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Fünf Jahre nach dem Totalausfall Suicide Squad versucht Warner Bros es erneut. Abermals wird eine Truppe zusammengewürfelter Superschurken auf ein Himmelfahrtskommando geschickt. Nachdem ein Überraschungsangriff misslang, sitzen Harley Quinn, Bloodsport, King Shark und viele weitere in der Falle auf einem militärischen Inselstaat, müssen sich ihren Weg hinauskämpfen und zugleich die ihnen aufgetragene Mission bewältigen. Doch wer wird lebend aus der Situation herauskommen?
Regie: James Gunn
Drehbuch: James Gunn
Schnitt: Fred Raskin
Kamera: Henry Braham
Schauspieler*innen: Idris Elba, John Cena, Margot Robbie, Sylvester Stallone, Viola Davis
Produktionsjahr: 2021
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 2h12min
Genre: Action, Adventure, Comedy, Science-Fiction

Kreative Freiheit bei einem Film ist ein wertvolles Gut. Bei Comicverfilmungen zeigt sich dies mehrfach jährlich und besonders bei Warner Bros. Immer wieder war das Filmstudio in den Schlagzeilen, weil es erst den Regisseuren und ihren Visionen volles Vertrauen schenkte, nur um sie dann kurz vor der Fertigstellung ordentlich in die Mangel zu nehmen. David Ayers Suicide Squad von 2016 ist dafür ein Paradebeispiel. Eine Firma, welche eigentlich Filmtrailer entwirft, schnitt den Film um, sämtliche nachzudrehende Szenen verfremdeten Ayers Idee.

Doch anscheinend hat ein Kurswechsel stattgefunden, ein großer und hoffentlich auch wegweisender. James Gunn, der Regisseur von Guardians of the Galaxy, hat für Warner Bros. die Neuauflage The Suicide Squad realisiert. Nach den vielversprechenden Trailern machte sich schon das Gefühl breit, welches dann im Kinosaal bestätigt wird: Warner Bros. gab Gunn so viel kreative Freiheit wie möglich. Endlich wurde aus den Fehlern gelernt – und wie ein Phönix aus der Asche steigt aus einem desaströsen Film von 2016 nun Gunns Werk in farbenfroher Pracht empor.

Die schiere Menge an Schurken, die auf eine Mission ohne Ausweg geschickt wird, beeindruckt am meisten. Zwei Handvoll reichen zum Zählen der Figuren nicht aus, gleichzeitig sind deren Alter Egos selbst eingefleischten Fans kaum ein Begriff. Wie auch? Gunn nahm sich viele Schurken aus der B-, wenn nicht sogar C- oder D-Riege aus Comics der 1960er bis 80er Jahre und schickt sie auf Corto Maltese, einen südamerikanischen Inselstaat, auf dem eine Geheimwaffe außerirdischen Ursprungs lauert.

Dabei muss aber eins gesagt sein, The Suicide Squad ist für einen Blockbuster dieser Größenordnung sehr eigen. Das fängt schon bei den expliziten Gewaltspitzen und Tötungsszenen der Schurken an, denn es wird schnell klar: Das Suicide im Titel ist Programm. Wer also überlebt, steht nicht fest, und damit umgeht Gunn einen der größten Schwachpunkte eines Superheldencomics, wo sich die Verlage vor endgültigen Konsequenzen scheuen. So wird eine Symbiose aus Film und Comic geschaffen, die bisher in der Form einmalig ist.

Als jemand, dessen Lieblingscomic Iron Fist – The Living Weapon einen Kampf beinhaltet, in dem ein Wolkenkratzer zu einem Power Rangers ähnlichen Megazord umgebaut wird und die Hauptfigur damit einen von Gott gesandten, riesigen Erzengel mit Glubschaugen bekämpft, kommt The Suicide Squad meinem Herzenstraum nach comicinhärenter, kreativer Absurdität erschreckend nahe. Inszeniert mit einem Augenzwinkern, aber seine schrulligen Schurken stets ernstnehmend, lässt Gunn kleine Höhepunkte auf größere folgen, zelebriert von Superhelden- bis hin zu den Pulp-Heften das Medium Comic selbst in filmischer Form.

Es gibt diesen einen Moment, da steht der von Idris Elba gespielte Schurke Bloodsport vor etwas, das zu definieren er kaum in der Lage ist, und hat endgültig die Faxen dicke, lädt seine Waffe durch und vollzieht die Metamorphose vom üblen Schurken zum wahrhaftigen Antihelden. Entgegen all dem Witz wird eine ernste und menschliche Erzählung vorgezogen, denn zwischen den Gewaltorgien stellt sich die normierte Welt als eine krude heraus, in welcher die Schurken zwar weiterhin eigenartig, aber moralisch, ihren Ansichten zum Trotze, zumindest ihren Vorgesetzten überlegen sind.

Während Spider-Man: A New Universe wie ein Comic aussieht, fühlt sich The Suicide Squad wirklich wie einer an. Rund ist Gunns neustes Werk jedoch nicht, dafür ergeht sich der Film zu sehr seinen unterhaltenden Blutfontänen im Hektoliterbereich, benutzt Gewalt zwar zielsicher, aber wie die früheren Pulp-Hefte zum Selbstzweck, statt dem ganzen über den Bereich der Entbehrlichkeit einen übergeordneten Sinn zuzuschreiben.

Letztendlich überwiegt aber die Nachwirkung, das Gefühl einer auf die Leinwand projizierten, klaren Vision und die kreative Freiheit in einer Reinform, die bei Warner Bros. im Zusammenhang mit Comicverfilmungen schon ewig her ist. Man kann nur inständig hoffen, dass sich dieses einmalige Vertrauen auszahlt.

Regisseur James Gunn garniert den im Comic typischen Schwachsinn mit einer Sintflut an charmanten, menschlichen – aber vor allem blutigen Inhalten in Filmform, kreiert so einen einzigartigen Film, der eine Ode an das referenzierte Medium selbst darstellt. Definitiv mit Makeln behaftet, trifft The Suicide Squad das Herz trotzdem zu den relevanten Zeiten an der richtigen Stelle, überrascht, rührt und überlässt unbekannteren Figuren das Rampenlicht, in welchem der Film sein Potenzial zwar eimer- aber nicht tonnenweise ausschöpft.

8.0
Punkte