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Juliet und Vivian sind zwei sehr begabte Zwillinge, allerdings steht die jüngere Schwester im Schatten ihrer älteren Schwester. Sie versucht alles, um sie in ihren schulischen Leistungen wie auch im Klavierspielen zu übertreffen. Als sie eines Tages das Tagebuch einer verstorbenen Mitschülerin findet, geht sie ein böses Geschäft ein. Sie ist nach langer Zeit in der Lage, dazu ihrer Schwester die Stirn zu bieten.
Regie: Zu Quirke
Drehbuch: Zu Quirke
Schnitt: Andrew Drazek
Kamera: Carmen Cabana
DarstellerInnen: Sydney Sweeney, Madison Iseman, Jacques Colimon
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 1h30min
Genre: Horror, Thriller Mystery

Streben wir nicht alle – und sei es auch nur im tiefsten Inneren unserer Selbst – nach der Anerkennung, die uns des eigenen Empfindens nach gebührt? Eine Motivation, die sich schon viele verschiedene Filme auf viele verschiedene Arten zunutze gemacht haben. Damien Chazelles Whiplash entlodert Feuer und Flamme für einen aufstrebenden Schlagzeuger und zeichnet für ein breites Publikum eines der intensivsten Dramen der letzten Jahre, während Alejandro González Iñárritus Birdman auf freigeistleiche Weise dem Comeback eines gefallenen Filmstars hinterherjagt. Eine um diesen Konflikt gesponnene Prämisse hat sich oft genug bewährt, um es immer wieder auf neue Geschichten zu transferieren und so nimmt sich auch Zu Quirkes Regiedebüt diesen Antrieb als Grundstoff. Als einer von insgesamt vier unter dem aktuellsten Deal zwischen Amazon und Blumhouse geplanten Horrorfilmen wurde Nocturne als Prime Original realisiert und wusste bei einigen schnell durch eine Charakteristik aufzufallen: Die vehemente Ähnlichkeit zu Darren Arronofskys Black Swan.

Im Prinzip befasst sich Nocturne komprimiert ausgedrückt mit dem psychologischen Zerfall eines jungen Talents. Die komplette Aufmachung vermittelt einen sehr düsteren und surrealen Slow-Burner. Hierbei erinnert er am stärksten an die mit einem Oscar ausgezeichnete Abwärtsspirale von Natalie Portman, lässt aber auch Parallelen zu weiteren Filmen aufblitzen. In Teilen werden Erinnerungen an den grandiosen Anime Perfect Blue von Altmeister Satoshi Kon oder sogar das Netflix-Original Cam geweckt, welche mit der automatischen Frage einhergehen, ob Nocturne mit derartigen Beispielen mithalten kann. Gerade zu Beginn erscheint die Geschichte der ehrgeizigen Pianistin Juliet äußerst vielversprechend. Sydney Sweeney macht in ihrer Rolle einen guten Ersteindruck und scheint den auf sie zukommenden Aufgaben gewachsen. Dieser eigentlich positive Eindruck wird aber dann geschmälert, wenn sich mit der Zeit herausstellt, dass das Drehbuch nicht die großen Aufgaben für sie bereithält, welche es anfänglich verspricht.

Am Anfang zieht die mysteriöse Inszenierung des Plots noch ordentlich Spuren hinter sich, jedoch wird die gegebene Richtung des Filmes zu schnell ersichtlich und flacht in seiner Erzählung unter einigen Komponenten stark ab. Einerseits wird es durch die Protagonistin, obwohl überzeugend verkörpert, nie intim-interessant genug. Über die knappen 90 Minuten bleibt Juliet trotz vorgetragener Einflüsse wie ihre Plagen des Heranwachsens, ihre Art sich zu verhalten und familiäre Beziehungen überraschend blass. Manche Momente erzielen den erwünschten Effekt und tragen ein gewisses Investment seitens des Zuschauers auf diese Figur, allerdings wirkt der Charakter transparenter als ihre Taten, welche nicht schockierend oder inhaltlich untermauert genug sind. Für einen Psychothriller seines Metiers ist Nocturne zu subtil und oberflächlich. Der Vergleich mit Black Swan deutet nicht direkt auf einen Nachteil gegenüber diesem hin, jedoch ist es in diesem Fall genau zutreffend. Nocturne wirkt wie eine Light-Version von Black Swan und steht ihm in allen Belangen nach. Es fehlt eine inszenatorische Wucht, um die Charakterstudie aufzurüsten. Hier und da finden sich starke Storytelling-Elemente, die an die unangenehmsten Gedanken und Reize appellieren. Wahre, eindringliche Höhepunkte erlangt Nocturne dabei trotzdem nicht, bis auf sein Finale, welches dann aber auch wiederum aufgrund eben der Ähnlichkeiten zu anderen Filmen überwiegender jenen ähnelt, als einen souveränen Ausdruck zu versprühen.

Grenzt man ihn mit dem Wissen ab, dass er sich brav an den Eigenschaften anderer bedient, ist es immer noch besser geklaut, als schlecht gemacht. Durch das erquickende Setting und die schöne Kameraarbeit sowie musikalische Unterlegung punktet Nocturne mit einer tollen Audiovisualität und dichten Atmosphäre. Dazu gehören ruhige Fahrten, atemberaubende Farbkonstellationen und schaurige Schattenspielchen. Seinen Horroraspekt spielt er zwar nicht zur Genüge aus, bietet aber dennoch den ein oder anderen Nervenkitzel und fokussiert sich primär weiterhin auf den zwar geradlinigen, aber kompetent abgestimmten Klimax. Die intakten Darsteller wie die bereits benannte Hauptdarstellerin Sydney Sweeney oder Madison Iseman agieren stets bei der Sache und überzeugen, um der glänzenden Hülle zumindest etwas an Füllmaterial hinzuzufügen.

Nocturne verhält sich perplex und passiv. Das kommt seiner Stimmung und der Einleitung ins Geschehen zugute, allerdings nicht der Aufweichung seines Plots. Das Begehren nach seinen Träumen und den damit einhergehenden Zwang, diese unter allen Umständen zu erlangen, hat man in anderen Filmen bereits besser inszeniert gesehen. Die Darsteller und technische Umsetzung setzen ein attraktives Niveau, retten aber nicht die inhaltlichen Schwächen des Konstrukts. Als Gesamtprodukt verpasst er die Absichten seiner Geschichte eine Stimme mit Wiedererkennungsmerkmal zu geben und ein Echo des Volumens zu hinterlassen, welches er anzielt. Als kurzweiliger, dunkler Anspannungstrip funktioniert er ganz gut, aber wie die Protagonistin im Film selbst lernt: Gut ist halt nie gut genug.

SEIT DEM 13. OKTOBER AUF PRIME VIDEO VERFÜGBAR

6.0
Punkte