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Eine Gruppe Teenager kommen in einem Survival-Camp an und treffen auf zwei deformierte Kannibalen…
Regie: Bartosz M. Kowalski
Drehbuch: Bartosz M. Kowalski, Jan Kwieciński, Mirella Zaradkiewicz
Kamera: Cezary Stolecki
DarstellerInnen: Julia Wieniawa-Narkiewicz, Wiktoria Gąsiewska, Stanisław Cywka
Land: Polen
Sprache: Polnisch
Länge: 1h42min
Genre: Horror
Netflix

Das große rote N von Netflix ist kein eindeutiges Indiz für fundamentale Neuheiten. Wo der Streamingdienst mal mit der ein oder anderen verrückten Sci-Fi-Idee um die Ecke kommt, reduziert er sich auch durch Filme wie Nobody Sleeps in the Woods Tonight (mit Originaltitel: W lesie dziś nie zaśnie nikt) gerne mal auf filmische Ursprünge. Ein polnischer Horrorfilm, welcher sich wie unzählige Horrorfilme zuvor das altbekannte Waldsetting zunutze macht. Dabei verbreitet sich relativ früh ein gewisser Flair im Stile von Freitag der 13te und kommuniziert in seinem gnadenlosen Hillbilly-Slang über raschelnde Bäume, das schillernde Mondlicht und allem voran immense Brutalität.

Aufgesetzt wird das Szenario als eine Art Camp, in dem sich einige “technologiesüchtige” Teenager unserer Neuzeit versammeln und mittels der geballten Konfrontation mit unberührter Natur von diesem Fluch kuriert werden sollen. Dabei ist schon ersichtlich, dass der Film einen Mix aus Horror und Komödie anzielt. Die Ausgangslage ist ebenso wahnwitzig stupide dargestellt wie auch ideal gewählt für einen Teenie-Slasher der alten Schule. Zumindest anfangs wirkt das ganze wie eine charmante, selbstironische Hommage an sein Genre und gibt Hoffnungen, dass es sich um frische Satire im Sinne von Tucker & Dale vs. Evil handeln könnte. Bei der Annahme ist aber weit gefehlt, denn recht schnell verrennt sich der Film in seinem eigenen Genre-Mix und scheint mit der Aufgabe überfordert, diesen richtig auszuspielen.

Irritierenderweise beginnt der Film nach der Einführung des Szenarios schlagartig mit Versuchen seine Charaktere zu etablieren und dem Terror einen dramatischen Zusatz zu geben. Das geht in Kombination der klischeehaften Stereotype, derer er sich bedient, praktisch gar nicht auf. Ab einem bestimmten Punkt lässt sich die Erscheinung des Filmes gar nicht mehr richtig deuten. Ist er nun eingefleischter Horror, clevere Satire oder ernstgemeinte Tragödie? Dies stellt sich mit der Zeit als rhetorische Frage heraus, denn der Film ist letztendlich nichts davon. Kein gruseliger und spannender Horrorfilm, keine gewitzte Parodie und erst recht kein effektives Drama. Allerdings muss ihm zugesprochen werden, dass er in letzterem Punkt immerhin mehr Erfolg als andere Vertreter seiner Art hat, denn es handelt sich nicht unbedingt um die Form hassenswerter Figuren, welche man nüchtern dahingerafft sehen will. Zuweilen werden einem die Persönlichkeiten beinahe schon herzlich-sympathisch, wären sie nicht so sagenhaft flach und – wie bereits erwähnt – wandelnde Klischees. Dazu gesellt sich aber noch ein Aspekt, der ihn dann doch im Einzelnen fast schon von anderen Slashern abhebt, was viele wohl als den Game of Thrones-Effekt bezeichnen würden. Wichtige Charaktere fallen wie die Fliegen ohne einen absehbaren Aufbau oder Klimax. Und das sind Momente, in denen sich Nobody Sleeps in the Woods Tonight plötzlich sehr real anfühlt. Nur schade, dass es nie länger als diesen Moment hält.

Alles daneben besteht aus ermüdenden Scares, fragwürdigen Aktionen der Figuren und befremdlichem Overplotting. Das Pacing und die Tonalität der Story tragen immer wieder Stolperfallen in sich, die das Filmerlebnis eindämmen. Hinzu kommt die fatale Tatsache, dass der Film einem keinen Grund gibt, der es rechtfertigen würde ihn anderen Slashern vorzuziehen. Die Kills sind obwohl blutig nicht innovativ genug, die Antagonisten nicht interessant genug und die Atmosphäre nicht packend genug. Inszenatorisch ist das auch weit, weit von einer Offenbarung entfernt. Die Kameraarbeit ist ganz nett und hat einige schöne Shots, bleibt aber auch wie alles von diesem Film nicht im Gedächtnis hängen. Die Gore-Effekte zeugen von kompetentem Handwerk, finden in ihrer Benutzung aber auch keinen Reiz. Lediglich die Darsteller spielen authentisch und verkörpern gerade die Panik ziemlich überzeugend, aber das überschattet das unterdurchschnittliche Drehbuch nicht mal im Ansatz.

Bei Nobody Sleeps in the Woods Tonight steht der Ausdruck Netflix-“Original” so fehl am Platz, wie bei keinem anderen, denn originell ist hier gar nichts. Das muss ein anspruchsloser Slasher auch nicht sein, aber er muss seiner Einfachheit wenigstens einen Mehrwert entziehen können. Mit ungefähr 100 Minuten ist der Streifen recht kurzweilig, so ganz unterhalten will er dann aber doch wieder nicht. Provokant wird die Strichliste eines Slashers abgehakt und dabei jede angedeutete Chance auf ein Augenzwinkern verpasst oder fehlinterpretiert. Die oberflächlich aufgegriffene und nie erweiterte Technologiekritik bildet da den kompletten Gnadenstoß. Sogar für einen lustigen Abend mit Brot und Bölk unter Freunden gäbe es viele Optionen, die eine weitaus bessere Wahl wären. Ein alles in allem kaum sehenswerter Horrorfilm.

4.0
Punkte