Ein Jahr ist nach den Ereignissen von Die letzten Jedi vergangen. Rey (Daisy Ridley) ist zurückgezogen am Trainieren und Perfektionieren ihrer Macht-Fertigkeiten. Währenddessen führt Kylo Ren (Adam Driver) jetzt als neuer Supreme Leader die Erste Ordnung in ihrem Kampf gegen den Widerstand und versucht alles, um Rey zu finden. Doch es gibt Gerüchte über eine alte, totgeglaubte Macht, die zurückgekehrt ist…

Hinweis: In der nachfolgenden Review wird es keine nennenswerten Spoiler geben. Für diejenigen, die im Vorhinein keine Berichterstattung oder Trailer über Star Wars Episode IX rezipiert haben, mag aber schon ein Spoiler sein, was im zweiten Satz des Opening Crawls bereits offenbart wurde. Wer auch davon nichts wissen möchte, sollte diese Review lieber sein lassen. Alle anderen können auch ohne den Film gesehen zu haben, weiterlesen.

Eine eigentlich unmögliche Aufgabe

Was die letzten Jahre für Star Wars doch für eine holprige Schlittenfahrt waren. Die Sequel-Trilogie, die vor vier Jahren mit Das Erwachen der Macht begann, ist der mit Abstand umstrittenste Teil der gesamten Sternen-Saga. Denn bei den Prequels sind sich die meisten Fans zumindest einig, dass gerade die ersten beiden Filme davon nicht gerade hochkarätiges Film Making waren. Bei Episode 7 und 8 ist sich niemand einig. Gerade um Die letzten Jedi wird sich bis heute gestritten, er wird entweder für seinen Mut geliebt oder für seinen Mut verachtet. Ausgerechnet J.J. Abrams hat jetzt, wieder im Regiestuhl sitzend, die Aufgabe, diese Wogen zu glätten und dem gespaltenen Fanlager ein Finale der kompletten Saga zu präsentieren, das nicht nur alles Offene zum Abschluss bringt, sondern eben auch die verschiedenen Pole einander annähern lassen soll. Eine eigentlich unmögliche Aufgabe. Zu viele Fragen und Handlungsstränge sind noch offen, zu weit sind Episode 7 und 8 stilistisch voneinander entfernt und zu extremistisch sind beide Fanlager geworden. Dabei ist J.J. Abrams auch alles andere als bekannt dafür, Geschichten geschickt zum Ende zu bringen. Wenn der Mann ein Talent hat, dann ist es, interessante Mystery-Elemente in Erzählungen einzuweben. Diese wieder zu entflechten, das konnte er noch nie. Jetzt ist genau das sein Auftrag. Aber war er erfolgreich?

Starten tut Der Aufstieg Skywalkers mit einem Kracher. “The dead speak! The galaxy has heard a mysterious broadcast, a threat of REVENGE in the sinister voice of the late EMPEROR PALPATINE. ” heißt es im ikonischen Opening Crawl, der jede Star-Wars-Episode unterschiedlich einleitet. Palpatine ist zurück. Krass, wie das einfach in den ersten Sekunden des Films in den Raum gestellt wird. Es gibt keinen Aufbau dafür, es wird nicht dynamisch im Film darauf hingearbeitet und anschließend revealt, nein, er ist einfach wieder da. Deal with it. Man merkt sofort, wie die Drehbuchschreiber gehadert haben, irgendeinen sinnvollen Abschluss für die gerade erst von Disney benannte Skywalker-Saga zu finden. Es ist stellvertretend für den ganzen Film, wie die Autoren einfach etwas in den Raum stellen, das jetzt eben da ist, ohne dass vergangene Filme oder der jetzige Film selbst je darauf hingewiesen hätten. Es wirkt bisweilen so, als hätte man alle möglichen Internetforen durchsucht und die am coolsten klingende Fan-Fiction ausgewählt, die man finden konnte und die eben so bombastisch wie möglich auf die Leinwand gebracht. Das gilt nicht nur für den Handlungsstrang, der direkt mit dem Imperator zu tun hat, sondern auch für zahlreiche einzelne Szenen, in denen immer wieder Ideen eingebaut wurden, die zwar cool klingen und auch aussehen, aber einfach nicht authentisch in die Situation eingebaut werden und dadurch viel zu häufig wirken, als hätte ein Fan das Drehbuch geschrieben und keine professionellen Autoren.

Mehr Comic als Film

Das alles äußert sich auch dadurch, dass ich das Gefühl hatte, die Disney-CEOs hätten Abrams das Wort “Finale” so sehr indoktriniert, dass er wirklich alles auf dieses Wort ausgerichtet hat. Extrem vieles wirkt hier so aufgeblasen, überzogen und auf eine Superlative gebracht, dass es fast schon erschlagend ist. Der ganze Film gleicht eigentlich eher dem Aufbau eines stereotypischen Comicbuchs als einer filmischen Dramaturgie. So gibt es endlos viele Bilder, die als Standbild für einen unglaublichen “Aha”-Effekt sorgen, unter anderem auch, indem sie einfach völlig überzogene Ausmaße annehmen. Es sind nicht fünf Sternenzerstörer, die uns einschüchtern sollen, nein, es sind gleich mehrere tausend davon, die sich aus dem Boden erheben, weil das Bild so einfach epischer und final-würdiger ist. Das alles macht Star Wars 9 leider an viel zu vielen Situationen unglaubwürdiger als es sein müsste. Nur weil man etwas an purer Größe übertrifft, bedeutet das nicht, dass die Wirkung beim Zuschauer proportional mitwächst. Mehr ist mehr war hier häufig die Devise, und das war einfach too much für mich.

