die getroffene Stilistik aber eine finstere Atmosphäre. Inhaltlich wird die Handlung klassisch heruntergespielt und lässt den Neuheiten genügend Platz zur Entfaltung. Die Konsequenz: Bekanntheiten mit dem seltenen Luxus eines Frischegefühls. Werewolf By Night verfügt über ein Szenario, das sich der eigenen Stilsicherheit beugt und verkörpert somit nicht nur interessante Potenziale für kommende Projekte. Er ist ein kleines, aber feines Stück Filmkunst — und nach Doctor Strange in the Multiverse of Madness ein weiterer Beweis, dass ihr überwiegend kinderfreundliches Superheldenprogramm eine realistische Zukunft in den dunklen Gefilden des Horror-Genres hat.

WEREWOLF BY NIGHT IST SEIT DEM 07. OKTOBER 2022 AUF DISNEY+ VERFÜGBAR

8.0
Punkte