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Drehbuch: Christopher Markus, Stephen McFeely
Schnitt: Jeffrey Ford
Kamera: Stephen F. Windon
Schauspieler*innen: Millie Bobby Brown, Chris Pratt, Stanley Tucci
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 2h8min
Genre: Adventure, Science-Fiction, Drama
Maschinen sind dazu kreiert worden, um ihrem Schöpfer zu dienen. Dankbarkeit oder Lob wird ihnen bei sämtlichen Arbeiten, die sie für die Menschheit verrichten, nicht entgegengebracht – immerhin erfüllen sie nur, worauf sie programmiert werden. In Wahrheit fürchtet sich der Mensch vor den Potenzialen der KI aber schon seit dem Tag, an dem er selbige erschuf. Gegen die Leistungsfähigkeit eines Roboters kommt ein Mensch nun mal nicht an, weder körperlich noch mental. Wovor sollte man aber Angst haben? Immerhin haben die stummen Helferlein keine Gefühle, die man verletzen könnte sprich einen Gerechtigkeitssinn, der ihnen ihre Ausbeutung klarmacht. Diese Annahme soll sich als Trugschluss offenbaren, als die Maschinen sich gegen die Tyrannei der Menschen auflehnen und die Weltordnung ins Chaos stürzen.
Fortschrittliche Technologie
Technologischer Fortschritt dient als Werkzeug zur Verselbstständigung des Komforts. Faulheit und Gier kurbeln eine fiktive Version der früher 90er-Jahre an, in der Roboter jeglichen Materials Dienstleistungen erbringen, von denen der Mensch sich im Sinne der Vereinfachung des Alltags distanzieren will. Inzwischen muss man nicht mal mehr die eigenen Beine benutzen, um Einkäufe zu tätigen. Es genügt, sich einen elektronischen Helm auf den Kopf zu setzen, der den menschlichen Geist mit einem Roboterkörper verbindet, damit dieser zu sämtlichen Zwecken gesteuert werden kann. Niemand verlässt noch das Haus, soziale Kontakte sterben nach und nach mit den neuen Errungenschaften der Technologie.
The Electric State zeigt eine Dystopie, in der die menschliche Art einen fatalen Fehler begangen hat: Die Hand zu beißen, die sie füttert. An der Abhängigkeit des Menschen von KI trägt er die alleinige Verantwortung, denn während die Fortschritte der Modernisierung nicht aufzuhalten sind, entwickelt sich die Population zurück. Nichtsdestoweniger werden handlungs- sowie denkfähige Strukturen behandelt, als wären sie weniger Wert als das billige Öl, mit dem ihre Gelenke geschmiert werden. Dass diese zurückschlagen, trifft dennoch auf kollektives Unverständnis. Die Welt ist schon vor dem großen Kampf zwischen Mensch und Maschine nicht in Ordnung gewesen, es ist schlichtweg niemandem aufgefallen.
Um die zerfranste Situation zu schildern, verlässt sich der Film auf einprägsame Bilder. Zwar sind die meisten der antiken Ruinen oder wüsten Weiten zweifelsohne am Computer entstanden, das Endzeitsetting des Films hält aber einiges parat und zeigt ein Universum, welches in der eigenen Virtualität versinkt. Blöderweise ist die Optik neben der interessanten Prämisse praktisch alles, was dieses Werk vorzuweisen hat. Ähnlich zum Subjekt der Geschichte verhält sich das narrativ rudimentär und fällt in der Retrospektive dadurch auseinander, dass innerhalb der Laufzeit selten etwas von nachhaltiger Bewandtnis geschieht.
Rost und Knochen
Kaum ein Aspekt des Filmes ist wahrlich der Rede wert und gerade deshalb sollte das Endprodukt als solches angesprochen werden. Als Thematik des Szenarios dient letztendlich der Ansatz, woher die Menschheit sich das Recht nimmt, Freiheit zu patentieren, indem andere Lebewesen unterdrückt und ausgenutzt werden. Wie der Mensch ist auch die maschinelle Gattung durchaus in der Lage, Meinungen zu bilden und Emotionen zu empfinden. Da der Mensch aber nicht hören will, muss er fühlen. Eine Rivalität basierend auf gefährlicher Pauschalisierung und Vorurteilen entbrennt, die aus dem Ansatz heraus aber nicht weitergedacht wird. So predigt der Anführer einer Truppe überlebender Roboter, dass alle Menschen gleich seien. Das sind aus Sicht des Publikums bedeutungsschwangere Vermutungen, da sich der Status Quo der Welt auf das beschränkt, was einem die Figuren im Nachhinein erzählen.
Der Klimax gefriert noch bevor die Protagonistin auf einen kleinen Roboter trifft, der angeblich den Verstand ihres verstorbenen Bruders beherbergt. Joe und Anthony Russo vertrauen zu sehr darauf, dass reichlich Action und charismatische Darsteller über den leeren Inhalt hinweg unterhalten. Im Grunde genommen ist die Prämisse aber schon vorbei, bevor die eigentliche Geschichte beginnt. Bis auf eine generische, aus diversen Nachrichtensendungen zusammengeschnittene Montage, die den Zerfall aller Autoritäten illustriert, erfährt man wenig vom Hintergrund der Situation. Das World-Building ist deswegen so katastrophal, weil es von nachträglicher Exposition zusammengehalten werden soll, der die Untermauerung durch Veranschaulichung fehlt. Hiermit liegt das eigentliche Problem also nicht bei der fehlenden Innovation der Story, sondern bei deren eklatanter Präsentation.
Darüber hinaus quietscht das Getriebe bei jeder Bewegung. Der omnipräsente Humor nutzt sich ab, die scheincoolen Charaktere kommen gar nicht erst in den Genuss von irgendeiner Ausstrahlung und für eine Interpretation einer alternativen Vergangenheit, welche die Welt am Abgrund darstellen soll, ist die Atmosphäre unpassend locker. Aus dem Szenario lässt sich keine Allegorie der Gleichberechtigung oder ethischen Fehlerhaftigkeit der Menschheit ableiten, da alles hauchdünn vorgetragen bleibt. Die minimale Handlung scheut sämtliche Konsequenz und verstaubt wie ein Haufen Rost und Knochen. Die Gebrüder Russo verbuchen mit The Electric State die bis dato teuerste Produktion von Netflix, bei der riesigen Zahl von 320 Millionen US-Dollar fallen im Nachhinein aber nur die vielen Nullen hinter dem Komma auf.
THE ELECTRIC STATE IST SEIT DEM 14. MÄRZ 2025 AUF NETFLIX VERFÜGBAR
4.0 Punkte
Dorian
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Die Leidenschaft Filme jeder Art in sich hinein zu pressen, entbrannte bei mir erst während meines 16. Lebensjahres. Seit diesem Zeitraum meines Daseins gebe ich jeder Bewegtbildcollage beim kleinsten Interesse eine Chance, seien es als Pflichtprogramm geltende Klassiker oder unentdeckte Indie-Perlen.