Too much ist ein gutes Stichwort, denn der zweite Punkt, an dem man merkt, wie sehr die neuste Sternen-Saga-Episode einem Comic ähnelt, ist das Erzähltempo. Es wurde so unglaublich viel Inhalt in diese zwei Stunden gepackt, dass es einfach überfordernd ist. Kaum springt der Plot in einer Szene mit einem Riesensprung nach vorne, werden wir in der nächsten Szene gleich wieder in actionreiche Plotprogression geworfen. Man wird so durch die Handlung gehetzt, dass man mit Eindrücken völlig überladen wird. Auch ein Comicbuch besitzt dieses schnelle Erzähltempo, auch dort gibt es auf nur wenigen Seiten häufig riesige Fortschritte der Handlung. Das funktioniert aber deshalb dort besser, weil der Leser immer die Möglichkeit hat, vom Buch aufzuschauen und darüber nachzudenken, was er gerade gelesen hat. Beim Medium Film haben wir diese Gelegenheit nicht. Deshalb ist es gerade für so Effekt-überladende Blockbuster wie Star Wars essentiell, immer wieder Momente einzubauen, in denen Ruhe einkehrt, die die Spannung herausnehmen, und die uns damit als Zuschauer die Gelegenheit geben, das, was gerade passiert ist, zu verarbeiten. Abrams selbst hatte genau das in Episode VII gemeistert, hier schafft er es nicht mehr. Und das liegt einzig und allein daran, dass er viel zu viel Geschichte in 148 Minuten verarbeiten wollte. Es ist eines der wenigen Beispiele, wo ich sagen würde, dass es sich gelohnt hätte, sich auf eine dreistündige Laufzeit oder sogar eine Aufteilung auf zwei Filme zu einigen. Um mehr Platz zu haben, alles ankommen zu lassen.

Die Last der Vorgänger

Viele dieser Probleme sind aber nicht alleine die Schuld von Episode 9 selbst. Denn in dem abschließenden Film einer Trilogie wird natürlich das Bild, das man von der gesamten Sequel-Reihe hat, projiziert. Dass Das Erwachen der Macht eine unglaublich unoriginelle Geschichte begonnen hat, die Die letzten Jedi dann auf eine sehr sehr eigene Weise fortgesetzt hat, wird jetzt zur Last des letzten Films. Dass Disney kein übergeordnetes Konzept für die Trilogie hatte, sondern einfach Film für Film nach vorne geschaut hat, schadet vor allem Der Aufstieg Skywalkers. Jetzt, mit diesem letzten Film, wird man endgültig damit konfrontiert, dass diese Trilogie gerade im Vergleich zu den anderen beiden ein völlig unkohärentes, chaotisches Gesamtwerk ist, dem es an stringenter kreativer Vision mangelt. Das ist schade und gibt jetzt natürlich dem Finale der Saga den stärksten Beigeschmack, der bei 7 und 8 zwar auch schon da war, aber eben lange nicht so intensiv. Hätte man sich diesen Imperator-Plot von Beginn an überlegt, hätte man daraus ein tolles neues Epos schaffen können. Ist aber eben nicht passiert, und dadurch wirkt auch dieser Film wie auf die anderen beiden draufgekleistert. Als würde ein Maurer einfach irgendwie Stein für Stein aufeinandersetzen, ohne zu wissen, was am Ende dabei herauskommt, und anschließend ganz stolz auf seine schiefe, krumme, fast einbrechende Mauer schauen.

Dass man in vielen Szenen immer mal wieder kleine oder große Seitenhiebe gegen Rian Johnsons Film bemerkt, ist da tatsächlich nicht sehr zuträglich. Im Gegenteil, in vielen Szenen (die ich aufgrund von Spoilern nicht nennen kann) bekommt man geradezu das Gefühl, als würden Episode 8 und 9 miteinander konkurrieren, als wären sie Feinde, die gegenseitig ihre Plotpoints verspotten müssen. Dass kontroverse Figuren des Vorgängers einfach mehr oder weniger in den Müll geworfen werden und immer wieder umstrittene Szenen sarkastisch kommentiert werden, funktioniert zwar auf humoristischer Meta-Ebene, hinterlässt aber eben wieder einen sauren Beigeschmack.

