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Drehbuch: Julien Leclercq, Hamid Hlioua
Schnitt: Soline Guyonneau
Kamera: Wim Vanswijgenhoven
Schauspieler*innen: Franck Gastambide, Alban Lenoir, Ana Girardot
Land: Frankreich, Belgien
Sprache: Französisch
Länge: 1h47min
Genre: Action, Thriller
Literweise Nitroglycerin verweilt auf den Rückbänken eines Trucks, die Fahrer sowie Beifahrer sind neben dem Steuern und Koordinieren primär mit Beten beschäftigt. Wer diese Ausgangslage schon mal gehört hat, soll sich nicht irren, denn mit vibrationsempfindlichem Sprengstoff beladenen Karosserien veröffentlicht Netflix den bereits dritten Anlauf zur Verfilmung der Prämisse. Wohlwollen steht hier aber definitiv über Notwendigkeit, denn trotz des Alters hat weder das französische Original, noch William Friedkins Reinterpretation nach einer Neuauflage gefragt. Schwer ist das Vermächtnis von Lohn der Angst, dem Gewicht standhalten tut dieses lauwarme Remake in keinster Weise.
Eine ungefährliche Reise
Simpler kann ein Argument kaum werden, aber die Zurschaustellung der Geschehnisse ist – obgleich einer überwiegend gelungenen Optik – langweilig. Selten spielt die Kamera mit den potenziellen Gefahren der transportierten Ware, vielmehr ist diese inszenatorisch stark unterrepräsentiert. Anstatt die feurigen Fläschchen als Hauptproblem in den Vordergrund zu rücken, dient generische Action bestehend aus Schusswechseln als hauptsächliche Attraktion. Ab und an schlägt eine Kugel knapp neben den Behältern ein, darüber hinaus gerät das eigentliche Konzept aber fast schon in Vergessenheit.
Waffen, energische Blicke und wechselhafte Zielgenauigkeit sollen die Spannung ersetzen, die im Hinterbereich der Wägen schlummert. Gar reibungslos verläuft die Fahrt als solche, sämtliche Hürden und Krater bilden keine Gefahr. Das unebene Terrain wirkt am Ende des Tages doch nicht so uneben, wenn sich das Drehbuch in ein Minenfeld flüchtet, um eine Bedrohung auf der Schotterpiste zu generieren. Die geniale Prämisse wird auf effiziente Weise zweckentfremdet und hinterlässt einen Actionfilm, der ebenso plötzlich vergessen ist, wie er erzählerisch voranschreitet.
Eindimensionale Existenzen
Interessanterweise entscheidet sich auch dieser Film für einen längeren Prolog. Bis das in der Synopsis zu lesende Konzept ins Rollen kommt, verstreicht nämlich einiges an Laufzeit. Für die Charaktere werden sich 40 Minuten genommen, um ihren Stand zu evaluieren und an die ausweglose und undankbare Mission zu koppeln. Leider werden diese in Rahmen gezeichnet, denen jede Kontur fehlt. Fred (Franck Gastambide) ist ein verlorener Krimineller, dem jeder Weg zum schnellen Geld recht ist. Alex (Alban Lenoir) ist nicht nur dessen Bruder, sondern auch die helfende Hand, wenn Fred nicht weiterkommt.
Zwar möchte sich dieser aus illegalen Machenschaften zurückziehen, kann seinem Geschwisterteil aber keinen Wunsch abschlagen – und exakt dafür geht er ins Gefängnis. Die Dynamik der beiden ist angesiedelt zwischen Reue des einen und Enttäuschung des anderen, keimt während der Handlung jedoch niemals auf und wird rapide erstickt. Nach einer kurzen Handgreiflichkeit, welche auf die Entlassung von Alex folgt, damit er zum Job antreten kann, hören die Differenzen irgendwie schon auf. Keine nachhaltigen oder dramaturgischen Konsequenzen werden aus ihrer gescheiterten Beziehung gewonnen.
Alle anderen Figuren sind gar nicht erst der Rede wert; noch weniger sind es die Wendungen, die einem als Überraschungen verkauft werden sollen. Überfordert mit einer Prämisse zu sein, würde bedeuten, dass man sich zumindest an ihr versucht, daran jedoch scheitert. Diesem Umstand entzieht sich dieses Werk, Lohn der Angst weiß quasi nichts mit dem Szenario anzufangen und verschwindet in der Schublade genretypischer Stangenware. Bis auf ein paar stimmige Aufnahmen ist dieses Actionvehikel kein Knaller, zu sicher und risikofrei sind die Kapseln verschlossen.
LOHN DER ANGST IST SEIT DEM 29. MÄRZ 2024 BEI NETFLIX VERFÜGBAR
3.0 Punkte
Dorian
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Die Leidenschaft Filme jeder Art in sich hinein zu pressen, entbrannte bei mir erst während meines 16. Lebensjahres. Seit diesem Zeitraum meines Daseins gebe ich jeder Bewegtbildcollage beim kleinsten Interesse eine Chance, seien es als Pflichtprogramm geltende Klassiker oder unentdeckte Indie-Perlen.