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Drehbuch: Mamoru Oshii
Schnitt: Shuichi Kakesu
Kamera: Hisao Shirai
Darsteller*innen: Yoshikatsu Fujiki, Sumi Mutou
Land: Japan
OT: 人狼 JIN-ROH
Sprache: Japanisch
Länge: 1h42min
Genre: Science Fiction, Thriller, Drama, Animation
Aus derselben Feder, dessen Linien für vorige Wunderkinder der Animes wie Angel’s Egg gewellt worden sind, steht Jin-Roh: The Wolf Brigade mit seiner interessanten Storyline und dem Zuschuss der kreativen Köpfe hinter dem Film unter einem hellen Sternenhimmel. Mamoru Oshii, welcher sich als Regisseur mit dem Kultklassiker Ghost in the Shell einen Platz als einer der großartigsten Animekreateure aller Zeiten sicherte, schrieb basierend auf seiner eigenen Manga-Reihe, Kerberos Panzer Cop, eine alternative Timeline, in welcher Deutschland den Zweiten Weltkrieg gewann und ein von einem atomaren Anschlag demoliertes Nachkriegs-1950er-Japan als Setting dient.
Die Bevölkerung steht am Rande des Wahnsinns, politische und militärische Unsicherheit münden in kompromisslose Polizeibrutalität und die Wiederherstellung eines den Ansprüchen gerecht werdenden Lebensstandards stellen sich als nicht zu bewältigen geglaubt heraus. Während das im Jahre 2018 auf Netflix erschienene Remake mit dem Namen Illang: The Wolf Brigade seinen Ursprung für erstklassige Action mit einer Menge technischem Geschick sowie einer brillanten Optik, aber wenig Tiefgang benutzte, begutachtet man in Jin-Roh dazu einen Kontrast, der nicht kräftiger sein könnte.
Es handelt sich um wesentlich mehr, als eine gut aufgelegte Prämisse. Rein ästhetisch und intellektuell gesehen birgt der Film unter der Regie von Hiroyuki Okiura mehr Ansprüche als lauten Bombast und immerwährende Gewaltspitzen. Zwar hat man durchaus die Einbindung einiger Schusssequenzen oder Nahkämpfe zu genießen, doch der Fokus der Geschichte liegt auf der bodenlosen Abwärtsspirale des Protagonisten und der Welt, in der er lebt. Kazuki Fuse leidet nach einem missglückten Einsatz innerhalb seiner Antiterroreinheit unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, woraufhin er während seiner Rehabilitierungsphase in eine Fehde rivalisierender politischer Agenden verwickelt wird. Die gesamte Stimmung des Filmes distanziert sich von sämtlicher Hoffnung. Dreckig, düster und unvermeidbar. Visuell entfacht Jin-Roh nicht nur eine erschreckende, beklemmende Vision einer zerrütteten Realität, viele Szenen beweisen in Relation des Plots von ihrer Aufmachung her einen inhaltlichen Bezug. Die Konnektivität von Handlung und Audiovisualität ist bemerkenswert.
Dennoch ist Jin-Roh in seiner Metaphorisierung der Geschehnisse und Emotionalität schwer zugänglich und erst mit der bereitwilligen Investition in das Mindset dieses vor sich hindampfenden Organismus einer Dystopie wahrlich greifbar. Die stetige Auseinandersetzung mit der Sinnbildlichkeit in Form des bekannten Grimm-Märchens Rotkäppchen ist zuweilen sehr stark aufgetragen und jongliert dabei etwas mit der anfänglichen Frische dieser an sich äußerst innovativen Metapher, während die unterkühlte – wenn auch charismatische – Charakterzeichnung eine Verbindung, die über das Grundinteresse an dieser super spannenden Welt hinausgeht, mit etwas Aufwand seitens des Publikums belastet.
Auch die verworrene Erzählung verschiedener Aspekte und Themen des Filmes, die Involvierung einer bunten Truppe von Figuren und das Rekapitulieren bestimmter Storyelemente heben die Messlatte auf ein gewisses Aufmerksamkeitsniveau, das durch die schlagkräftige und nachhaltige Abfassung der Themen und atemberaubende Inszenierung jedoch eine tragfähige Konstante beibehält. Spannend, tiefgründig und bedächtig langsam ist Jin-Roh ein Werk, dessen Großartigkeit für die meisten erst mit mehreren Sichtungen gefestigt werden kann. Da der Film aber handwerklich derart versiert ist, die Dialoge stets bei der Sache bleiben und das komplette Konzept mit vielen tollen Momenten und Komplexitäten aufwartet, lohnt sich die Entscheidung, Jin-Roh mehrfach zu schauen. Dies ist ein Film, der potentiell an einem wächst.
7.0 Punkte
Dorian
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Die Leidenschaft Filme jeder Art in sich hinein zu pressen, entbrannte bei mir erst während meines 16. Lebensjahres. Seit diesem Zeitraum meines Daseins gebe ich jeder Bewegtbildcollage beim kleinsten Interesse eine Chance, seien es als Pflichtprogramm geltende Klassiker oder unentdeckte Indie-Perlen.