Spiel der Figuren

Genug gestänkert. Denn trotz dieser fundamentalen Schwächen, die Der Aufstieg Skywalkers beinhaltet, ist er auch in einigen Aspekten der stärkste der drei Sequels. Die größte Errungenschaft, die diese Reihe hervorgebracht hat, ist die Dynamik zwischen Rey und Kylo Ren. Zwei Figuren, die ausgehend vom gegensätzlichen Ende des Machtspektrums nach ihrer Identität und ihrem Platz suchen. Zwei Figuren, die mit sich hadern, die gleiche Krisen auf unterschiedliche Weisen versuchen, zu bewältigen. Jede Szene, in der einer der beiden auftaucht, ist toll. Wenn die beiden dann noch aufeinander treffen, wird aus dem toll ein grandios. Die Szenen mit den beiden sind die mit Abstand emotionalsten. Wenn es dann zum unausweichlichen Kampf der beiden kommt, entwickeln sich durch den einzigartigen Konnex der beiden schnell die besten Szenen des Films, weil sie einfach so emotional aufgeladen sind (schade nur, dass wir durch erwähnte Hektik der Handlung kaum Gelegenheit haben, diese Emotionalität auch wirken zu lassen). Der Arc der beiden funktioniert wie schon im Vorgänger mit Abstand am besten. Getragen wird das auch von den grandiosen schauspielerischen Leistungen von Daisy Ridley und Adam Driver. Gerade letzterer ist für mich der größte Gewinn der neuen Trilogie. Auch außerhalb der beiden ist die Charakterarbeit in den meisten Fällen großartig. Finn und Poe gefallen mir, C3PO war noch nie so unterhaltsam und selbst Leah bekommt trotz der Schwierigkeiten durch Carrie Fishers Tod eine total gelungene und emotionale Behandlung spendiert. Aber auch die neuen Gesichter funktionieren durchweg sehr gut, Babu Frick ist gar der wohl beste Nebencharakter überhaupt. Sogar Ian McDiarmid als Imperator ist beeindruckend in Szene gesetzt worden. Die Szenen mit ihm sind mit dem düsteren Farbenspiel und dem geheimnisvollen Score furchteinflößend und strahlen eine immense Macht aus. Fast jedes Mal, wenn er zu sehen ist, bekommt man Gänsehaut. Was auch zumindest kurz erwähnt werden sollte: Von allen drei Teilen beweist man in diesem Film das wahrscheinlich größte humoristische Geschick. Fast alle Gags sitzen und werden nicht so übertrieben und unplatziert angewandt wie mancher befürchten würde.

Sieht gut aus, bleibt nicht unbedingt in Erinnerung

Auch abgesehen von den Szenen mit dem Imperator ist die Inszenierung wieder über jeglichen Zweifel erhaben. Die Bilder sind unfassbar schön, die Farben toll, das Sound Design wuchtiger denn je und der Score, wenn auch weniger auffallend als sonst, gibt vielen Szenen eine enorme unterschwellige Epik. Wie in jedem Star-Wars-Film liebe ich auch die Momente, in denen wir fremde Spezies der Galaxie zu Gesicht bekommen, ihre Kultur und ihren Planeten kennen lernen. Davon gibt es hier zu genüge und sie sind grundsätzlich auch gelungen. Leider wirkt aber alles zu ungreifbar, zu weit weg. Wir wechseln durch das enorme Erzähltempo viel zu häufig den Schauplatz, um uns wirklich an einen Planeten oder eine Kultur zu gewöhnen. Dadurch ist es immer noch Tatooine, Endor, Hoth, Bespin, Dagobah, Coruscant und Mustafar, die uns durch Star Wars in Erinnerung bleiben – die Welten der neuen Filme und damit auch von Episode 9 verblassen schnell.

Trotzdem hat Star Wars 9 eine riesige Zahl an Szenen, die einem das Herz aufgehen lassen. Die so grandios sind, dass man sie kaum vergessen kann. Die immer wieder dieses Abenteuergefühl beschwören, für das Star Wars so berühmt ist. Die einem zeigen, wie wichtig einem zumindest manche Charaktere dann doch geworden sind. Die einen zum Staunen bringen durch die inszenatorische Macht, die teils an den Tag gelegt wird. Es sind diese ganzen Momente, die auch diesen Film wie schon die beiden Episoden davor für mich gerade so retten. Es sind Momente, die man im Kino erlebt haben sollte.

Fazit

So, da wären wir also. Am Ende einer monumentalen Saga. Viele werden unzufrieden sein mit dem Finale, viele andere wiederum befriedigt, anderen ist es vielleicht auch einfach egal. Ich kann mich einigermaßen anfreunden damit, dass das Endspiel so ausgegangen ist, wie es eben ausgegangen ist. Das liegt weniger an der Handlung selbst, die geradezu hanebüchen hingeklatscht wurde, sondern mehr an all dem, mit dem man Star Wars verbindet. Die Trilogie ist kein gutes Gesamtwerk, aber sie ist zumindest bestückt mit unvergesslichen Einzelmomenten. Das ist lange nicht das, was es hätte sein können, aber das, mit dem man sich arrangieren muss. Und wenn man das tut, wird man auch mit Episode 9 gut unterhalten. Wenn auch nicht auf dem Niveau von Eine neue Hoffnung und Das Imperium schlägt zurück.