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Thomas Lockhart will seine Polizistenkarriere ankurbeln und hat genug davon, nur Detective zu sein. Um seine Karriere anzukurbeln, verfolgt er einen Serienmörder, der nur alle neun Jahre zuschlägt, doch diesmal ist alles anders. Ein aktuelles Verbrechen des Mörders setzt sich jeglicher Logik hinweg, sodass Thomas eher psychisch zugrunde geht. Darüber hinaus gefährdet er das Leben seiner Familie mit seiner Obsession.
Regie: Jim Mickle
Drehbuch: Geoff Tock, Gregory Weidman
Schnitt: Michael Berenbaum
Kamera: David Lanzenberg
Schauspieler*innen: Boyd Holbrook, Cleopatra Coleman, Michael C. Hall
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 1h55min
Genre: Thriller, Mystery

Trotz der globalen Reichweite von Netflix, stolpert nicht jeder Konsument mit einem Abonnement auf Film Nr. 3187 im breiten Sortiment vieler vergessenswerter Projekte. Obwohl dies der Person vor dem Bildschirm die ein oder andere Schmach ersparen kann, gibt es einige unentdeckte Schätze, die zwischen den Wracks schlummern und unter der Dichte der hiesigen Masse leiden. Ein solcher Film ist In the Shadow of the Moon. Dabei handelt es sich durchaus um einen Film, der beim ersten Augenschein lückenlos in das Raster des klassisch ignorierbaren Netflix-Originals fallen könnte. Ein standardmäßiger Crime-Thriller mit einem Sci-Fi-Element, das nicht neu daherkommt, in der Beziehung der Prämisse zur Storyline aber relativ interessant erzählt wird.

Die Einleitungssequenz schreibt das Jahr 2024. Ein poliertes Büro. Eine heftige Vibration, dessen Ursprung von einer heftigen Explosion ausgeht. Eine Stadt auf Messers Schneide. Schnurstracks wird man zurückkatapultiert in das Jahr 1988 und damit direkt in den Alltag von Thomas “Locke” Lockhart (Boyd Holbrook). Der ehrgeizige Polizist sieht sich mit einem äußerst verzwickten Fall von drei Morden konfrontiert, deren einzig greifbare Verbindung der besorgniserregende Modus Operandi zu sein scheint. Eine Einstichstelle von drei, in der Formation eines Rechtecks stehenden Löchern, injiziert ein den Laboren unbekanntes Gift. Das Ergebnis ist jedoch im Gegensatz zum Auslöser mehr als eindeutig: Eine anatomische Anomalie, die binnen Sekundenschnelle zum Tod führt. Kurzerhand stellt Locke fest, dass dieser Fall ihn auf Dauer nicht mehr loslassen wird.

Spannende Prämisse, verschwendetes Potenzial. Das haben sie alle. Diese stetige Luft nach oben. Science-Fiction und Netflix gingen in ihrer langjährigen Beziehung schon so oft Hand in Hand über eine schmale Felsspalte inmitten einer spitzen, gefährlichen Schlucht. Wie jede Beziehung hatte auch diese ihre Höhen und Tiefen. Entgegen der allgemeinen, mäßigen Reputation dieses Filmes, handelt es sich aber um einen etwas zu Unrecht im Einheitsbrei ertrunkenen Genre-Mix.

Ein oberflächlicher Plot um die Mörderjagd entspinnt ein dynamisches Wirrwarr mit einigen Spuren, die ihren eigenen Kniff auf angenehme Art und Weise dechiffrieren. Die Würfel fallen recht früh, die Inszenierung von Jim Mickle bewahrt aber eine individuelle Mystik um einen Mischmasch, der sich gleichzeitig durchaus anhören muss, dass er wie eine Konstellation mehrerer Filme wirkt. Dadurch ist die Storyline zuweilen mit angerissenen Szenarien und ausbauwürdigen Thematiken stark überladen, dennoch tut die Quantität an verschiedenen Umständen der Qualität des Wesentlichen kaum Abbruch, da der Film in der Abdeckung aller Genres, an denen er sich bedient, versteht, sich an ihre Spielregeln zu halten.

Die ersten 35 Minuten sind als reiner Aufbau betrachtet fehlerfrei. Der Krimi zeigt sich von seiner hässlichsten und brutalsten Seite. Dementsprechend dreckig und verdunstet ist das Klima. Es passiert eine Menge und trotzdem bringt diese Menge unsere Ermittler nicht weiter. Der Frust des alltäglichen Großstadtwahns, repräsentiert durch eine einzige Höllennacht. Und plötzlich findet man sich neun Jahre später in derselben Stadt wieder, um dieselbe Höllennacht zu erleben. Gerade wie und womit In the Shadow of the Moon mit der Erwartung des Publikums bricht, ist bemerkenswert transferiert, narrativ wertvoll und storytechnisch brillant konzipiert. Ein Status, den der Film für lange Zeit aufrechterhalten kann.

