SynopsisCrewDetails
1983 versetzte eine Serie von immer brutaleren Banküberfällen, Geldfälschungen und Überfällen auf Geldtransporter die Gemeinden im gesamten pazifischen Nordwesten in Angst und Schrecken. Eine Synagoge und ein Pornokino wurden auf verdächtig ähnliche Weise in die Luft gesprengt. Während die Polizei nach Antworten sucht, kommt der FBI-Agent Terry Husk in die kleine Stadt inmitten der Cascades im US-Bundesstaat Washington. Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung im Aufspüren von Mafiosi und Clan-Männern unterstützt er Detective Jamie Bowen und seine FBI-Kollegin Joanne Carney bei ihren Ermittlungen.
© TMDB
Regie: Justin Kurzel
Drehbuch: Zach Baylin
Schnitt: Nick Fenton
Kamera: Adam Arkapaw
Schauspieler*innen: Jude Law, Nicholas Hoult, Tye Sheridan, Jurnee Smollett
Produktionsjahr: 2024
Land: USA, England
Sprache: Englisch
Länge: 1h56min
Genre: Thriller, Crime, Drama

Genug Hass absorbiert die Seele, frisst sie gar roh. Ist die Vernunft erst verdaut, wird sie postwendend durch die Effizienz des Wahnsinns ersetzt. Als alteingesessener Agent des FBI ist Terry Husk (Jude Law) schon dermaßen oft Zeuge dieser destruktiven Metamorphose geworden, dass er grundlegend nichts Gutes mehr im Menschen sieht. 26 Jahre sind eine lange Zeit mit viel Erfahrung, die schwer auszublenden ist. Als der Justizveteran anscheinend Ruhe in einer neuen Stadt findet, kehrt er jedoch rasend schnell in die Höhle der Löwen zurück, als routinierte Banküberfälle mit dem Mord eines Einheimischen in Verbindung gebracht werden.

Nichts als Hass

Der König dieser Löwen hört auf den Namen Robert „Bob“ Jay Mathews (Nicholas Hoult) und blickt stolz auf eine Domäne der Zukunft, die er für sich und seine treuen Anhänger vorbereiten will, doch ist dieses Terrain durchtrieben von rassistischen sowie antisemitischen Vorurteilen. Überzeugt von einer nationalsozialistischen Ideologie strebt er das arische Geschlecht als Ideal der menschlichen Art an, frei von nichtweißen Ethnien und patriotisch bis aufs Knochenmark. Während ihm sein Mentor mit der Zeit zu rückgratlos erscheint, setzt er sich als Ziel, den Worten der rechtsradikalen Gemeinde mittels grausamer Taten Bedeutung zu verleihen.

Wenige Minuten muss das Publikum mit dieser zwielichtigen Persönlichkeit verbringen, um deren zerstörerisches Potenzial zu erkennen. Unheimlich ist sein Auftreten im Gotteshaus, wenn er die Predigt seines einstigen Idols unterbricht und an sich reißt. Wie von einem Dämon besessen erzählt er von der erwünschten „Reinheit“ seiner Vorfahren und dass diese um jeden Preis zurückerlangt werden muss – koste es, was es wolle. Gleichzeitig ist er neben dem Anführer einer revolutionierenden, in den Startlöchern stehenden Sekte auch ein hingebungsvoller Vater und Ehemann. Menschen sind von ihm abhängig oder blicken zu ihm auf, ein Großteil seines Umfeldes wäre bereit, alles für ihn zu tun, wenn er nur mit dem Finger schnippt. Eine gefährliche Mischung aus Intellekt und Charisma braut sich zusammen, welche jederzeit überlaufen und eine noch tosendere Welle der Kriminalität entfachen könnte, als sie ohnehin schon hat.

