SynopsisCrewDetails
In der heruntergekommenen Grenzstadt Samurai Town wird der Bankräuber Hero (Nicolas Cage) vom wohlhabenden Gouverneur (Bill Moseley) aus dem Gefängnis geholt, weil dessen Adoptiv-Enkelin Bernice (Sofia Boutella) verschwunden ist. Der Gouverneur bietet dem Gefangenen seine Freiheit an, wenn er die Ausreißerin wiederfindet. In einen Lederanzug gekleidet, der mit zahlreichen Sprengsätzen ausgestattet ist, damit der Retter nicht auf falsche Gedanken kommt, und sich innerhalb von fünf Tagen selbst zerstört, macht sich der Namenlose auf die Suche nach der jungen Frau, in das sogenannte Ghostland, eine postapokalyptische Einöde, die das Samurai Town umgibt. Tatsächlich findet der Held Bernice schnell, doch kann er mit ihr entkommen, bevor ihn die Bewohner des Ghostland schnappen oder er in die Luft gejagt wird?
©: TMDB
Regie: Sion Sono
Drehbuch: Aaron Hendry, Reza Sixo Safai
Schnitt: Taylor Levy
Kamera: Sohei Tanikawa
Schauspieler*innen: Nicolas Cage, Sofia Boutella, Bill Moseley
Produktionsjahr: 2021
Land: USA, Japan
Sprache: Englisch, Chinesisch, Japanisch
Länge: 1h43min
Genre: Thriller, Action

Absurditäten heftigsten Ausmaßes

Nicht immer hält die verlockende Packung ein, was sie verspricht. Nicolas Cage und Sion Sono sind zwei Namen, die in Kombination ein Gespann abgeben, von dem man bis zu dieser Kollaboration gar nicht wusste, dass man es braucht. Und doch wurden die imaginären Gebete erhört und Prisoners of the Ghostland als ein Projekt umgesetzt, welches sich dem totalen Irrsinn verschrieben hat. Als eine abgedrehte Mixtur aus den verschiedensten Genres und Stilen ist in dieser Achterbahnfahrt alles dabei — Science-Fiction-Elemente türmen sich über ein dystopisches Neo-Western-Setting und werden mit eleganten Action-Einlagen und den biedersten Einfällen aus dem Kopf des gefeierten Love Exposure-Regisseures garniert. Ja, komplette kreative Freiheit ist bei diesem Mann gleichbedeutend mit komplettem Wahnsinn. Deswegen ist am Ende doch bei all dem mit einem Meißel eingehämmerten Quatsch, bei all den vor Perversitäten überlaufenden Ideen und bei aller konsequenten Absonderheit verwunderlich, wie ernüchternd das Produkt all dieser Komponenten ist.

Eine Heldengeschichte im rhetorischen Sinne — damit befasst sich die Storyline letzten Endes. Bizarr ist die Attitüde des gewählten Retters, zumindest in Anbetracht seiner auferlegten Rolle und der einleitenden Szene, in der wir ihn kennenlernen. Brankraub ist sein Metier, der Name nicht von Belang. Sion Sono bedient sich am beliebten Muster des mysteriösen, harten und unpässlichen Protagonisten, dessen Biographie durch eine gute Tat ihre längst überfällige Wendung erfahren soll. Das Klischee des stillen Recken ist an sich sehr vergebend und umgänglich — somit ideal, um sich von der Substanz zu entfernen und sich lieber dem Stil zu widmen. Bei einer solchen Optik macht sich dies auf jeden Fall bezahlt. Allein die Vorstellung eines staubigen Saloons inmitten einer kulturell verblendeten Samurai-Stadt lässt Interessenten von originellen Genre-Mixes innerlich platzen vor Freude. Dreck und Blüten erzeugen einen ästhetischen Wirbel, durch den das aufgeregte Volk über die Ankunft des hiesigen Herrschers entzückt tanzt. Eine Gestalt, die von ihrer Montur in dem als sein Territorium gepachtetes Szenario nicht befremdlicher dastehen könnte.

Die wilden Gegensätze vor der Kamera sind ein Fest für die Augen. Versatzstücke sondergleichen, deren Aufzählung sich wie der Anfang eines Witzes liest: Man findet die Unberechenbarkeit eines koreanischen Thrillers, die manieristischen Eskapaden von Mad Max und ein fundamentales Spannungselement aus Die Klapperschlange und schon stehen die Tore außerhalb der Norm offen. Die hier gezeigte Welt ist, in einem Wort ausgedrückt, verrückt. Wie in einem Theaterstück prangt das extraordinäre Bühnenbild vor der durch sie hindurch fahrenden Kamera und suhlt sich regelrecht in seiner Eigensinnigkeit. Rein vom erwünschten Grad der Individualität schlägt Prisoners of the Ghostland jeden sonstigen Film des Jahres mit Leichtigkeit. Aber trotzdem tut sich eine enttäuschende Diskrepanz anhand der Handlung und vorerst gelobten Visualität auf.

Bröckelnde Illusionen

Sion Sono wollte das absurde Meisterwerk zu sehr, welches mit den verfügbaren Mitteln sicherlich möglich gewesen wäre. Dabei verstellt sich der Fokus und weicht vom Wesentlichen ab. Die Abfolge der Szenen hat weder Hand noch Fuß und erinnert in seiner mangelnden Konnektivität an Sonos Suicide Club. Resultierend daraus ergibt sich eine tragische Begleiterscheinung: Das Universum verliert an Glaubwürdigkeit. So toll die spektakulären, mit Mühe designten Sets auch anzuschauen sind, scheint es dauerhaft so, als wäre man kurz davor, aus der Perspektive zu springen und nichts außerhalb des Rahmens vorzufinden. Komprimiert sind die etwaigen Szenerien, umso komprimierter ist der Schein einer reellen Welt, durch die man sich hier bewegt.

Wenn die Illusion fällt, reguliert sich gleichzeitig die angepeilte Ausgefallenheit. Der Cast spielt super in selbige hinein und die Figuren sind kurios und charismatisch genug, um besagte Illusion mit ihrer gesamten Kraft aufrechtzuerhalten. Gerade die Action-Sequenzen sind – wenn auch überraschend blutleer – wunderbar choreographiert sowie flüssig eingefangen und das Finale des Filmes gibt sich ebenfalls nach dem phlegmatischen Aufbau nochmal besonders episch. Der erwartete Unterhaltungs- und Trashfaktor ist definitiv gegeben und auch die eindrucksvollen Bauten haben eine audiovisuelle Ausdrucksstärke. Von einer richtigen Mogelpackung lässt sich bei diesem Werk nicht sprechen. Dennoch bleibt die Frage perplex: Wenn ein Film wie Prisoners of the Ghostland derart beeindruckend produziert ist, das Team hinter der Fassade so vielversprechend daherkommt und die Welt so gewaltig auftritt, wieso fühlt sich der Aufenthalt darin so klein und unbedeutend an?

6.0
Punkte