Der Werdegang des Thomas Lockhart ist ein tragischer und radikaler. Auserkoren als der Fall seines Lebens, soll es derjenige sein, der ihn zugrunde richtet. Bei jedem Zeitsprung bleibt der Schockfaktor über seinen aktuellen Zustand im Verhältnis dazu, wie man ihn als ZuschauerIn kennengelernt hat, nie aus. Seine Hypothesen, um der Lösung näher zu kommen, werden immer abstruser. Die Gegenleistung? Seine Realität verzerrt sich. Er distanziert sich ungewollt von allem, was ihn einst machte. Als engagierter Officer und liebender Ehemann sowie zukünftiger Vater war er von Vornherein weniger komplex als sein Zerfall, dem man beiwohnt. Er war schlichtweg geerdet. Dadurch ist seine Fallhöhe unbemerkt enorm.

Bis der Sci-Fi-Aspekt der Storyline wirklich Haken schlägt, verstreicht einiges an Laufzeit. Um auf diesen im Interesse des Erlebnisses so wenig wie möglich einzugehen, lässt sich dieser als ebenso gut durchdacht wie gut umgesetzt betiteln. Keinerlei Revolution oder rebellische Auflehnung eines bekannten Plot-Devices, in seinem eigenen Universum jedoch klar verständlich, auch bei genauerer Betrachtung ohne Logikfehler und lukrativ eingebettet. Dennoch geht dem Konzept ab ungefähr der Hälfte – und je mehr es sich dem Ende neigt exponentiell fallend – der Dampf aus. Wo wir auch schon beim schwerwiegendsten Knackpunkt der Story angekommen sind: Die Auflösung. Diese ist in einem Wort zusammengefasst dürftig. Zugunsten unnötiger Exposition im Finale verfliegt die so mühsam endzeitliche Stimmung der Epochen, deren Ende noch so fern ist. Denn in jeder aufgegriffenen Timeline erfasst In the Shadow of the Moon auf gewisse Weise den Zeitgeist des Jahrgangs, der gerade als Setting dient, und schmückt ihn mit einem Abstrich von sensibler Vergänglichkeit. Ohne die überschwängliche Erklärung gen Abspann hin, hätte das Konstrukt besser funktioniert. Dass es letztendlich immer noch in seiner Komplettheit die Prüfung besteht, zeigt die vorwiegend überragende Leistung des betriebenen World-Buildings und Storytellings.

Aus handwerklicher Sicht hat der Film kaum Angriffsfläche. Er ist in vielerlei Hinsicht technisch versiert und trägt eine wahre Bilanz, um sich als audiovisuelles Kunststück abzuheben. Innovative und wunderbar koordinierte Schwenks und Kamerafahrten, epische und volle Vogelperspektiven, eine tolle Ausstattung, die Liebe fürs Detail, im schlechtesten Fall solide Effekte und ein zum eigenen Naturell passender Score. Lediglich die Maskenarbeit, um den Prozess des alternden Lockharts zu visualisieren, scheitert kläglich. Bei der Ansammlung an Darstellern wird es im Gegensatz zur Aufmachung erheblich brüchiger. Hauptakteur Boyd Holbrook überzeugt als besessener, abgehalfterter Detektiv auf ganzer Linie. Doch während er von Szene zu Szene immer besser wird, bekommt der Rest des Cast keine wirkliche Möglichkeit zu scheinen. Besonders Michael C. Hall ist in seiner Rolle total verschwendet. Obwohl das Drehbuch ein belastbares Gleichgewicht zwischen Prämisse und Geschichte aufstellt, fehlt aufgrund der bis auf Lockhart hölzernen Charaktere und dem bis auf Holbrook wenig erwähnenswerten Schauspiel der emotionale Effekt, auf den die Story schlussendlich abzielt.

Nach einer spannenden Stunde flacht In the Shadow of the Moon in seiner wachsenden Vorhersehbarkeit etwas ab, wodurch er aber nicht zwangsläufig weniger interessant oder langweilig wird und kann hingegen seiner anfänglich halb aufgegoren wirkenden Thematik einen Mehrwert aus seiner Prämisse ziehen. Dem Plot lässt sich verlorenes Material anmerken, einige Aspekte bleiben theoretisch, aber nichtsdestotrotz verbucht er inhaltlich und optisch eines der sehenswerteren Netflix-Originale. Insbesondere für Liebhaber von Überschneidungen hübsch aufbereiteter Genres mit einem obsoleten Touch, mag er eine große Überraschung innehalten. Manche Geheimnisse sind es bei aller Skepsis wert, gelüftet zu werden.

7.0
Punkte