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Da sie mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, zieht die alleinerziehende Mutter Callie mit ihren Kindern Trevor und Phoebe auf das heruntergekommene Anwesen ihres verstorbenen Vaters in ein kleines Provinznest in Oklahoma. Phoebe macht bald in den alten Hinterlassenschaften ihres Großvaters die spannende Entdeckung einiger merkwürdiger Utensilien, die darauf deuten, dass ihr Opa einst Mitglied der legendären, aber weitgehend vergessenen “Ghostbusters” war. Während Trevor und Phoebe damit beginnen, die Technik mit einigen neuen Klassenkameraden auszuprobieren, braut sich eine mystische Bedrohung unterhalb der verschlafenen Kleinstadt zusammen.
©: TMDB
Regie: Jason Reitman
Drehbuch: Jason Reitman, Gil Kenan
Schnitt: Dana E. Glauberman, Nathan Orloff
Kamera: Eric Steelberg
Schauspieler*innen: Finn Wolfhard, Mckenna Grace, Paul Rudd
Produktionsjahr: 2021
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 2h04min
Genre: Fantasy, Action, Comedy

Nostalgie als Grundlage

Fan von Klassikern und Kultwerken der Filmgeschichte zu sein, kann zu schmerzhaften Erlebnissen führen. Denn seit einiger Zeit ist die Kulturbranche, darunter vor allem Hollywood, auf eine äußerst lukrative Marktstrategie gestoßen: Nostalgie. Das wohlige Gefühl der Kindheit lockt das mittlerweile erwachsene Publikum wieder in die Kinosäle. Geht man aber mit den Originalen zu grob um, huldigt sie nicht oder beschwört ihren einstigen Charakter nicht herauf, folgt Wut.

Dass mit Fans nicht zu spaßen ist, hat Sony Pictures vor fünf Jahren erfahren – die Neuverfilmung der Ghostbusters mit progressiv weiblicher Besetzung stieß bei der Zielgruppe auf vernichtende Resonanz. Jetzt sollen die gebrochenen Herzen wieder geflickt werden. Sony startet einen weiteren Versuch mit Ghostbusters: Afterlife, hierzulande unter Ghostbusters: Legacy vertrieben.

Putzig fängt der neue Teil an. Aus den Augen der Geschwister Trevor (Finn Wolfhard) und Phoebe (McKenna Grace) wird eine missliche Situation in ein aufregendes Abenteuer verwandelt. Ihre alleinerziehende Mutter (Carrie Coon) ist pleite, die dreiköpfige Familie muss die Großstadt verlassen und an den Rand eines amerikanischen Steppenkaffs ziehen. Ihr vor kurzem verstorbener Großvater hat der Familie dort seine Farm vermacht, die durch die kindliche Perspektive zum Spukhaus wird.

Kaum angekommen, jagt ein Mysterium das nächste. Schachfiguren vollführen eigenständig Züge. An das Eingangstor der Farm sind Warnungen über eine nahende Apokalypse gesprayt. Und wieso steht da ein alter Cadillac mit Blaulichtanlage und drauflackiertem Geistersymbol in der Scheune?

Den Geist des Originals neu zelebriert

Keiner kann sich auf den Schlips getreten fühlen, dafür bieten die liebenswerten Figuren, allen voran die wissenschaftsvernarrte Phoebe, zu wenig Reibung. Man kann gar nicht anders, als sie mit ihrer pragmatischen und neugierigen Art sowie eintrainierten Flachwitzen ins Herz zu schließen. Gemeinsam mit ihrem Schulkameraden, der aufgrund seines Hobbies von allen nur Podcast genannt wird, ergibt sich ein kindgerechtes Zusammenspiel zwischen den Charakteren – die Ghostbusters werden neu entdeckt und die einstigen Geistergeschichten dadurch zelebriert.

Die Filmmarke wird mit Samthandschuhen angefasst. Allein die Ehrfurcht, mit der Phoebe den „Ghostbusters“-Anzug ihres Großvaters aus einem verstaubten Spind herausnimmt und das gestickte Namensetikett „Spengler“ erspäht, zeigt, was die Figur ebenfalls ist: Sie ist eine Manifestation kindlicher Augenpaare, die 1984 schon beim ersten Teil im Saal saßen und staunten. Phoebe reagiert wie die Fans von damals und ist dabei noch supercool.

Wenn zum ersten Mal mit dem Ectomobil über die Straßen gefetzt und Geistern hinterhergejagt wird, Phoebe mit ausgefahrenem Nebensitz und Plasmakanone in der Hand dabei die Stadt in Schutt legt, braucht keine Mundharmonika mehr zu erklingen: Die Protagonistin wird zur Revolverheldin und die Szene ein Querverweis zum ersten Ghostbusters, in welchem die vier ikonischen Geisterjäger ein Hotel zerlegen. Der Geist der Originalfilme wird damit jederzeit gehuldigt, nur sind es jetzt nicht vier Männer, sondern eine Handvoll Sprösslinge, die den Platz der Ikonen erst entdecken und dann ausfüllen.

Legenden sterben nie

Was für die Vermarktung passender ist, das Leben nach dem Tod oder Vermächtnis, ist dabei irrelevant, denn die Aussage beider Filmtitel bleibt dieselbe: Legenden leben ewig – die Ghostbusters von früher bleiben zumindest außerhalb des Films unvergessen. Die Originale werden nicht nur respektiert, sondern vergöttert. Jason Reitman – Sohn von Ivan Reitman, Regisseur der ersten Ghostbusters-Filme – füllt nun den Sitz seines Vaters. Eine Staffelübergabe findet statt. Vom Vater wird das Vermächtnis an den Sohn weitergereicht. Damals begleitete Jason den Papa mit ans Set der ersten Filme – aus dieser kindlichen Perspektive entfaltet sich jetzt Ghostbusters: Legacy.

Diese Herangehensweise kann aber auch über das erträgliche Maß hinausgehen. Einige Male verbeugt sich Reitman zu sehr vor der väterlichen Kreation. Die Frisuren und Mode scheinen in den 80ern stecken geblieben, manche Szenen sind schier anbiedernd an die Zielgruppe. So geschieht es, dass innerhalb eines Augenblickes die Tochter des vorher als ‚Arschloch‘ betitelten Farmers ihm alle Untaten verzeiht. Er ließ seine Familie nur im Stich, weil er sich um Wichtigeres kümmern musste. Ein ehemaliger Ghostbuster wird zum Märtyrer. Um Ecken und Kanten wird sich herumgedrückt, man soll sich schließlich nicht daran stoßen: Die damaligen Antihelden, jetzige Greise, mit Großkotzhumor werden einfach falsch verstanden von der Jugend heutzutage.

Ähnlich läuft es im Finale ab, wenn aus heiterem Himmel alte Figuren im Rampenlicht stehen und den Wow-Effekt für sich beanspruchen, damit die eigentliche Protagonistin in den Hintergrund rückt. Reitman goutiert sich zunehmend an bekannten Figuren, verliert die neuen ein wenig aus den Augen. Nostalgie ist die Leitlinie, sowohl bildlich als auch musikalisch. Doch es ist zum Teil verklärte Nostalgie, denn jede ikonische Figur hatte damals ihre Schwächen. In Ghostbusters: Legacy sind sie mehr Legende als Mensch. Dadurch ist die Staffelübergabe vom Vater zum Sohn keine an eine jüngere Generation, sondern eher eine herzliche Angelegenheit, Ikonisches aus kindlichen Augen zu zelebrieren.

7.0
Punkte