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Die junge Medizinstudentin Mary (Katharine Isabelle) hat Probleme, ihr Studium zu finanzieren. Und dann legen ihr die scheinbar vorbildlichen Professoren auch noch mehr als nur einen Stein in den Weg. Ein nächtliches „Bewerbungsgespräch” in einem Strip-Club bringt zwar nicht den erhofften Strip-Job, aber es ergibt sich eine neue Möglichkeit, an Geld zu kommen. Mary entdeckt die blutige Welt der Untergrund-Operationen und eine etwas andere Karriere voll extravaganter Patienten beginnt.
Regie: Jen Soska, Sylvia Soska
Drehbuch: Jen Soska, Sylvia Soska
Schnitt: Bruce MacKinnon
Kamera: Brian Pearson
Schauspieler*innen: Katharine Isabelle, Julia Maxwell, Antonio Cupo, Tristan Risk

Für viele ist es schon eine Unvorstellbarkeit, sich lediglich tätowieren oder piercen zu lassen. Seinem Körper etwas hinzuzufügen, was er nicht kennt – das ist Body Horror! Bekannteste Vertreter dieses Subgenres sind David Cronenbergs Die Fliege oder John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt. Beide Filme sind Klassiker, stammen aus den Achtzigern und sind durchzogen mit übernatürlichen Elementen. Die Regisseurinnen des 2012 erschienenen American Mary haben es sich wiederum zur Aufgabe gemacht, den Body Horror der Wirklichkeit zu portraitieren, weswegen sie sich der Body-Mod-Szene gewidmet haben.

Als der angehenden Chirurgin Mary durch ein Bewerbungsgespräch als Stripperin Türen zur Body-Mod-Szene geöffnet werden, ergreift sie recht zügig ihre Chance, ihrer Geldknappheit ein Ende zu bereiten. Nachdem sie kurz darauf von einem ihrer Vorgesetzten vergewaltigt wird, entschließt sie sich, Rache zu nehmen. Einige neue Möglichkeiten den Körper zu verändern, welche Mary durch ihre Tätigkeit als Body-Mod-Chirurgin erworben hat, finden natürlich auch auf ihrem Rachefeldzug Verwendung.

Während des Lesens der Synopsis wird bereits deutlich, dass sich Jen und Sylvia Soska nicht ganz im Klaren darüber waren, was genau sie eigentlich zeigen wollten. Einerseits hätte man da die Geschichte rund um den Aufstieg der Protagonistin in einem sehr umstrittenen Beruf, was an Filme wie Nightcrawler erinnert. Andererseits wird ein brutaler Rachethriller mit massig Gore in Aussicht gestellt, wodurch einem unweigerlich Bilder aus Filmen wie I Saw The Devil in den Kopf schießen. In vollem Ausmaß bekommt man allerdings weder den Aufstieg der Protagonistin noch ihre Rache an denen, die sie unterdrückten.

Leider flachen die einzelnen Versatzstücke aber auch im direkten Vergleich zu ähnlich verlaufenden Filmen ab. Obgleich Mary eine charismatische Figur darstellt, kauft man ihr ihre zügig voranschreitende Abhärtung und auch ihre Raffinesse selten vollkommen ab. Glücklicherweise gibt es immerhin die ein oder andere durchaus zu überzeugen wissende Gewaltspitze, wobei man selbst hier hätte mehr erwarten können. Selten sieht man tatsächliche Gewalt, meistens nur das Endprodukt dieser und dann auch noch in einer gar nicht mal so ekelerregenden Art und Weise, wie es möglich und vermutlich auch nötig gewesen wäre.

Im Gegensatz zu Louis Bloom aus Nightcrawler ist Mary nicht von vorneherein jemand, der – überspitzt gesagt – über Leichen geht. Weswegen sie diese Entwicklung durchmacht, ist ersichtlich und dennoch nicht gänzlich überzeugend. Katharine Isabelles Schauspiel ist zudem häufig einfach eine Spur zu cool, was nicht per se schlecht ist, jedoch hinsichtlich der Thematik des Films häufig unpassend erscheint. Der Rest des Casts liefert ebenfalls solide bis gute Darstellungen ab, obgleich die von ihnen dargestellten Figuren nur in den seltensten Momenten Tiefe zugeschrieben bekommen.

Die visuelle Gestaltung ist weder wirklich schlecht noch sonderlich gut gemacht. Im besten Fall werden erinnerungswürdige Bilder geschaffen, im schlechtesten ärgert man sich darüber, dass der Kameramann nicht einfach auf das Geschehen hält, statt es durch irgendwelche Körperteile oder dergleichen zu verdecken.

Jen und Sylvia Soska weisen zweifellos ein interessantes Konzept vor, welches in der Umsetzung allerdings bestenfalls als okay zu bezeichnen ist. Zu wenig macht American Mary besonders gut, zu unfokussiert wirkt das Drehbuch und die visuelle Gestaltung. Zugute halten muss man dem Film allerdings seinen dennoch ordentlichen Unterhaltungswert, die wirklich vielversprechende Prämisse und das im großen Ganzen gute Schauspiel, welches lediglich von der ein oder anderen unpassenden Regung in Mitleidenschaft gezogen wird. Ein geerdetes Meisterwerk aus dem Subgenre des Body Horrors war schon zu riechen… vielleicht war es aber doch nur das Mittagessen vom Vortag.

5.0
Punkte