SynopsisCrewDetails
Der junge Historiker Norman zieht mit seiner Frau Lucy und deren Sohn Bob nach Neu-England. Er will dort die Forschungen seines Vorgängers Peterson weiterführen, nachdem dieser Selbstmord begangen hat. Norman mietet sich dort ein, doch das Haus hat einen schlechten Ruf. Für lange Zeit lebte ein Dr. Freudstein in diesem Haus und kurz nach dem Einzug geschehen merkwürdige Dinge… und Lucy findet im Keller auch noch einen Sarg.
© TMDB
Regie: Lucio Fulci
Drehbuch: Lucio Fulci, Dardano Sacchetti, Elisa Briganti, Giorgio Mariuzzo
Schnitt: Vincenzo Tomassi
Kamera: Sergio Salvati
Schauspieler*innen: Catriona MacColl, Paolo Malco, Giovanni Frezza
Produktionsjahr: 1981
Land: Italien
Sprache: Italienisch, Englisch
Länge: 1h27min
Genre: Horror

Knarzende Dielen, rostige Türschlösser und eine verborgene Krypta im Zentrum des Wohnzimmers – entgegen aller Warnzeichen weigert sich der Geschichtsprofessor Dr. Norman Boyle (Paolo Malco) dagegen, sich in seinem neuen Anwesen nicht heimisch zu fühlen. Zu stark wird er von der Faszination angetrieben, was mit dem Vorbesitzer – einem Kollegen aus seiner Universität – geschehen ist; inmitten dessen Nachforschungen bezüglich des ursprünglichen Besitzers des Herrenhauses, ein mysteriöser Mann namens Dr. Freudstein, hat besagter Kollege nämlich zuerst das Leben seiner Frau und danach das eigene beendet.

Norman sieht sich mit der Frage konfrontiert, ob hinter dem unvorhersehbaren Verbrechen schlichtweg ein dem Wahnsinn verfallener Verstand oder etwas Größeres steckt. Boyles Obsession stößt jedoch schnell auf Konsequenzen. Während seiner Investigation werden Gattin Lucy (Catriona MacColl) und Sohn Bob (Giovanni Frezza) von grauenerregenden Visionen und paranormalen Ereignissen geplagt, welche den harmonischen Zusammenhalt wie auch die geistige Gesundheit der Familie auf die Probe stellen. Am eigenen Leib bekommt sie zu spüren, dass ihr Zuhause ein Geheimnis verbirgt: trautes Heim, aber wahrscheinlich nicht allein…

Wahrheiten im Korridor

Bei Lucio Fulcis Klassiker des Horrors lässt sich von der leibhaftigen Reinkarnation einer urban legend sprechen. Nichtsahnend wird ein Figurengebilde einer Situation ausgeliefert, die in ihrer Glaubwürdigkeit durch mangelnde Beweislage sowie ihrem Hang zum Übernatürlichen auf Skepsis treffen sollte, allerdings mittels der penetranten Umstände nicht realer wirken könnte. Wer würde nicht starr vor Schreck staunen, wenn man einen waschechten Sarg im Keller findet? Stetig sind die Charaktere an die unerwünschte Wirklichkeit gebunden, da sie um jede Ecke lauert und nur darauf wartet, sich als verunsicherndes Geräusch oder sichtbare Bedrohung zu äußern.

Obgleich der erwartbaren Auslegung des Terrors bietet die Story eine Spurensuche im Stile der modernen Sage, geht in der Hinsicht aber noch einen Schritt weiter. Gleichermaßen handelt sie mit den Entdeckungen des Protagonisten sowie den eindeutigen Geschehnissen, welche auf dem Bildschirm passieren – Ammenmärchen trifft auf vollendete Tatsachen. Wo andere Filme des Konzeptes eher auf einen bedächtigen, trickreicheren Aufbau setzen würden, entfesselt dieses Werk einen ansprechenden Mix aus Mythos und Historienzeichnung. Zeitgleich zum perspektivischen Dürsten nach der Wahrheit wird der Hauptcharakter Teil von ihr, ohne es wahrlich zu merken.

Deswegen erfährt der Film eine Atmosphäre, die von Gegensätzen geprägt ist und mit ebenjenen ein dichtes Unwohlsein etabliert. Beispielsweise ist die Immobilienmaklerin Laura Gittleson (Dagmar Lassander) ernsthaft empört über ihren Arbeitskollegen, als er bei der Schlüsselübergabe den Namen Freudsteins verwendet. Sie scheint etwas zu wissen, verkauft das Anwesen allerdings mit professioneller Euphorie. Eines Tages ignoriert sie die Familie hingegen komplett, als sie sich zufällig auf der Straße über den Weg laufen. Viele der Persönlichkeiten um sie herum verhalten sich merkwürdig, als sei Familie Boyle verdammt und jeder Kontakt schädlich.

Hingabe zum Genre

Als Collage von Tropen des Genres kann Das Haus an der Friedhofsmauer aus heutiger Sicht grundsätzlich nicht mehr so schaurig gruseln, wie er es möglicherweise zu seiner Zeit getan hat, jedoch problemlos als Zelebrierung seiner Kerneigenschaften verstanden werden und dementsprechend überzeugen. Altbekannte Versatzstücke wie nur für eine Person sicht- sowie hörbare Geister, souverän operierende Bauten und abgehalfterte Leichen auf zwei Beinen gehören zur Tagesordnung. Damit macht Fulci seinem Titel als sogenannter „Godfather of Gore“ auch hier alle Ehre und präsentiert handgefertigte Effekte, die einem den Magen verdrehen.

Wie bei einer Achterbahnfahrt jagt er das Publikum durch Attraktionen, die mit ihrem Charme und dem Detailreichtum bestechen, welches das Ambiente zugeschrieben bekommt. Fette Spinnweben, staubige Plaketten und im Wind tänzelnde Gardinen bilden die gute Tugend der Location, die in ihrer gespenstischen Erscheinung total aufblühen darf. Als Fachmann auf seinem Gebiet versteht es der Altmeister des italienischen Horrors, die Bühne virtuos, gar als lebendigen Organismus auftreten zu lassen.

Normalerweise ist die Inszenatorik Fulcis eine Wundertüte und neigt dazu, zu Ungunsten der Stimmung auszuschlagen. Unangenehme Close-ups auf Augen, Zoom-Ins aus der Hölle und unfertig wirkende Anstarrwettbewerbe oder Dialoge, die unintentionell belustigend wirken, gibt es auch in diesem Film. Nichtsdestoweniger kreiert er in diesem Fall eine ebene Tonalität und kann insbesondere mit der unkonventionellen, fast lückenhaften Anekdote hinter einer Prämisse punkten, die für aktuelle Standards uninspirierter und belangloser nicht sein könnte. Schön zu sehen, wie gut dieser Horrorstreifen gealtert ist.

7.0
Punkte