©Chernin Entertainment
Drehbuch: Kyle Killen, Leigh Janiak, Phil Graziadei
Schnitt: Rachel Goodlett Katz
Kamera: Caleb Heymann
Darsteller*innen: Kiana Madeira, Olivia Welch, Benjamin Flores Jr., Maya Hawke
Land: USA
Originaltitel: Fear Street Part One: 1994
Sprache: Englisch
Länge: 1h47min
Genre: Horror
Basierend auf R. L. Stines gleichnamiger Jugendbuchreihe startete Netflix ein interessantes Projekt aus dem Horrorbereich: Eine Trilogie um eine Ansammlung obskurer Mordfälle in einer kleinen Stadt, bei denen normale Bürger in den verschiedensten Epochen zu gewissenlosen Killern mutierten und das Mysterium, inwiefern all ihre Gräueltaten zusammenhängen. Der Clue, dem sich Regisseurin Leigh Janiak in ihren Adaptionen widmet, ist die umgekehrte Reihenfolge der innerhalb eines einwöchigen Intervalls einzeln veröffentlichten Teile, denn wir starten beim chronologisch gesehen aktuellsten im Jahre 1994 und arbeiten uns nach hinten bis ins Jahr 1666 im dritten Film.
Auf den ersten Blick wirkt Fear Street – Teil 1: 1994 wie der nächste dürftige Slasher unter vielen, der lediglich mit etwas mehr Potenzial geschmückt ist. Mit der Weitläufigkeit des Quellenmaterials ist praktisch jede Möglichkeit zu expandieren gegeben, doch hält die letztendliche Umsetzung mit den offenliegenden Innovationen mit? In erster Linie ist es wirklich ein Schritt in die richtige Richtung und in der Hinsicht auch einer, der getan werden musste. Gerade in Anbetracht dessen, dass weitere Filme nicht auf Wunschdenken lagern, sondern bereits fertig verpackt und versandbereit sind.
Fear Street: 1994 macht bereits vieles gut. Er klingelt wie eine charmante Ode an den Slasher durch die Ohren und versprüht währenddessen seinen eigenen Flair. Am Anfang will der Bezug zum eigenen Konzept noch nicht völlig zünden und es vermittelt eher den Anschein, als stolpere der Plot rein zufällig in seine Elemente hinein. Doch sobald er in allen Aspekten erstmal ins Rollen gerät, tummeln sich tolle Ideen und interessante Ansätze für ein Franchise, welches wahrlich Wachstumspotenzial in einer ähnlichen Größe des Conjuring-Universums in sich birgt.
Dabei ist es neben dem eingeleiteten World-Building insbesondere die audiovisuelle Aufmachung des Szenarios und die aufkeimende Atmosphäre, sowie die makellos aufgelegten Darsteller, die seine Verheißungen aussprechen. Die Ausstattung und neontrunkene Beleuchtung erzeugen einen schleichenden, stechenden Vibe, welcher von der Kameraführung mit viel Liebe eingefangen wird. Auch die Brutalität des Konfliktes stimmt und die dazugehörigen Effekte sind mehr als ansehnlich. Der junge Cast ist mit Leib und Seele dabei und entjungfert die Filmreihe bereits im ersten Teil von einem Problem, welches in fast jedem Teenie-Horror parasitiert: Sympathische Charaktere mit wahnwitzigen Macken und einem verlässlichen IQ plus dem Drang, mit ihnen mitzufiebern.
Trotzdem fehlt Fear Street: 1994 der letzte Feinschliff. Dass er nicht der Schocker des Jahres werden würde, war bei dem stilistischen Auftreten abzusehen. Jedoch hätte etwas mehr als plötzliche, beunruhigende Geräusche außer Sichtweite und der biederen Präsenz schauriger Gestalten für mehr Aufregung gesorgt. Gerade bei einer derart breitgefächerten Riege an Bösewichten hat man hier die Chance verpasst, den Einstieg mit einem Paukenschlag von Terror und Chaos walten zu lassen. Letzten Endes ist Fear Street mit diesem Start (noch) nicht der Slasher, der sich von seinen Kollegen zum Mitarbeiter des Monats abheben kann. Auch hätte man zusätzlich eine filmübergreifende Spannung hervorrufen können, indem man innerhalb der Storyline mehr Parallelen zu den anderen Zeitebenen setzt. Natürlich will man nicht direkt alles vorwegnehmen und sich den Raum für weitere Versionen gönnen, aber eine kleine Kostprobe wäre nett gewesen, um mehr von diesem positiven Eindruck der Welt zu hinterlassen. Die Originalität der Prämisse steht noch ganz klar über der Originalität der Geschichte und ihren überschaubaren Höhepunkten. Ein gewisses Frischegefühl, das durch die Stimmung und den eigensinnigen Ton impliziert wird, bleibt dennoch haften.
Wie lange muss die Fanbase des Sub-Genres noch sehnsüchtig auf den Scream der Moderne warten? Fear Street: 1994 bietet darauf leider vorerst nicht mehr als einen Aufschub, um sich mit dem Zuwachs weiterer Filme unter Beweis stellen zu können und somit keine ultimative Antwort. Es handelt sich um ein zweischneidiges Schwert. Als Auftakt und Vorgeschmack auf noch kommende Todesfeten ist er wirklich gelungen und erweckt Vorstellungen davon, wie abwechslungsreich das Franchise werden könnte. Als eigenständiges Werk ist er als Horrorfilm aber reichlich unausgereift, wenn auch grundsolide. Man darf gespannt sein, welche Spielereien das Team für die zukünftigen Filme und ihre jeweiligen Jahreszahlen, in denen sie stattfinden, noch in der Hinterhand hat. Ein Wiedersehen auf der Fear Street lohnt sich definitiv.
Die Trilogie wurde am 09. Juli fortgesetzt und wird am 16. Juli ihr Ende finden.
6.0 Punkte
Dorian
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Die Leidenschaft Filme jeder Art in sich hinein zu pressen, entbrannte bei mir erst während meines 16. Lebensjahres. Seit diesem Zeitraum meines Daseins gebe ich jeder Bewegtbildcollage beim kleinsten Interesse eine Chance, seien es als Pflichtprogramm geltende Klassiker oder unentdeckte Indie-Perlen.