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Von einem deutschen Armeestützpunkt zu seinem traumhaften Anwesen in Graceland: Durch Priscilla Presleys Augen enthüllt Sofia Coppola die unsichtbare Seite des großen amerikanischen Mythos von Elvis’ und Priscillas langer Liebesbeziehung und ihrer turbulenten Ehe.
© MUBI
Regie: Sofia Coppola
Drehbuch: Sofia Coppola
Schnitt: Sarah Flack
Kamera: Philippe Le Sourd
Schauspieler*innen: Cailee Spaeny, Jacob Elordi
Produktionsjahr: 2023
Land: Italien, USA
Sprache: Englisch
Länge: 1h50min
Genre: Drama, Romance

Jede Beziehung hat ihre Schwierigkeiten. Als bessere Hälfte einer prominenten Persönlichkeit tritt man wegen ebenjener schnell ins Rampenlicht, im Fall von Priscilla Ann Beaulieu (Cailee Spaeny) – zukünftige Gattin von Musiklegende Elvis Presley – hat sich jedoch ein Großteil des Dramas auf der Schattenseite abgespielt. Es ist die Perspektive auf die turbulente Biografie des Sängers, die kaum wer kennt. Sofia Coppola nähert sich dem kontroversen Verhältnis mit Bedacht und inszeniert eine Erzählung über die Transition von einer Gefangenschaft in die nächste, verwehrt ihrer Protagonistin dabei aber doch die Chance, von der Schattenseite ins Rampenlicht zu springen.

In Gefangenschaft von Zuneigung

Priscilla fühlt sich in ihrem neuen Heim in Deutschland nicht wie zuhause. Entfremdet von der eigenen Generation begegnet sie einem trostlosen und langweiligen Alltag, fernab von ihren Freunden aus Amerika. Dies ändert sich jedoch schlagartig, als sie den wesentlich älteren Elvis Presley (Jacob Elordi) kennenlernt und ihren Augen nicht traut. Sie befindet sich auf einer Hausparty des echten „King of Rock ´n´ Roll“, sitzt neben ihm auf dem Sofa und unterhält sich mit ihm. Aus einer Bekanntschaft wird Freundschaft, Freundschaft entwickelt sich zu intimer Liebe.

Endlich kann sie dem Gefängnis ihrer eigenen Häuslichkeiten entkommen, begibt sich dadurch aber unwissentlich ins Nächste. Anfänglich noch galant und umgänglich, zeigt ihr Liebhaber plötzlich ein anderes Gesicht, ist förmlich auf seine Dominanz und ihre Loyalität erpicht, manipuliert ihre Zuneigung mit Kosenamen und impliziert emotionale Abhängigkeit.

In einer Szene bestellt Elvis seine Frau zu sich ins Hotelzimmer. Diese reagiert besorgt, da er zwischen seinen Konzerten niemals das Zimmer aufsucht. Als sie sich zu ihm aufs Bett setzt und nach seinem Wohlergehen fragt, presst er sie in das Laken und beginnt sie sexuell anzugehen. Sie stößt ihn entrüstet von sich, sprachlos schaut er sie an und akzeptiert es. Er verlässt den Raum und sie reden bis zum nächsten Morgen kein Wort miteinander.

Sofia Coppolas aktuellstes Werk baut sich wie ein Obsessionsthriller im Gewand einer toxischen Beziehung auf, bei der die Bindung des Paares zwischen aufrichtig und organisch und krankhaft und verlogen pendelt. Vergessen und verzeihen fällt ihr schwer, doch schafft Priscilla es immer wieder, wodurch sie ihren eigenen Knebel immer fester und fester zieht.

Hierbei wirkt insbesondere das von schleierhaften Kameraeinstellungen illustrierte Anwesen von Elvis – das sogenannte „Graceland“ – wie eine Scheinwelt, in der Märchen wahr werden, solange man sich vor der Realität versteckt. Gekonnt wird mit ineinander übergehenden, verschwommenen Farben gearbeitet, die den Eindruck vermitteln, als könnte jede ruckartige Bewegung den Traum aufbrechen und das Bild der Realität offenbaren: Gitter und Schlösser.

Weder Stimme noch Ausdruck

Trotz der aussagekräftigen Inszenierung fehlt dem wichtigsten Teil des Filmes, quasi dem Herzstück der Erzählung der Ausdruck, nämlich der Charakterisierung von Priscilla als Person. Viele Momente definieren sie über Elvis und seine Wirkung auf ihr Handeln und Denken. Durchaus ist dies ein intendierter Ansatz, um die Beziehung in einem einengend-schaurigen Rahmen darzustellen, allerdings leidet der dramaturgische Effekt unter ihm. Wenn das Drehbuch die verdrehten Gefahren ihres Daseins mit Elvis präsentieren möchte, wird ein Zugang benötigt.

Doch selten erhebt das Skript die Stimme und verleiht dem Porträt der Protagonistin Konturen. Profiliert wird diese kaum, Konflikte werden angedeutet und ansonsten dadurch bereitwillig unterwandert, dass sie in Windeseile abgehandelt werden. Allgemein existieren einige Zeitsprünge im Film, welche emotional desorientierend wirken, da man sich an keinen vorherrschenden Zustand gewöhnen kann. Transparenz zur Mentalität Priscillas wird nicht selbständig geebnet, vielmehr dient das, was man sieht, als empathisches Zugpferd.

In den Szenen, wo konfrontativ mit der heimlichen Unterdrückung umgegangen wird, schimmert exakt der rollenbrechende Ton hindurch, mit dem dann auch der verborgene Schrecken des Szenarios aufwacht. Somit ist die inszenatorische Strategie interessant und in ihrer Bedeutsamkeit für das Geschehen einschlägig, in der Dosierung wahrt sie aber zu sehr das Gesicht der Titelfigur.

An Authentizität in Schauspiel und Ausstattung sowie atmosphärischer Stilistik mangelt es diesem Film nicht, lediglich in der Fokussierung auf den dramaturgischen Ertrag verschätzt sich Priscilla etwas. Würde man sich intensiver in die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonistin einleben können, würde die Tragödie hinter der pseudoharmonischen Fassade mehr Früchte tragen. Für einen kurzen Weckruf reicht der befremdliche Geschmack selbiger, irgendwann verkommt er jedoch zur sterilen Norm.

PRISCILLA IST SEIT DEM 01. MÄRZ 2024 BEI MUBI VERFÜGBAR

6.0
Punkte