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René stellt ein Wettbewerb für Friseur*innen auf die Beine und lässt dafür Cleve, Divine, Kendra und Mosca an den Start gehen. Die vier Profis sollen an den vier Models Timba, Inez, Etsy und Angie um die Wette frisieren – bis Mosca skalpiert und tot aufgefunden wird. Doch wer ist für die grausige Tat verantwortlich? Außerdem holt Moscas bitteres Schicksal noch ein paar weitere sprichwörtliche Leichen aus dem Keller heraus. Es entspinnt sich ein Spiel um Intrigen, Verbitterung, Korruption und eine vermeintlich aussichtslose Zukunft.
© TMDB
Regie: Thomas Hardiman
Drehbuch: Thomas Hardiman
Schnitt: Fouad Gaber
Kamera: Robbie Ryan
Schauspieler*innen: Anita-Joy Uwajeh, Clare Perkins, Darrell D’Silva
Produktionsjahr: 2022
Land: England
Sprache: Englisch
Länge: 1h41min
Genre: Comedy, Thriller, Mystery

Nicht nur Kleider machen Leute, auch auf die Haarpracht kommt es an. In einer Welt, in der das optimale Styling regiert, haben die Menschen keinerlei Zeit, ihre Gedanken an etwas Anderes zu verschwenden. Kein Fussel darf aus der Strähne fallen, kein Wirbel sich in die falsche Richtung drehen. Ironischerweise ist eine solche Profession in erster Linie eines: zum Haareraufen. Perfektionismus definiert jeden Handschlag, den der Kamm vollführen muss. Vor dem Coiffurenwettbewerb mehrerer Exzentriker geraten sämtliche Hände jedoch ins Zittern und Schlottern, als einer der ihren tot aufgefunden wird. Tragisch ist sein abscheulich hervorgerufenes Ableben – der Arme wurde skalpiert und seiner Kopfhaut samt Frisur beraubt -, doch eine Frage ist noch viel wichtiger, als die nach der Identität des Mörders: Wie soll die Show nun weitergehen?

Von Shampoo und Schikanen

Thomas Hardiman kreiert mit seinem Langfilmregiedebüt ein Werk, das aus vielerlei Hinsicht vor Ambitionen strotzt. Gar satirisch rechnet er mit der Modewelt ab und entblößt verdorbene Persönlichkeiten auf Kosten der eigenen Einfältigkeit. Anstatt den Verlust eines Kollegen zu betrauern, macht sich eine Stylistin eher Sorgen um eine Leiche und inwiefern dieser Zwischenfall ihre Karriere ausbremst, wenn nicht sogar permanent beschädigt. Währenddessen wütet eine andere Stylistin über den korrupten Organisator der Show und wird ihm gegenüber handgreiflich, fühlt sie sich doch benachteiligt in ihren Chancen, den Wettbewerb als selbsterklärte, wohlverdiente Siegerin zu verlassen.

Medusa Deluxe amüsiert sich inmitten seines eigenen Mikrokosmos, offenbart kindische Rivalitäten zu Umständen, deren furchtbares Hauptaugenmerk nicht die Relevanz zugeschrieben bekommt, welche sie verlangt. Das Verscheiden eines Individuums ist nicht weiter von Belang, eher kristallisiert es sich im Verständnis der Involvierten als der größte Störfaktor heraus. Arroganz und Selbstsucht spielen mit den Charakteren Seilspringen, die mehr als einmal auf die Nase fallen. Neu ist der Ansatz der Geschichte keineswegs, aber auf seine eigene Art belustigend.

Durch die Leistung eines einzigen Takes, der das Geschehen biographisiert, wirken die Figuren in ihrem unsympathischen Auftreten derart authentisch, dass die inhaltliche durch die handwerkliche Ambition ergänzt und bereichert wird. Hardiman beeindruckt mit seiner Inszenierung und eröffnet mittels toller Ausstattung in Form der hochwertigsten Werkzeuge und Gels ein lebhaftes Set, dessen Kern ein Mysterium beinhaltet und schleichend voranbringt, mit dem Verlauf der Erzählung aber wie das Image der Charaktere mehr Schein als Sein darstellt.

Leere Füllung und ausdruckslose Fetzen

Zwar sind nicht alle Figuren ignorante Egoisten, allerdings allesamt Plappermäuler. Über das zu erwartende Gerede bezüglich bestimmter Eigenarten der Anwesenden hinaus, werden Gerüchte und Vermutungen verbreitet, wer sich die Schuld eines Mordes hat zukommen lassen. Wo die Sticheleien anfänglich noch zu faszinieren wissen und zum Miträtseln einladen, weicht der bissige Ton hohlem Gossip-Talk ohne Bewandtnis. Bedauerlicherweise verliert Hardiman das Interesse an seinen Karikaturen und ersetzt die Kritik durch sich selbst zitierende Dialoge und eine unfokussierte Handlung.

Beispielsweise plädiert ein Model darauf, nach dem psychopathischen Auftritt ihrer Stylistin eine Pause zu nehmen. Schockiert sucht sie Schutz in der Gesellschaft anderer Models, welche auf Anhieb mit Klatsch und Tratsch eine Diskussion über die potenzielle Täterschaft von dieser und jener Person ohne Grundlage lamentieren – eine Szene, die deshalb so gut funktioniert, weil wir die Figuren in ihrem natürlichen Naturell kennenlernen. Danach hören sie aber auf sich zu entwickeln und laufen gelegentlich mal von einem Raum zum anderen, um sich abermals über die schickeste Frisur, den verpassten Erfolg oder verwunschene Träume zu unterhalten. Der Filmscheint zu Beginn komplex und vielschichtig, entpuppt sich aber als eintönig und ernüchternd.

Natürlich ist das die Pointe des Subjekts, doch ist sie als solche keine, für die man für mehr als anderthalb Stunden einer Vielzahl an Gesprächen lauschen muss. Die Aussage eines Szenarios dieses Metiers ist das erste, was dem Publikum klar wird. Dass das Drehbuch diese auf Dauer ausreizt, bricht mit der Begeisterung für die exploitativ eingeführten Hitzköpfe, die bald zu leeren Hüllen verkommen. Unterhaltsam bleibt ihr toxisches Schaffen trotz der Wiederholungserscheinungen wegen des Ensembles und der bravourösen Inszenierung durchaus, nur werden auf dem Weg zur enttäuschenden Auflösung zu viele Worte an einem Kontext vorbeigeführt, der wesentlich spannender sein könnte. Das ist das letztliche Problem: Für einen Film, der nicht viel zu sagen hat, ist Medusa Deluxe äußerst redselig.

MEDUSA DELUXE IST SEIT DEM 05. AUGUST 2023 BEI MUBI VERFÜGBAR

6.0
Punkte