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In einer dystopischen Schweiz, die unter die faschistische Herrschaft eines Käsemagnaten gefallen ist, lebt Heidi als einfache junge Frau in den Bergen. Ihr Großvater tut sein Bestes, um sie vor den schlechten Einflüssen der Welt zu schützen, doch schon bald entfacht ihre Sehnsucht nach persönlicher Freiheit eine Revolution. Aus dem naiven Bergmädchen wird eine wilde Kämpferin, die den Käsefaschisten das Handwerk legen muss.
© TMDB
Regie: Johannes Hartmann
Drehbuch: Johannes Hartmann, Sandro Klopfstein, Gregory D. Widmer
Schnitt: Jann Anderegg, Claudio Cea, Isai Oswald
Kamera: Eric Lehner
Schauspieler*innen: Alice Lucy, Max Rüdlinger, Casper Van Dien
Produktionsjahr: 2022
Land: Schweiz
Sprache: Englisch, Deutsch
Länge: 92min
Genre: Action, Comedy, Horror

Vor dem eigentlichen Film prunkt ein Disclaimer auf der Leinwand, welcher aufhorchen lässt: Der hiernach präsentierte Film ist aus freier Hand entstanden und lediglich per Spendensammelaktionen und Crowdfunding finanziert worden. Kein Produktionsstudio ist in den Entstehungsprozess involviert gewesen, womit Mad Heidi als – wie er sich selbst bezeichnet – Swissploitation-Film das Herz des Independent-Kinos höher schlagen lässt, wie kaum ein anderer Film. Somit inspiriert und bewegt das Projekt noch bevor man es gesehen hat. Würde man es hierbei belassen, hätte sich der Film automatisch einen dicken Applaus verdient. Betrachtet man aber das letztendliche Produkt und dessen Qualität, wirkt die lobenswerte Produktionshistorie nicht wie ein respektables Image, sondern wie ein Alibi.

Rache wird am besten käsig serviert

Zuerst wurde die kesse Idee des Filmes mit einem Trailer beworben, wessen Inhalt dermaßen verrückt war, dass das Interesse am erscheinenden Gesamtwerk exponentiell zu wachsen begann. In einem faschistischen Regiment sitzt ein größenwahnsinniger Herrscher (Casper Van Dien) an der Macht, welcher mittels seiner chemisch hergestellten Käsesorten das Volk unterjocht, ihre Gedanken mit der Ideologie seines Staates füttert und sie somit gänzlich kontrolliert sowie manipuliert. Laktoseintoleranz gilt unter seiner Regierung als Sünde und wird nicht akzeptiert. Währenddessen führt die junge Heidi (Alice Lucy) ein unbeschwertes Leben unter diesem System, weigert sich diesem nach einem tragischen Zwischenfall jedoch weiterhin nachzugeben und lehnt sich gegen das diktatorische Vaterland auf, welches von Tyrannei gepeinigt ist.

Versprochen wird eine Transformation — ein unschuldiges Mädchen wird zur brutalen Rebellin. Witzig und abgefahren zugleich scheint die Kreativität, mit welcher das Projekt gesegnet ist. Erst recht in Anbetracht der Tatsache, dass eine beliebte Vorlage aus Kindheitstagen zur nicht jugendfreien Racheorgie mutiert, sollte der Spaß grenzenlos sein. So sitzt der gutmütige Alpöhi (David Schofield) in der oberen Etage seiner Scheune und zielt mit einer Flinte auf die Soldaten, die seiner geliebten Enkelin Heidi auf den Fersen sind, bevor sie später im Gefängnis mit muskulösen Mitinsassinnen wrestlen muss. Es liest sich so herb, wie es klingt; Mad Heidi ist vollkommen überzogen. Allerdings fällt der Unterhaltungsfaktor der Umsetzung vehement hinter der Idee zurück, sobald sich herausstellt, dass sich der Gag des Trailers nicht auf Spielfilmlänge bewährt.

Löchriger Humor

Eine von Käse als Wehrmacht dominierte Welt mag erstmal belustigend daherkommen, ist mit jedem weiteren Witz auf Kosten des milchigen Aromalieferanten aber schon nach fünfzehn Minuten kein Genuss mehr. Humoristisch gesehen bewegt sich Mad Heidi zwischen unaufhaltsamen Wortspielen und One-Linern, infantilen Anspielungen und erniedrigenden Obszönitäten. Gaffende Offiziere in militärischer Altmännerkutte bieten wenig Entertainment, wenn daraus nicht einmal eine Form von Subtext oder Kritik gewonnen wird. Dieser Film möchte keine Weisheiten vermitteln und das ist vollkommen in Ordnung, wenn nicht gar eine willkommene Abwechslung zu heutigen Verhältnissen. Was soll aber letztendlich damit angefangen werden, wenn freizügige Bedienstete mit wackelndem Oberbau in Zeitlupe den Raum betreten? Unausgefeilte Einschnitte wie dieser wirken ohne übergeordneten Kontext fast schon geschmacklos. Es soll lustig sein, ist es aber einfach nicht.

Von jener bedauerlichen Humorbefreitheit und repetitiven Dichte an Flachwitzen strahlt somit das Hauptproblem aus, dass die 90-minütige Grindhouse-Trashfiesta nie unterhält. Die Handlung hat nie komplex werden wollen, ohne die Beihilfe der karikativen Auflockerung ist die bewusste Abwesenheit storytechnischer Innovationen jedoch auch alles andere als profitabel. Wenn die außergewöhnlichste Szene die Penetration eines Kommandanten mittels einer in Senf getunkten Knackwurst darstellt, sollte man damit anfangen zu hinterfragen, wo zur Hölle man eigentlich hineingeraten ist. Mit den praktischen Effekten und den wirklich widerwärtigen Kills wird zwar die Grundlage des Grindhouse angemessen zelebriert und es gibt ordentlich Ekel sowie einige charmante Filmreferenzen zu bestaunen, allerdings reicht das bei weitem nicht aus, um die durchgängige Problematik zu kompensieren: Gute Intentionen machen leider keinen guten Film. Auch aus bestem Magerquark hergestellter, würzig-frischer Käse kann überreifen.

MAD HEIDI LÄUFT SEIT DEM 24. NOVEMBER 2022 IN DEN DEUTSCHEN KINOS

4.0
Punkte