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Familie Abott hat zwar nun eine Methode mit den geräuschjagenden Kreaturen umzugehen, allerdings hört ihr Überlebenskampf nicht auf. Es ist an der Zeit, die Farm zu verlassen und sich den Bedrohungen der Außenwelt zu stellen und von denen gibt es nicht wenige. Schon auf Evelyns ersten Schritten mit dem Neugeborenen auf dem Arm, mit ihrer Tochter Regan und mit ihrem Marcus treffen sie auf neue ungeahnte Gefahren.
Regie: John Krasinski
Drehbuch: John Krasinski
Schnitt: Michael P. Shawver
Kamera: Polly Morgan
Schauspieler*innen: Emily Blunt, John Krasinski, Millicent Simmonds, Noah Jupe, Cillian Murphy
Produktionsjahr: 2020
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 1h37min
Genre: Thriller, Horror

In der kalten Stille der Apokalypse beginnt die Natur, ihr Territorium zurückzuerobern. Ranken kriechen durch rostige Maschendrahtzäune, kalte Luft frisst sich durch verrottendes Fleisch. Das Leben existiert in einem Flüsterton, der von Zeit zu Zeit gewaltsam gebrochen wird. Ein einziger falscher Schritt, ein einziges falsches Geräusch bedeutet einen Abstieg in einen Strudel voll blutiger Gefahr. Jeder Laut, der die Stille durchschneidet, bedeutet eindringlicher Schrecken.

Vor allen anderen Dingen versteht sich John Krasinski auf diese Atmosphäre. Im zweiten Teil von A Quiet Place kehrt er der Farm als letzten Zufluchtsort der Abbott-Familie den Rücken zu und öffnet die Tore in eine weit größere Welt, die nicht nur verrostete Industrieanlagen, gesäumt von Beton und Stahl, zu bieten hat, sondern auch überwucherte Eisenbahnschienen, ein verkrusteter Hafen und eine idyllische Insel.

Mit diesem Türöffner erlaubt er sich nicht nur eine weitaus größer angelegte Charakterisierung seiner postapokalyptischen Welt, sondern schafft auch schlicht mehr Abwechslung. Statt dem verhältnismäßig engen Ort des Geschehens im Vorgänger wechseln wir in A Quiet Place 2 immer wieder die Locations und bekommen immer wieder Impulse für neue Abenteuer. Da bleibt dann natürlich das ein oder andere postapokalyptische Klischee nicht aus, was aber untergeht hinter der enormen Detailverliebtheit, die der Regisseur an den Tag legt. Die Welt, die er visuell erschafft, wirkt weitaus reichhaltiger und ausgereifter als noch bei dem (wirklich guten) Vorgänger.

Wo sich Krasinski treu bleibt, ist jedoch der strikte Fokus auf das Zwischenmenschliche durch die Konzentration auf die Abbotts, die im Zentrum der Filmreihe stehen. Obwohl er die Blende schließt, um den Blick auf die gesamte Welt zu erlauben, bleibt er mit seinem Skript immer ganz eng an der kleinen Familie und vermeidet es so, den Umfang seiner Geschichte zu weit zu fassen. So fühlt sich der Film zielgerichtet und fokussiert an, Krasinski schweift so gut wie nie von der Geschichte um Emily Blunt und Millicent Simmonds ab. Das Ergebnis davon ist nicht nur ein verstärktes Gefühl der Verbundenheit mit den Abbotts, was wiederum einige Szenen noch intensiver macht als sie sowieso schon sind, sondern auch eine überraschend geringe Laufzeit – zumindest im Kontext der erweiterten Möglichkeiten. Da erwischt man sich bei den Credits plötzlich mit dem Gedanken “huch, schon vorbei?”.

Obwohl sich viele der Herausforderungen häufig wie ein Wiederbeleben der des ersten Teils anfühlen, ist er seinem Vorgänger doch in ähnlich vielen Momenten überlegen, wenn im Schnitt beispielsweise mehrere Suspense-Sequenzen meisterhaft ineinander geschnitten werden und auf nur selten dagewesene Weise miteinander verschmelzen. Obwohl gerade die spannungsgeladenen Momente fast nie wirkliche Neuerfindungen sind – wobei das Setting das auch nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt – schafft der Regisseur es, mit seiner Inszenierung diese so neu zu streichen, dass sie sich nicht verbraucht anfühlen.

Dabei sind die Mittel, die dafür sorgen, wirklich clever und sorgen für ein Spannungsgefühl, das dem des Vorgängers, der damals den Pionier-Vorteil für sich hatte, zumindest auf gleicher Höhe gegenübersteht. Einziger Negativpunkt: Krasinski ist sehr viel großzügiger dabei, die Kontraste zwischen völliger Stille und dröhnendem Sound anzuwenden – das erhöht zwar die Frequenz der intensiven Momente, sorgt aber auch dafür, dass zum einen weniger Zeit bleibt, um diese Intensität überhaupt erst zu erzeugen, und zum anderen der Begriff des Jump Scare häufiger als eigentlich nötig in den Raum geworfen wird.

Neben all der Anspannung und der Weltenschau gibt es noch einen riesigen Zugewinn für den Film. Cillian Murphy ergänzt die großartigen Millicent Simmonds und Emily Blunt perfekt. Gerade neben der tauben Regan fügt sich sein Charakter nahtlos in die aufgebaute Welt ein und ist hoffentlich auch für die Macher in Zukunft nicht mehr für die Reihe wegzudenken.

Am Ende des Tages ist A Quiet Place 2 ein Musterbeispiel für modernen Suspense. Man spürt regelrecht, wie wohl sich Krasinski mittlerweile auf dem Regiestuhl fühlt. Mit kaum einem Wort baut er eine Welt auf, von der wir wenig wissen, aber genug, um sie lebendig fühlen zu lassen, und schafft es gleichzeitig, uns mit den etablierten und neu eingeführten Charakteren vertraut zu machen und für sie mitfiebern zu lassen. Gerade in diesem Genre sind das Qualitäten, die herausstechen. Ebenso wie sein Vorgänger ist A Quiet Place 2 nicht perfekt, er ist zu kurz, bisweilen zu laut und kränkelt immer noch daran, dass sich Kinogänger*innen immer zu viele Gedanken um perfekte Logik machen. Aber das mindert nicht den Eindruck eines wirklich guten Thrillers, der auf Fortsetzungen hinfiebern lässt.

A Quiet Place 2 war vorab im Rahmen der Fantasy Filmfest Nights XL zu sehen.

7.5
Punkte