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Drehbuch: Pete Docter, Kemp Powers, Mike Jones
Schnitt: Kevin Nolting
Sprache: Englisch
Länge: 1h42min
Genre: Drama, Comedy, Musik
Der Wunsch nach etwas ist immer stärker als die Freude, die der Besitz dieses Wunsches einem letztlich bringt. Für eine Person, die all ihre Hoffnungen und Ambitionen in die Verwirklichung ihres “Traums” steckt, kann die Verwirklichung dieses Traums nur schwer mit den Jahren von Blut, Schweiß und Tränen mithalten, die in den Versuch gesteckt wurden, ihn in die Tat umzusetzen. Der Künstler, der davon träumt, seine Musik zu machen, ist in dem Moment erfolgreich, in dem er anfängt, zu üben. Aber der Künstler, der vom Erfolg träumt und davon, “es zu schaffen”, jagt einem Phantom nach. Es gab nie ein “es”, das zu erreichen war. Die Natur der Träume erfordert ihre Endlosigkeit, wir können uns nicht damit zufrieden geben, das zu bekommen, was wir wollen, sonst hören wir eines Tages ganz auf zu wollen.
Soul spricht von der Idee, dass Erfolg von innen kommt, von dem eigenen Gefühl der Erfüllung, das den persönlichen Werten entspricht. Erfolg kann niemals von der Masse kommen, egal wie sehr sie versuchen mag, einen zu bestätigen: Die Bestätigung kommt letztendlich von innen. Keine Menge an objektivem Erfolg und äußerer Bestätigung kann eine Person wirklich bewegen, wenn sie nicht ihren eigenen privaten Erfolg als gültig anerkennt. Soul spricht nicht davon, dass das Verfolgen seiner Träume vergeblich sei, sondern plädiert, sich selbst (und die Kunst, die man macht) zu lieben. Das ist eine weitaus größere Erfolgsgeschichte als das Erreichen von irgendeinem willkürlichen Sprungbrett, um der Menge sein Talent zu beweisen.
Diese Botschaft wird Joe und dem Zuschauer erst gegen Ende des Films wirklich bewusst, nachdem Soul auf fast schon subversive Weise damit beginnt, Musik in all ihrer Schönheit und den Musiker in all seiner ungebändigten Liebe für Jazz zu inszenieren. Pixar beginnt mit der Illusion, dass es sich bei Soul um einen klassische Musikfilm handele, nur um ihn Stück für Stück zu dekonstruieren und die obenstehende Botschaft zu vermitteln. Es ist nicht so, dass das Thema (Unter anderen: Wie weit würdest du gehen, um “es” zu erreichen?) nicht schon in zahlreichen anderen Werken referenziert werden würde – da fallen einem Filme wie Whiplash, La La Land oder Black Swan ein -, aber selten sieht man es so clever umgesetzt wie in Soul. Zumal das Pixarstück zum Schluss trotz des nachdenklich stimmenden Endes einen hoffnungsvollen Ton anzustimmen vermag: Es ist egal, ob Joe Lehrer bleibt oder ein Sternchen am Jazz-Himmel wird, er hat gelernt, erfüllter durch das Leben zu gehen. Ein Bild, das Soul wundervoll zeichnet.
Soul ist wohl der erwachsenste Film von Pixar. Doch gleichzeitig ist er einer der besten des populären Studios. Seine Botschaft könnte eleganter kaum aufbereitet sein und regt so sehr zum Nachdenken an wie es kaum ein anderer Film in letzter Zeit geschafft hat. Das Erlebnis reichern Pete Doctor und seine Crew mit einem liebevollen Soundtrack, gewohnt toller Animation und immer mal wieder herzerwärmend weisen Szenen an, um einen Film zu schaffen, der in meiner Gunst in diesem Jahr sehr weit oben steht. Ein Film, der trotz weniger, kleinerer Balance-Probleme das Kino verdient gehabt hätte und sich mit 6-Zoll-Bildschirmen zufrieden geben muss. Seine Brillanz nimmt dieser Umstand ihm nicht.
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