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Das junge Ehepaar David und Amy Sumner zieht in ein kleines Haus unweit von Amys Heimatdorf, irgendwo im tiefen Süden der Vereinigten Staaten. Schnell finden sie Kontakt zu den Dorfbewohnern. Doch die anfängliche Nachbarschaftshilfe schlägt nach und nach in offene Feindseligkeit um. Als der rational veranlagte David den geistig zurückgebliebenen Niles bei sich aufnimmt, hinter dem nach einem von diesem im Affekt begangenen Mord der Mob her ist, kommt es zur finalen Konfrontation…
Regie: Sam Peckinpah
Drehbuch: David Zelag Goodman, Rod Lurie
Kamera: John Coquillon
Schnitt: Roger Spottiswoode, Tony Lawson, Phil Thomas
DarstellerInnen: Dustin Hoffman, Susan George, Peter Vaughan
Land: USA
OT: Straw Dogs
Sprache: Englisch
Länge: 2h3min
Genre: Thriller, Crime, Drama
BluRay

Die Verwunderung darüber, dass Sam Peckinpahs Psychothriller aus dem Jahre 1971 kurz nach seiner Veröffentlichung unter sämtlichen Kritikern und Studios Massenhysterie ausgelöst hat, ist im Vorhinein ohne irgendeinen Deut Vorwissen möglicherweise ziemlich groß. Man könnte sich fragen, was letztendlich so furchtbar an dieser auf den ersten Blick recht unscheinbaren Geschichte sein kann, dass sich die Industrie über eine unbeeinflusste Vermarktung stritt. Im Nachhinein sieht das ganze dann schon etwas anders aus. Obwohl der Film inzwischen vollkommen ungeschnitten und unbearbeitet für das Heimkino erhältlich ist, heißt es nicht, das Gezeigte sei weniger schwierig zu begutachten geschweige denn zu verarbeiten. Denn Straw Dogs – Wer Gewalt sät war damals schon und ist heute nach wie vor in der Tat kein Thriller der konventionellen Vorgehensweise.

Dabei lässt einen der Film anfangs sogar noch einigermaßen ruhen, wenn auch nicht gerade auf subtile Weise. Denn zu ruhen bedeutet nicht automatisch auch wirklich still zu sein. Der Aufbau von Straw Dogs kommt ohne physische oder anfallende Höhepunkte daher, gibt sich von seinem Naturell aber als unfassbar passiv-agressiv. Weder entspinnt sich eine merkliche Rachestory typischer Wucht, noch lässt sich die Entwicklung des Plots durch einen greifbaren Stil erahnen. Peckinpah erschafft in erster Linie eine räudige Umgebung, in der man sich nicht gern wiederfindet. Die intime Enge der kleinen Gemeinde fungiert hierbei einerseits als stickige Location und andererseits als eigener Organismus selbst. Denn so simpel die Story an sich auch ist, umso komplexer ist die Inszenierung und Charakterentwicklung des Protagonisten.

David Sumner, überragend verkörpert von Dustin Hoffman, ist eine Figur, die mit dem Lauf der Zeit immer unheimlicher wird. Fängt er als pazifistisch geleiteter Akademiker in seiner neuen Residenz an, verwandelt sein Umfeld ihn mit ihren Taten und Worten zu etwas anderem. Straw Dogs befasst sich explizit mit Themen wie Männlichkeit, dem Eheleben, das Aufgenommenwerden in einem fremden Umfeld und insbesondere den Charakteristiken von Gewalt. Eine solche Thematik könnte auch ganz schnell in die Glorifizierung von eigens ausgeübten Gewaltakten abdriften, was Straw Dogs auch von Vornherein vorgeworfen wurde und teilweise immer noch wird. Ist Straw Dogs also jetzt eine unbeherrschte Konterreaktion gegen seinen eigenen Inhalt oder doch ein missverstandenes Meisterwerk?

Das eine lässt sich vom anderen nicht vollends ausschließen und durchaus Potenzial für Diskussionen offen. Betrachtet man die Symbolik und Bildsprache des Konflikts, steckt in ihm aber nicht unbedingt eine gewaltverherrlichende Ader, sondern viel mehr eine experimentelle Untersuchung dessen, wie Gewalt funktioniert. Es dringt wie ein Virus in seinen Wirt ein, nagt an seiner biochemischen Struktur und verändert sein Denken und Handeln. Ein sich einpendelnder Mechanismus, der sobald akzeptiert und beherrscht zur ultimativen Waffe wird. Dabei führt der Film eine sehr direkte Illustration der Thematik an den Tag, bewahrt aber gleichzeitig die nötige Distanz. Die Kamera bleibt der parteilose Beobachter, der gezwungen wird hinzusehen. Denn Gewalt in welcher Intensität auch immer ist ein verankerter Instinkt des Menschen und lässt sich nicht einfach abschalten.

Durch die vielschichtig inszenierte Auseinandersetzung mit seiner Thematik und authentisches bis fast schon meisterhafte Schauspiel erzeugt Straw Dogs ein Klima höchster Spannung und tiefster Faszination. Gerade letzteres resultiert daraus, dass er stets mit den Erwartungen des Zuschauers spielt und total unberechenbar ist. Sam Peckinpah erschuf einen Psychothriller, welcher nichts beschönigt und vor keinem grausamen Bild zurückschreckt. Gekonnt und unglaublich bedrückend fordert er vielmehr Respekt vom Publikum, als wahrlich gemocht oder verstanden zu werden. Und dies macht ihn schlichtweg zeitlos. Ein Erlebnis, welches man nicht so leicht vergisst.

9.0
Punkte