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Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch einer Stadt im ländlichen Nevada, durch den sie selbst alles verloren hat, packt die 60-jährige Fern ihr Hab und Gut in ihren weißen Van und macht sich auf den Weg, um als moderne Nomadin im Westen der USA ein Leben außerhalb der konventionellen Gesellschaft zu erkunden.
Regie: Chloé Zhao
Drehbuch: Chloé Zhao
Schnitt: Chloé Zhao
Kamera: Joshua James Richards
Schauspieler*innen: Frances McDormand
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 1h48min
Genre: Drama, Neo-Western
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Es hat etwas Faszinierendes an sich, Auszüge aus dem Leben von Menschen zu betrachten. Wie sie arbeiten, wie sie kommunizieren, wie sie lachen, leiden und trauern, wie sie Schwierigkeiten überkommen. All das ist bei jedem einzigartig. Menschen sind ein Faszinosum in ihrer Singularität. Auch Fern ist ein solches. Sie hat nahezu alles verloren: Ihren Job, ihr Haus – sogar ihren Ehemann. Die Konsequenz, die sie daraus zieht, ist ein Leben, das manche vorschnell mit dem simplen Wort Obdachlosigkeit abtun würden, mitsamt aller Konnotationen, die das Wort an sich hat. Dass das zu kurz gegriffen ist, zeigt Nomadland.

Nomadland ist ein Portrait einer besonderen Frau. Eine Frau, die viel durchlebt hat, der aber dennoch Stolz, Wagemut und Glück zugesprochen wird, ohne Melodrama-Hupen auszulösen und sie einer unentwegten Mitleidigkeit auszusetzen. Diese einzigartige Behandlung einer komplexen Protagonistin ist es, was Nomadland so besonders macht. Denn durch die fehlende Beurteilung erzeugt Zhao eine Nahbarkeit, eine Empathie, eine Ehrlichkeit, die ihresgleichen sucht. Frances McDormand verkörpert das mit einer geradezu betäubenden Präzision, die Stolz mit Einsamkeit und Verletzlichkeit verschmelzen lässt. Man fühlt jeden Gesichtsausdruck, jedes kleine Lächeln, jeden Monolog, jeden vielsagenden Blick in den Sonnenuntergang.

Da wundert es auch nicht, wenn man erfährt, das der große Teil der Nomads, der Menschen, die den einzigartigen Lebensstil von Fern teilen, von Laiendarstellern aus ähnlichen Lebensentwürfen dargestellt wird. Neben dem Ferns wird ihr Alltag wundervoll detailliert und urteilslos gezeichnet, bis ein Bild aus menschlicher Nähe, simpler warmen Gesten und ehrlichem Zusammenhalt entsteht. In diesem Sinne kann man Nomadland nicht nur als die sanfte Kapitalismuskritik und als ruhiges Porträt des Scheiterns des amerikanischen Traums sehen, sondern auch als simple, aber poetische Glorifizierung menschlicher Freiheit. 

Untermalt wird das von sanften Panoramen der trockenen, steinigen Umgebung dieses Teils der USA. Blaugraue, entsättigte Farben in einer Landschaft aus leblosem Stein – eine Visualisierung der Einsamkeit von Fern -, die immer wieder mit den beeindruckenden Farben der grenzenlosen Atmosphäre kontrastiert werden. Joshua James Richards vereint Trostlosigkeit mit Schönheit und sticht damit genau in die erzählerische Pfeilspitze des Skripts. Immer wieder werden die hohen Aufnahmen unterstützt von einzelnen, sich langsam und weich bewegenden Sequenzen, wie Fern durch eine Nomad-Gemeinschaft zieht. Durchzogen sind diese fast traumähnlichen Sequenzen von einem hypnotisierenden, anmutigen Score von Ludovico Einaudi. 

Man kann es herauslesen: Aus Nomadland ist ein Film geworden, der in aller Kälte ein unsagbar warmes Gefühl erzeugt. Respektvoll und emphatisch zieht Chloé Zhao den Zuschauer wie in einem Traum in die völlig eigene Welt der Nomads, um ohne inszenatorischer Opulenz ein Lebensgefühl zu erzeugen. Ein Gefühl, bei dem eine Introspektion automatisch mitschwingen wird. Wer so etwas schafft, der kann sich sicher sein, einen großartigen Film geschaffen zu haben.

Yarons Meinung: Inszenatorische Präzision, unterstützt von melancholisch wirkenden Landschaften, großartigem Schauspiel und berührender Musik – Nomadland ist Arthouse Cinema im besten Maße. Die Geschichte ist dabei zwar nichts super Besonderes, ganz im Gegenteil, sie ist aus dem Alltag gegriffen und deswegen vielleicht so anziehend. Wie ein schöner Traum, einfach durch eine leere Welt laufen – ganz allein. Nomadland ist dabei eine Eskapade des Menschlichen, schließlich sind wir alle nur Nomaden, die herumwandern und nach einer Bestimmung suchen. Mit Sicherheit ist der Film nicht perfekt, doch er gibt einem die Wertschätzung an den kleinen Dingen im Leben – eine Sache, die jeder von uns sich vor Augen führen sollte, genau so wie diesen Film.

8.0
Punkte

Daniels Wertung
8
Yarons Wertung
8