SynopsisCrewDetails
Halloween, die Nacht des Teufels. Der junge Rockgitarrist Eric Draven und seine Verlobte werden in ihrer Wohnung von einer Street-Gang überfallen und brutal ermordet. Ein Jahr danach erweckt eine magische Krähe den toten Eric wieder zum Leben. Unverwundbar und ausgestattet mit übernatürlichen Kräften, nimmt er unnachsichtig Rache an den Bandenmitgliedern und ihrem Auftraggeber.
© TMDB
Regie: Alex Proyas
Drehbuch: David J. Schow, John Shirley
Schnitt: Dov Hoenig, M. Scott Smith
Kamera: Dariusz Wolski
Schauspieler*innen: Brandon Lee, Rochelle Davis, Ernie Hudson, Michael Wincott
Produktionsjahr: 1994
Land: USA, England
Sprache: Englisch
Länge: 1h42min
Genre: Action, Thriller, Fantasy

Legenden zufolge gibt es Seelen, die so von Hass und Schmerz erfüllt sind, dass sie nicht zur Ruhe finden. Das Ableben einer geliebten Person negiert die Relevanz des eigenen Verscheidens, eine unbezahlte Rechnung auf dem Tresen des Todes wirkt wie ein Defibrillator, der einen aus dem Jenseits zurückholt. Eric Draven (Brandon Lee) ist eine dieser Seelen, sein Schuldschein soll in Blut getränkt werden – allerdings nicht sein eigenes. Ein Jahr nachdem er und seine Verlobte überfallen und schließlich ermordet werden, erhebt sich plötzlich ein sehr lebendiger Eric aus seinem Grab, um Vergeltung zu üben. Er legt den Hebel um; ein unschuldiges Opfer entwickelt sich durch Jähzorn zum Täter.

Jenseits von Gut und Böse

Ohne großen Aufbau wird die Prämisse ins Rollen gebracht und dreht ihre Runden danach bis zum Ende durch. Weder wird das Zusammensein der sich Liebenden ergründet, noch die Hintergründe oder Motivationen der kriminellen Gang, die ihren Tod hervorruft. Anstatt expositorischen Kontext zu bieten, lernt man den Protagonisten erst nach seiner unheiligen Wiederauferstehung kennen. Als Racheengel aus der Unterwelt zurückgesandt, spürt er den ersten Peiniger binnen weniger Minuten auf und foltert diesen mit diversen Messerhieben. Einzig die Frage, ob er sich erinnere, lässt erkennen, dass die beiden Männer eine Vergangenheit teilen.

Erzählerisch wird die Story somit simpel gehalten und pokert auf ein hohes Tempo, da sich der Kontext ohnehin im Laufe der Handlung von selbst erschließt. Lediglich vereinzelt eingestreute Rückblenden referenzieren die vergoltene Biographie, welcher eine bestialische Komponente hinzugefügt wird. So rasch und hart das Ganze vonstattengeht, ist es aber auch genauso kurzlebig. Von tragenden Emotionen ist diese Rachegeschichte nicht durchzogen, gerade dort fehlt dann einfach der einschlägige Einblick in das beendete Leben, dem sich niemals genähert wird.

Doch das ist irgendwo auch der Punkt, alles in The Crow wendet sich vom Lebendigen ab. Die Hauptfigur geht es nicht darum, einen verlorenen Staus Quo zurückzugewinnen. Sie weiß, dass sie das nicht kann. Vielmehr ist das Ziel, andere Standards unter den eigenen zu dezimieren. Als Untoter muss Draven dafür logischerweise tief in die Tasche greifen, denn was ist schon schlimmer als der Tod? Bei jeder Konfrontation beweist er Dominanz, verängstigt seine Feinde mit dem Versprechen, nicht besiegt werden zu können. Dass dies auch der Wahrheit entspricht, merken sie spätestens dann, wenn klaffende Schusswunden wie von Geisterhand aufhören zu bluten, sich wieder schließen und der robuste Rächer aufsteht, als habe lediglich der Wecker geklingelt. Seine Intentionen sind monströs und primitiv, als Konzept hinterlässt dieses Werk somit keinen starken Eindruck. Als Erzählung ist diese gebündelte Einfachheit aber ebenso roh wie effektiv.

Die Hölle auf Erden

Dravens rünstigem Treiben sind in der Hinsicht keine Ketten angelegt, seine Wut wirkt wie aus einer Vene generiert, die aus dem Umfeld direkt in sein Herz führt. Er entfesselt einen Feldzug, den man dem verkommenen Großstadtleben des Ambientes kaum anmerkt. Tagtäglich tun Menschen sich hier Unvorstellbares an, eine Blutlache in dieser Gasse oder ein lebloser Körper in der Mülltonne am Ende der Straße verwundert niemanden mehr. Letzten Endes ist die Gesellschaft in diesem Rabennest dermaßen verkommen, dass sogar Gott seine Augen abgewandt hat. Also hat der Teufel freie Fahrt.

Die Sets sind düster, dreckig und infektiös unangenehm. Sogar die spärlich eingesetzten Lichtquellen scheinen die Räumlichkeiten nur noch mehr abzudunkeln. Wenn selbst ein Schlafzimmer wie ein satanischer Altarraum gestaltet ist, ist die Saite gestimmt. Die Atmosphäre erstreckt sich wie ein riesiger Schatten und konsumiert alles innerhalb ihres Durchmessers. Auch die Action hat es in sich, wenn sich der Protagonist durch zahllose Fieslinge schlachtet und alles an Requisite zerstört, was zur Verfügung steht. Kein Ausgang am Ende des Tunnels wird symbolisiert, nicht einmal eine verquere Genugtuung wird angedeutet. Bereits beendete Leben können schlichtweg nicht mehr gerettet werden. Ebenfalls dies ist dem Protagonisten klar, doch wenn um ihn herum das Feuer schon lodert, kann er es auch genauso gut mit Benzin füttern.

Pessimismus zeichnet das Leitbild von The Crow, ein Film, der einem gar nicht erst vorgaukelt, auf einer Art der versöhnlichen Note zu landen. Derartig hasserfüllt und intensiv sind selbst die wenigsten der brutalen Rachefilme. Mit seinen paranormalen Elementen, der schieren Bildgewalt sowie der fokussierten Ausdrucksstärke von Brandon Lee ist dieses Werk die leibhaftige Verkörperung eines zum Leben erwachten Comics, dessen unorthodoxer Held eben nicht vorgibt, einer zu sein. In dieser Welt existieren keine Heiligen, sondern nur Sünder.

8.0
Punkte