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Der Drehbuchautor Herman Mankiewicz, “Mank”, will es in Hollywood als Schreiber zu etwas bringen. Mank ist durchaus talentiert, doch Spielsucht und Alkohol schaden seiner Produktivität. Manks Ansehen in der Branche schwindet, er wird zum Korrektor und Co-Autoren degradiert. Schließlich bekommt er den Auftrag für ein Drehbuch, aus dem einer der bekanntesten Filme aller Zeiten entsteht: “Citizen Kane”. Doch die Große Depression hat auch Hollywood in ihren Fängen…
Regie: David Fincher
Drehbuch: Jack Fincher
Schnitt: Kirk Baxter
Kamera: Erik Messerschmidt
DarstellerInnen: Gary Oldman, Amanda Seyfried, Charles Dance, Lilly Collins
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 2h12min
Genre: Drama, History
Netflix

Citizen Kane gilt vor allem in Fachkreisen als einer der bedeutendsten Filme der Golden-Age-Ära in Hollywood, wenn nicht sogar aller Zeiten. Das für seine filmtechnischen Innovationen gepriesene Werk aus der Weltkriegszeit wird vor allem mit einer Person verbunden: Orson Welles war Produzent, Regisseur, Hauptdarsteller und Co-Autor in einem. Kein Wunder, dass die Scheinwerfer auf dem damaligen Wunderkind lagen. Ein Kernelement von Citizen Kane lag jedoch hauptsächlich in der Hand eines anderen Mannes: Herman J. Mankiewicz, kurz Mank. Dessen Geschichte ist es, der sich David Fincher für sein Netflix-Biopic Mank widmet. Denn der Weg zum Skript, war zwar ein flotter, aber nicht gerade ein einfacher. Es ist eine gewagte Wahl des Fokus, so ist Mank gerade im Vergleich zu Welles eine nahezu völlig vergessene Geschichtsfigur – oder macht Mank genau das noch interessanter?

Mankiewicz, gespielt von Gary Oldman, verbringt in Begleitung einer Sekretärin, einer Krankenschwester und eines Kollegen seine Zeit nach einem Autounfall auf einer isolierten Ranch, um für Orson Welles in kürzester Zeit ein Drehbuch zu schaffen, das sich der Geschichte annehmen soll, aus der später Citizen Kane wachsen sollte. Dabei wechselt David Fincher ständig zwischen erzählerischer Gegenwart und Rückblende und konzentriert sich dabei vollends auf die Welt des klassischen Hollywoods, der “goldenen Ära”, wie man sie retrospektiv bezeichnet. Mank selbst wird als alkoholsüchtiger, aber unheimlich eloquenter und sarkastischer Mann von Gary Oldman grandios portraitiert. Er legt einen Charme an den Tag, der von seiner Erfahrung vor der Kamera zeugt und wertet den Film damit um ein vielfaches auf.

Außerhalb von der Charakterdarstellung Oldmans und des restlichen auch sehr soliden Casts fühlt sich Mank weniger wie eine Doku über die Entstehung von Citizen Kane an, sondern eher wie David Finchers Once Upon A Time In Hollywood. Ein Portrait einer vergangenen, häufig romantisierten Zeit des früheren Hollywoods, getrieben von schnippischen Dialogen, zeitgenössischen Kulissen und einer Prise Nostalgie. Doch während Tarantino sich mit der “New Hollywood”-Zeit beschäftigt, kehrt Fincher noch weiter in die Vergangenheit zurück. In die Zeit des klassischen Hollywood, der goldenen Ära des Films, der Traumfabrik, der Filmmagie.

Geprägt war die Filmproduktion und -distribution in dieser Zeit primär von einzelnen, großen Filmstudios, die alles auf dem Markt verantworteten, vom Dreh bis zur Verwertung. Dieses Studiokino ist der Kern der Darstellung in Mank. Anders als Tarantino zeichnet Fincher diese Epoche jedoch nicht romantisch-witzig verklärt, sondern zynisch und kritisierend. Er beschreibt die Ungerechtigkeiten des Systems, die Armut und die Ausbeutungen.

Noch mehr als in Once Upon A Time In Hollywood wird vom Zuschauer jedoch verlangt, sich mit der Ära auseinanderzusetzen. Ich gebe an dieser Stelle zu: Weder habe ich Citizen Kane selbst gesehen (wenn auch viel darüber gelesen), noch bin ich ein großer Kenner des 40er-Jahre-Kinos. Die Konsequenzen daraus sind größer als sie vielleicht hätten sein müssen. Bei zahlreichen Figuren hat man das Gefühl, man würde jemandem Großen der Filmgeschichte gegenüberstehen, ohne zu wissen, wer diese Figur überhaupt ist; bei zahlreichen Witzen hat man das Gefühl, die Pointe nicht wirklich greifen zu können.

Was klar wird, ist also, dass Mank primär ein Film für Liebhaber des damaligen Tinsel Towns ist. Für andere sind die Konflikte des Films häufig schwer zu greifen, die ständigen visuellen und erzählerischen Referenzen schwierig zu durchschauen. Ist das der Fall, driftet Mank irgendwann dann tatsächlich in Langeweile ab – ein Missgriff, der Tarantino nicht passiert ist. So besteht Mank ausschließlich aus Dialogen, die zwar prägnant und gewitzt geschrieben sind, die aber gleichzeitig nie packend genug inszeniert sind, um einen Nichtkenner am Ball bleiben zu lassen. Im Gegenteil, Fincher legt ein durchgehend gleichbleibendes Erzähltempo an den Tag. Das ist zwar verhältnismäßig hoch, weist aber keinerlei Varianz auf und lässt dadurch auch die erzählerischen Spitzen vermissen.

Genauso wenig schafft er es, die eigentlich interessanten und aktuellen Themen der Kreuzung von Medien, des Reichtums und der Politik auf spannende Weise zu erzählen. Stattdessen schleppen sich die Ereignisse in Mank nur so dahin. Auf dieser Reise sind zwar immer mal wieder kleine filmische Spielereien, brennende Wortgefechte und ein erwähnt toller Gary Oldman zu bewundern, für ein allumfassend befriedigendes Werk reicht das jedoch nicht.

SEIT DEM 04. DEZEMBER AUF NETFLIX VERFÜGBAR

6.5
Punkte

Fazit

Mank ist überraschend wenig "David Fincher". Während "Golden Age"-Kenner hier ihre Freude haben werden, kann es gut sein, dass für alle anderen die zahllosen Dialoge eher zur Qual als zur interessanten Unterhaltung werden.