SynopsisCrewDetailsVerfügbarkeit
Leutnant John Dunbar lässt sich im Jahr 1863 an einen verlassenen Außenposten im Westen versetzen. Dort freundet er sich mit einem Wolf an, der vor seiner Hütte herumstreunt, und trifft auf den Sioux-Indianer “Strampelnder Vogel”…
Regie: Kevin Costner
Drehbuch: Michael Blake
Schnitt: William Hoy, Neil Travis, Steve Potter, Chip Masamitsu
DarstellerInnen: Kevin Costner, Mary McDonnell, Graham Greene, Rodney A. Grant
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 3h1min
Genre: Western

Die unendliche Weite der Prärie. Stille Einsamkeit unter Gräsern, durchbrochen nur von riesigen Büffelherden. Und von einer Kultur, die bis zu den 90er Jahren missverstandener kaum sein könnte.

Nur selten fühlen sich vier Stunden so kurz an wie bei der Entführung, die Kevin Costner mit uns in Der mit dem Wolf tanzt unternimmt. Paradoxerweise ist diese dennoch überraschend langsam erzählt. Er führt uns zu Beginn fast schon meditativ mit geruhsamen Naturaufnahmen und kontemplativen Monologen in das amerikanische Grenzland wie man es sonst kaum erleben kann. In der ersten Spielfilmlänge, die in Der mit dem Wolf tanzt verstreicht, passiert eigentlich so gut wie nichts, doch öffnet uns Costner mit seiner Inszenierung eine Tür in Johns Innenleben und in die Umgebung, die etabliert werden soll.

Im nächsten Teil offenbart sich dann, warum ich Der mit dem Wolf tanzt wie viele andere auch für einen großartigen Film halte. Seit jeher waren die indigenen Völker als Verlierer in den Geschichtsbüchern in Western-Filmen entweder unterrepräsentiert oder grausig antagonistisch verkommen dargestellt. Selbst gefeierte Publikumslieblinge wie Stagecoach waren nicht zu mehr in der Lage als Indigene als gesichtsloses Übel zu inszenieren. Costner macht es anders. Anstatt bekannte und fremde Kultur als unvereinbar zu besetzen, propagiert er gegenseitige interkulturelle Bereicherung, Gleichheit und Unvoreingenommenheit. Ohne die großen Hürden, die dem entgegenstehen zu verschweigen, inszeniert er damit bahnbrechendes. Und sind wir ehrlich: Wollten wir uns nicht früher nicht immer lieber als Indianer denn als Cowboys verkleiden? Ist die Beleuchtung Kultur der Indianer nicht weitaus interessanter als eine weitere Durchschau von Wild-West-Stereotypen? 

Gezeigt wird das Sioux-Dorf und seine Gemeinschaft dabei einfühlsam und einladend. Man merkt, wie ehrlich es die Produzenten meinten, alleine, dass über 250 amerikanisch-indianische Schauspieler engagiert wurden, zeugt von dem Willen, all dem endlich gerecht zu werden. Und wie Leutnant Dunbar auch fühlen wir uns nach kurzer Zeit im Sioux-Dorf zuhause. Haben das Gefühl, die Menschen dort kennenzulernen und uns zugehörig zu fühlen. Eine Errungenschaft.

Durch diesen großartigen Aufbau und Mittelteil erhält dann selbst der Spannungshöhepunkt und der letzte Konflikt einen bemerkenswerten emotionalen Impact. Und das obwohl beides nicht gerade vor Einfallsreichtum strotzt. Im Gegenteil: Was sowohl Handlung als auch Kinematographie und Schnitt angeht, bleibt Der mit dem Wolf tanzt eigentlich sehr konservativ. Experimente lässt er völlig weg. Doch das muss nicht per se etwas schlechtes sein: Costner weiß um das, was er erzählen möchte. Er inszeniert seine Geschichte über kulturelle Transformation und Naturverbundenheit simpel, aber symbolisch dicht. Seine Art, diesen Film zu produzieren, ist richtig für das, was er erreichen möchte. 

Einzig enttäuschend sind für mich die letzten zwanzig Minuten. Wo mich der Film bis dorthin thematisch durchweg positiv gestimmt hat, fühlt es sich dann so an, als würde Autor Michael Blake mit einer recht lahmen Ausrede geradezu revisionistisch im Hinblick auf den eigenen Film wirken wollen. Vielleicht lese ich das aber auch einfach falsch. So wie bei dem aggressiven Pawnee-Stamm, dessen Kultur und dessen Menschen leider nichts von der empathischen Rücksicht abbekommen haben wie die der im Fokus stehenden Sioux.

Obgleich man Der mit dem Wolf tanzt an der konservativen Inszenierung und dem aus heutiger Sicht überraschungsarmen Drehbuch die Hollywood-Herkunft anmerkt, ist es doch eine einmalige, epochale und bahnbrechende Erfahrung, die Costner einem hier auftischt. Sie ist lang (zweifellos länger als nötig) und bedächtig – aber niemals schleppend. Einer meiner Lieblingswestern – und Kevin Costners Regiedebüt.

Wenn ihr euch übrigens fragt, ob ihr zur Kino-Version (3h Länge) oder zur überarbeiteten Extended Edition (4h Länge) greifen sollt, hier ein Tipp: Die zusätzlichen Szenen der Extended Edition sind nicht essenziell für Der mit dem Wolf tanzt. Sie addieren nur kleinere Sequenzen, die der Charakterisierung der Indianer und der atmosphärischen Gestaltung des Grenzlandes dienen. Wer das nicht per se braucht, kann bedenkenlos zur Kino-Version greifen. Westernliebhaber und Fans langer Epen machen mit der Extended Edition aber natürlich nichts falsch.

9.0
Punkte