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Arkansas, in den 1980er-Jahren: Der 7-jährige koreanisch-amerikanische Junge David zieht mit seinen Eltern und seiner älteren Schwester Anne von der Westküste in den ländlichen Süden der USA. Vater Jacob und Mutter Monica sind einst als verheiratetes Paar der besseren Zukunftsaussichten wegen aus der koreanischen Heimat in die Vereinigten Staaten immigriert. Jacob ist überzeugt davon, sich mit der Bewirtschaftung einer Farm eine neue Existenz für seine Familie aufbauen zu können. Er möchte das ungenutzte Land kultivieren, koreanisches Gemüse züchten und es an Immigrantenfamilien verkaufen…
Regie: Lee Isaac Chung
Drehbuch: Lee Isaac Chung
Schnitt: Harry Yoon
Kamera: Lachlan Milne
Schauspieler*innen: Steven Yeun, Han Yeri, Youn Yuh-jung, Will Patton, Alan Kim, Noel Kate Cho
Land: USA
Sprache: Koreanisch, Englisch
Länge: 1h55min
Genre: Drama
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Mit Stolz und Hoffnung betrachtet Jacob sein neues Anwesen, in dem er seine Zukunft, seine Freiheit sieht. Während er verzaubert auf die sattgrünen Gräser von Arkansas blickt, hat seine Frau Monica (Yeri Han) vor allem den lang gezogenen, zugegebenermaßen ziemlich hässlichen, beigefarbenen Trailer vor Augen, der der Familie zukünftig als Heim dienen soll. In der bedrohlich aufkeimenden Familiendynamik offenbart sich einer der zentralen Themen, die von Minari kritisch beäugt werden: Das Träumen. 

Denn Jacob ist nicht weniger als ein Mann mit Träumen. Seine Vision, mit der Farm im US-amerikanischen Süden finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen, ist so fest in seine Seele eingebrannt, dass er alles menschenmögliche dafür tut, sie zur Realität werden zu lassen. Ein Motiv, das in zahllosen Hollywood-Produktionen bereits Anwendung fand, und das meist in einer simpel gestrickten Geschichte mündet, in der der Erfolg des Träumers den großen Klimax darstellt. Doch Lee Isaac Chung denkt weiter. Denn je weiter Minari fortschreitet, desto mehr wird deutlich, wie besessen Jacob von seinem Traum wird. Er ist mehr und mehr vernarrt in den Schlagbegriff des Amerikanischen Traums, der immer wie eine Karotte vor seinem Eselsmaul schwebt und sein Blickfeld immer weiter verdeckt.

Während er seinen Kopf zunehmend zu seinen Pflanzen, dem Wassergrund seiner Farm und den Bewohnern der Gegend neigt, rückt seine Familie immer weiter in den Hintergrund. Er verliert aus den Augen, wofür er seinen Traum eigentlich ursprünglich geschaffen hat. Sein Traum belagert ihn und seine Vernunft und drängen das zur Seite, was eigentlich der Kern des Glücks, das er sucht, ist – Gemeinschaft, Familie und Geborgenheit. 

Stellvertretend für diesen Kern steht Jacobs Schwiegermutter, beispiellos herzlich verkörpert von Youn Yuh-jung, die nach einiger Zeit zu der Familie stößt. Mit ihrer sonderlichen Art bringt sie nicht nur überraschend viele auflockernd humoristische Szenen in den Film, die dem zunächst sehr ernsten Thema eine angenehme, Feel-Good-Leichtigkeit verleihen, sondern auch eine Art melancholisches Familiengefühl, das den Film einnimmt und dem Zuschauer immer wieder vor Augen führt, was Chung uns eigentlich sagen möchte.

Zudem steht die Großmutter für das nächste große Thema des Films. David, der kleine Sohn, trotz seiner koreanischen Wurzeln an der US-amerikanischen Westküste aufgewachsen, lehnt die fremd riechende, für ihn seltsam anmutende Frau zunächst ab. Sie sei gar keine richtige Großmutter, davon ist er überzeugt, sie würde ja nicht einmal Kuchen backen. Der Grund für seine Wahrnehmung ist einfach: In gewisser Weise ist David gefangen in den kulturellen Konventionen des Westens, sodass die schrullige Art seiner Oma geradezu befremdlich auf ihn wirkt. David steht stellvertretend für Einwanderer, die nach und nach die Kultur ihrer Heimat verlieren, während sie sich langsam in ihre neue Lebensart assimilieren.

Beide dieser großen Themen schließt Chung mit hochgradig zufrieden stellenden zwischenmenschlichen Szenen ab, zu keiner Zeit hat man das Gefühl, es würde etwas zu kurz kommen. Im Gegenteil, der Regisseur findet die perfekte Balance der vielschichtigen Themen, spielt mit Leichtigkeit und Gravitas, mit Freude und Verzweiflung. Das Gesamtpaket kommt einem Geniestreich gleich, wenn man zusätzlich noch die Inszenierung mit einbezieht.

Denn sowohl die Kamera von Lachlan Milne, das Color Grading im Schnitt und der berührende Score arbeiten zusammen, um ein sehr prägende Ausstrahlung zu erschaffen. Warme Farben, grasgrüne ländliche Umgebungen, Gesichter in der golden hour und ruhige Klänge erzeugen gemeinsam eine träumerische, melancholische Atmosphäre, die den Film thematisch unterstützt. Durch die Inszenierung wird jede Szene zu etwas Besonderem, etwas Schönem, etwas Inspirierendem.

Minari ist ein Film, der nahe geht, der einen mit seinen simplen Sequenzen und seiner oberflächlich simpel anmutenden Erzählung gut fühlen lässt, ohne die schweren, einprägsamen Szenen außer Acht zu lassen. Er bringt universelle, hochaktuelle Themen auf eine zutiefst menschliche Ebene und verdrahtet sie nahtlos miteinander. Minari ist melancholisches Feel-Good-Kino der Extraklasse, ein Film für jedermann, der – ähnlich wie die titelgebende Pflanze – überall wachsen und gedeihen kann.

8.5
Punkte