Der Hass, den diese Figur atmet, ist nicht nur beängstigend, sondern offensichtlich hochgradig infektiös. Wie sonst kann eine komplette Kirche nickend zustimmen, wenn ein Fanatiker behauptet, die Gründungsväter des Landes hätten es nicht vorgesehen, dass ihre prächtige Heimat eines Tages von Ausländern infiltriert wird, die einem zuerst die Jobs und dann die Sicherheit der Frauen und Kinder stehlen. Als Antwort auf diese verdrehten Tatsachen soll Gewalt folgen, die sogenannte „Weiße Macht“ wird sich über die Kraft von Schusswaffen und Sprengstoffen das zurückholen, was ihnen laut eigener Interpretation zusteht: die alleinige Existenz. Wenige Worte eines Mannes genügen und die Massen grölen und jubeln, bellen wie tollwütige Hunde und rüsten sich zum Kampf. Wie stoppt man diesen parasitären Befall eines dezimierten Weltbildes, wenn derart viele Stimmen sich dem Hass anschließen?

Eine Stadt ohne Helden

Mit der Intensität seines behandelten Subjektes zeichnet The Order einen Konflikt, der einen kaltschweißig und vor Ekel zitternd darauf schauen lässt, dass all dies viel mehr ist, als grandioses Schauspiel und authentische Dialoge. Dies ist ein großer Brocken purer Wahrheit aus der Historie Amerikas, die sich in ihrer Quintessenz auf Hassverbrechen des gesamten Planeten transferieren lässt. Man lernt die eigene Spezies abermals ein beachtliches Stück mehr verachten, Justin Kurzel versteht es in seinem auf wahren Begebenheiten basierenden Krimis Nihilismus und Pessimismus grässlich und realitätsnah zu verpacken. Kleine Kinder spielen auf einem Grundstück, auf dem Grill schmoren zahlreiche Fleischstücke vor sich hin und Gelächter erfüllt die Nachbarschaft, während Hassparolen und rassistische Anekdoten der Hauptgrund der Freude aller Anwesend darstellen.

Vollkommen korrekterweise erinnert Polizist Jamie Bowen (Tye Sheridan) Agent Husk daran, dass nicht jeder Mensch rassistische Gedankengüter pflegt und kriminellen Tendenzen innehat. Dennoch ist es die misanthropische Ambivalenz des Protagonisten, welche die Zuschauerschaft zur Identifikation mit ihm anregt. Insbesondere hier ist es unglaublich faszinierend zu sehen, wie der eigentliche Held der Geschichte weniger und weniger einer zu sein scheint. Wahre Helden symbolisieren positive Werte wie Hoffnung, Vergebung oder die verzeihliche Fehlerhaftigkeit des Menschen. Terry scheint in seinen Intentionen durchaus den Wunsch nach Gerechtigkeit zu verkörpern, setzt jenen aber mit einer obsessiven Konsequenz um und verliert die Deckung für sich und seine Kollegen. Er kann sich nicht von dem bösartigen und abgeneigten Tunnelblick lösen, den er auf die Menschheit hat.

Es existieren keine Helden in diesem Szenario, The Order verdeutlicht dies schon früh und lässt Vergeltung walten, wann auch immer jemand entscheidet, dass es angebracht oder notwendig ist. Mit den Überraschungen hält sich das Drehbuch bedeckt und man kann im Prinzip von einem äußerst konventionellen Vertreter des Genres sprechen, aber wie sehr fällt das letztendlich ins Gewicht, wenn das Offensichtliche so spannend bleibt? Aus der Vorlage wird sämtliches Schockpotenzial ausgeschöpft und die Figuren wirken so real, wie es selten der Fall ist. Letzteres erfolgt nicht nur dadurch, dass all diese Geschehnisse auf dem Bildschirm – zumindest im Groben – tatsächlich so verlaufen sind, sondern auch deshalb, weil dieses Werk verstanden hat, wie der Mensch sein kann und den Mut hat, ihn dementsprechend zu inszenieren: alles andere als menschlich.

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8.0
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