Drehbuch: Stephen King, Cary Joji Fukunaga, Gary Dauberman, Chase Palmer
Schnitt: Jason Ballantine
Kamera: Jeong Jeong-hun
DarstellerInnen: Jaeden Martell, Jeremy Ray Taylor, Sophia Lillis, Finn Wolfhard, Chosen Jacobs, Jack Dylan Grazer, Wyatt Oleff, Bill Skarsgård
Sprache: Englisch
Länge: 2h15min
Genre: Horror
Bei einem Kosenamen wie “The Master of Horror” schreiben sich die Verträge für eine filmische Umsetzung praktisch schon von alleine. Träger besagten Titels und Buchautor Stephen King erlangte durch sein frühes Schaffen als Horrorschreiber Kultstatus und ist durch eben jene inzwischen auch vehement in der Filmbranche gefragt. Immer mehr seiner Werke werden auf die große Leinwand gebracht und bilden wie andere, sich weiterführende Universen beinahe schon ein eigenes, regelmäßig fortlaufendes Franchise. Die wertbeständigste und populärste Filmadaption bleibt wohl Stanley Kubricks The Shining, von dem King selbst ironischerweise und gelinde ausgedrückt kein allzu begeisterter Fan gewesen ist. Des Weiteren bewanderten bereits Filme wie der 1976er-Carrie, Christine oder Die Verurteilten den Bildschirm, welche heute als Klassiker ihrer Zeit gelten. Dennoch repräsentiert das Autorensiegel Kings trotz seines hohen Prestigewerts nicht ausnahmslos ein Qualitätsversprechen. Seien es beispielsweise die Neuverfilmung Friedhof der Kuscheltiere aus dem Jahre 2019 oder der furchtbar in Verriss geratene Schock von Der Dunkle Turm, manche Vertreter seiner Bibliographie-zu-Filmographie schlagen beim Publikum auf hartes Granit.
Einer, der von der Misere seiner Kollegen aber verschont geblieben ist, markiert den bis dato kommerziell erfolgreichsten Horrorfilm in der Geschichte: Es. Basierend auf einem Kings bedeutendster Bücher führte Regisseur Andy Muschietti, den man zuvor nur mit Mama im Regiestuhl und mit Drehbuchfeder zwischen den Fingern gesehen hat, die Kleinstadt Derry nach einer bereits geschehenen Umsetzung in Form einer Miniserie aus dem Jahre 1990 erneut in den visualisierten Terror. Die Hypewelle um diesen Film war schon auf Ankündigung immens und spätestens als erste Schlagzeilen darüber eintrafen, zahlreiche Erwachsene hätten schon bei der Sichtung des Trailers vor Furcht und Schrecken das Weite gesucht, wurde die gesamte Horrorfraktion hellhörig. Die Geschichte um eine Gruppe von Kindern und ihrer Probleme sowie deren Konfrontation mit dem bösartigen Clown und dessen Unwesen in der näheren Umgebung ist ebenso bekannt, wie genial. Inwiefern schaffte es Muschietti jedoch einem über tausend Seiten schwerem Buch – mit Aussicht auf eine Fortsetzung – gerecht zu werden?
Wie von einem Film seines Kalibers zu erwarten stellt er in den ersten zehn Minuten klar, mit wem man es zu tun hat. Die Einführung des Antagonisten sendet einem einen Schauer über den Rücken, von dem man sich gar nicht erst erholen soll. Damit ist man auch direkt beim Star des Filmes angekommen: Bill Skårsgard (Atomic Blonde, The Devil All the Time) als Pennywise, der tanzende Clown. Unberechenbar und einen glauben machend, er habe den Wahnsinn aus erster Hand persönlich erfunden, spielt er hoch auf und dient als Zugpferd des kompletten Grusels, der seine Opfer und den Zuschauer befällt. Was nicht heißen soll, dass er die einzig sehenswerte Performance abliefert. Auch das aus Jungdarstellern bestehende Ensemble um den sogenannten “Club der Verlierer” trumpft mit fantastischen Leistungen auf und verleiht dem Film einen grundlegenden Aspekt, den auch seine Buchvorlage ausmacht, nämlich die Gruppendynamik der Kids und ihre inneren sowie äußeren Dämonen.
Dass Es der gruseligste Film überhaupt ist, lässt sich an der Stelle nicht unbedingt behaupten. Allgemein würde ich ihn als überragend gemachten Mainstream-Horrorfilm bezeichnen, aber eben auch als einen, wie guter Mainstream-Horror aussehen kann. Er benutzt seinen Horror als Schablone zur Erzählung einer wesentlich tiefergehenden Story. Und darin liegt die größte Stärke von Es. Die Vielschichtigkeit der Inszenierung trägt sich über den genretypischen Standard hinaus. Ohne dabei den Fokus auf die furchtbaren Wurzeln seines Antriebs zu verlieren, bekommen die Charaktere genug Luft zum Atmen und sich zu erweitern. Gleichbedeutend mit dem auf der Oberfläche vorliegenden Horror bekommt man ein mit Bedacht erzähltes Coming-of-Age-Drama, welches in seinem Subgenre fast schon seinesgleichen sucht. Viele Momente gehen so auch substanziell richtig unter die Haut und erzeugen nochmal ein andere Art von Gänsehaut.
So intensiv wie benannte Gruppendynamik wird der eigentliche Horror aber nie. An der Horrorfront hätte Es noch härter ausfallen können, als es insbesondere bei den scharfen Verheißungen zu Beginn der ersten Ausschnitte, mit denen der Film stark promoviert wurde, gewissermaßen schon versprochen worden ist. Leichte Kost ist er zwar nicht, aber auch kein markerweichender Schocker. Es wird ein allgemein solider Standard mit einigen nicht wirklich überraschenden aber gut platzierten Jumpscares gesetzt. Die rauchige Atmosphäre des Ambientes und Skårsgards Darbietung geben dem Ganzen einen enormen Aufschwung, der ultimative Tiefschlag wird aber nicht gewagt. Ein wirklich hohes Niveau setzt dafür die technische Umsetzung, denn diese ist in allen Belangen einwandfrei. Die grandiose Optik überzeugt mit schönen Einstellungen sowie Kamerafahrten, kryptischen Bildern und (wenn es gerade nicht handgemacht ist) guten Special-Effects. Hinzu kommt ein eindringlicher, das Geschehen untermalender Score. Dabei spielen Optik und Akkustik der herrschenden Stimmung ideal in die Karten.
Als Inbegriff des modernen Horrorfilms hat Es eine Menge zu bieten. Eine tolle Atmosphäre, ein fantastisches Handwerk, spannendes Pacing und einen ikonischen Bösewicht. Dabei fällt der wahre Horror ironischerweise etwas ab, schaden tut ihm das aber nur minimal. Dafür verbindet das Gesamtpaket wiederum zu viel Gutes und offenbart eine feinfühlige Story mit gut ausgearbeiteten Charakteren, mehr als ansehnlichen Performances und einem besonders intensiven Finale, das ein für sowohl Nichtkenner als auch Liebhaber der Buchvorlage zufriedenstellendes Filmerlebnis abrundet.