Ein Tokioter Professor zieht 1958 mit seinen zwei Töchtern Satsuki und Mei aufs Land nach Matsuo, um in der Nähe seiner Frau sein zu können, die sich in einem Krankenhaus von einer schweren Krankheit erholt. Bei ihrer Ankunft erkunden die beiden Mädchen das alte Haus und entdecken “Rußmännchen”, die in unbewohnten Häusern leben. Die “Großmutter” – eine alte Frau von der Nachbarfarm – erklärt ihnen, dass die Rußmännchen friedliche Geister seien, die das Haus bald verlassen würden, da es wieder bewohnt ist. Satsuki lernt dabei den gleichaltrigen Kanta, den Enkel der ‚Großmutter‘, kennen. Nachdem sich die drei in dem Haus eingewohnt haben, begegnet Mei beim Spielen im Wald Totoro, einem Waldgeist. Mei mag das riesige Wesen auf Anhieb und will es ihrer Familie zeigen, doch der Weg dorthin ist verschwunden…

Mein Nachbar Totoro ist ein ganz spezieller Fall und völlig anders als noch Das Schloss im Himmel. Es ist ein Film, der eigentlich kaum funktionieren dürfte – es existiert weder eine klare Geschichte noch ein wirklicher Antagonist, kaum wirkliche Bedrohungen, keine Spannung, keine Erklärungen, keine komplexen Charaktere – viele der Dinge, die man als essentiell betrachten würde, fehlen hier einfach. Es ist ein Drama, in dem kaum etwas von einer klassischen Struktur eines Dramas übrig geblieben ist. Meiner Meinung nach würde das aber auch nur vom Kern von Totoro ablenken und dem Film mehr schaden als ihn interessanter zu gestalten. Denn Totoro erzählt uns von einem Teil des Lebens zweier Kinder und sind wir mal ehrlich: Es gab in der Kindheit der meisten von uns nie wirklich einen Bösewicht, nie wirklich ein großes episches Abenteuer, bei dem wir die halbe Welt gerettet haben. Stattdessen haben wir uns aus dem Alltag ein Abenteuer gestrickt, das aus der Verschmelzung unserer Umgebung und unserer Fantasie entspringt.

Genau das bildet Regisseur Miyazaki ab. Satsuki und Mei machen gerade viele Veränderungen durch: Ihre Mutter können sie durch ihre schwere Krankheit kaum noch sehen, und sie verlassen ihre bewährte Heimat, um aufs Land in ein neues Umfeld mit gänzlich neuen Eindrücken zu ziehen. Die beiden machen genau aus diesen Umständen ein Abenteuer, da braucht es keine Piraten, keine Superbösewichte und keine Aliens, die die Menschheit vernichten will. Sie erleben einfach das, was sie in ihren Köpfen gerne erleben wollen. In ihrem Falle sieht das eben so aus, dass sie sich Totoros vorstellen, gutmütige Waldgeister, mit ihnen durch Rituale magische, kolossale Bäume wachsen lassen und mit einem Katzenbus (!) durch die Lande fahren. Miyazaki erklärt die Anwesenheit und die Natur dieser Wesen niemals, und das ist auch genau der richtige Ansatz. Auch dadurch erleben wir den Film selbst als Kinder.

Das ist die größte Stärke von Mein Nachbar Totoro: Er zeigt uns die Magie des Kind seins, die Abenteuerlust unserer vergangenen Ichs. Ganz ruhig und gelassen erzählt er eine mehr als simple Feel-Good-Geschichte auch darüber, wie Kinder mit Problemen und Veränderungen umgehen. Nicht zu verschweigen, dass gerade Mei der wohl niedlichste Charakter der Filmgeschichte ist. Gepaart mit den schönen idyllisch gezeichneten Bewegtbildern ist Mein Nachbar Totoro ein Film der ganz anderen Art, der uns erfolgreich einlädt, wieder Kind zu sein, und der jeden schlechten Tag, an dem er über die Leinwand läuft, ein ganzes Stück verbessern sollte. Totoro zeigt erstklassig, wie viel Magie und Charme Studio Ghibli in ihre Filme steckt. Jedes Mal, wenn ich an ihn denke, geht mein Herz auf…