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Zu Beginn seines neuen Abenteuers ist Dom Toretto abgetaucht und genießt mit Letty und seinem Sohn Brian das ruhige Leben auf dem Land. Doch Dom und Letty wissen sehr genau: Ihr friedliches Idyll ist ständig in Gefahr. Diesmal ist Dom durch eine neue Bedrohung gezwungen, sich seiner Vergangenheit zu stellen, wenn er die Menschen, die er am meisten liebt, beschützen will. Und so bringt er noch einmal seine Crew zusammen, um eine weltweite, extrem gefährliche Verschwörung zu stoppen, deren Anführer der skrupelloseste Auftragskiller ist, dem sie bisher begegnet sind. Und das ist noch nicht alles: Es handelt sich dabei um Doms verloren geglaubten Bruder Jakob.
Regie: Justin Lin
Drehbuch: Justin Lin, Daniel Casey, Alfredo Botello
Schnitt: Kelly Matsumoto, Greg D’Auria, Dylan Highsmith
Kamera: Stephen F. Windon
Darsteller*innen: Vin Diesel, John Cena, Michelle Rodriguez, Jordana Brewster, Tyrese Gibson
OT: F9
Jahr: 2021
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 2h25min
Genre: Action, Crime, Thriller

Ab wann wird brennende Leidenschaft zu grobem Narzissmus? Es gibt sich selbst repräsentierende Filme wie Birdman, Franchises wie Fluch der Karibik und Universen wie das MCU, welche sich ihren Größenwahn redlich verdient haben. Bei der epischen Bandbreite der – ob es einem gefällt oder nicht – legendären Fast & Furious-Reihe ist sich die stolze Fanbase bereits länger nicht mehr sicher, ob man nach wie vor erfreut oder inzwischen besorgt sein sollte. Wodurch rechtfertigt eine Prämisse wie diese eigentlich eine Fortsetzung? Es sind Leute, die Auto fahren. Mehr nicht. Der Zwiespalt dieses Franchises ist seit seiner ersten Tage immens und rumort auch hinter den Kulissen mit der einen oder anderen Kontroverse um sich. Trotz sämtlicher Umstände steht ein Fakt wie ein Fels in der Brandung: Beendet ist dieses Rennen noch lange nicht.

Mit der Aufsicht auf zwei weitere Fortsetzungen startet Fast & Furious 9 wie es seiner Bestimmung entspricht auf Hochtouren und verspricht schon früh genau die Komparative, die man von Fast & Furious erwarten möchte: Lauter, größer und unlogischer. Die von der Reihe verwendeten Variablen der Gleichung bleiben immer dieselben und dennoch ist jeder Fast & Furious noch mehr Fast & Furious als der vorige. Ob das gut oder schlecht ist, sei mal dahingestellt. Nichtsdestotrotz hält F9 das, was er verspricht und zeigt erneut, dass wenige Filmreihen sich selbst derart treu bleiben, wie diese. Diese Filme haben den Drang zu Veränderungen längst hinter sich gelassen und leben in ihrer eigenen Blase, welche unmöglich zum Platzen gebracht werden kann. Dass Stärken dabei Stärken und Schwächen Schwächen bleiben, hilft den Stärken jedoch nicht mehr den Schwächen entgegen zu wirken.

Angefangen bei dem Kopf der Bande, ohne den dieses Franchise wahrscheinlich schon längst das Zeitliche gesegnet hätte: Vin Diesel und sein alter Ego Dominic Toretto. Oder ist es doch umgekehrt? Es ist mittlerweile wirklich schwer zu differenzieren, in welcher Form Vin Diesel als Schauspieler noch wahres, schauspielerisches Talent aufweist. Seinen Charakter spielt er durchaus so, dass man ihm auch die emotionalen Höhepunkte abkaufen will, doch hat dies tatsächlich etwas mit ihm zu tun oder ruht dies schlichtweg nur auf der Tatsache, dass man sich eher an die Figur von Dom Toretto gewöhnt hat? Schwierig ist das Mysterium um Herrn Diesel geworden, was als pumpendes Herz des Filmes einen Großteil des Spirits ausmacht, durch den diese Filme atmen. Deswegen ist auch jedwede Authentizität und Empathie für die selbsternannte Pseudo-Familie im Zentrum dieser irrwitzigen Geschichten irgendwann nach Fast Five auf der Strecke geblieben. Dieses Franchise trug einst eine Ehrlichkeit gegenüber Themen wie Nächstenliebe, Vertrauen, Loyalität und Geborgenheit in sich, die man gar nicht wahrhaben möchte. Eine Ehrlichkeit, die im Teer des ewigen Asphalts verloren gegangen ist.

Letzteres sorgt dafür, dass wie schon vorher Fate of the Furious nun auch F9 den alarmierendsten Ton an den Tag bringt, den man in aktueller Form vorfinden kann. Und ja, dies schließt bedauerlicherweise auch Monster Hunter mit ein. Der Zauber um diese Freunde, welche viel mehr als nur Freundschaft verbindet, ist längst dem überschwänglichsten Pathos gewichen, dem sogar manipulative Wutpropaganden wie American Sniper nichts entgegenbringen können. Dass Fast & Furious sich schon seit geraumer Zeit mit gnadenlosem Overplotting und etabliert unetablierten Charakteren brüstet und lediglich durch rohe Gewalt durch die spärlichen Drehbücher zwängt, ist eine Nebenerscheinung dieses mächtigen Symptoms. Aber liegt vielleicht genau darin der Spirit, der Vibe, die Individualität, welche unter keinem Gewicht in die Knie geht? Ein kranker Wirt merkt irgendwann nicht mehr, dass er krank ist. Eine kuriose aber mögliche Art der Genesung.

Auch wenn das Gummi längst durchgekaut und überzogen ist, haben diese Familientreffen immer noch ihre Vorzüge. Denn auch Künstlichkeit hat einen direkten Draht zur Realität. Deswegen sind die Techtelmechtel der Figuren zwar spürbar unecht, aber gegebenenfalls dennoch auf merkwürdige Weise rührend und selten unangenehm. Die Dynamik der DarstellerInnen und ihrer Figuren zeigt sich als beständig und garantiert eine ordentliche Portion Spaß. Da hätten wir die wichtigste Stärke, die F9 zusammenhält. Produktionstechnisch liefert Justin Lin wieder einen gigantischen Bombast an Zerstörung, die physikalischen Gesetze negierenden Innovationen und dümmlichen Konfrontationen. Die Stunts erhöhen ihren Feldzug an kaputten Carosserien, demolierten Straßen und verstörten Passanten. Bei der Abgedrehtheit der wahnsinnigen Action-Sequenzen wurden weder Kosten, noch Mühen gescheut. Auch die wunderschönen Locations sorgen für Abwechslung innerhalb der Welt und werden inszenatorisch lohnenswert genutzt.

Weniger lohnenswert ist jedoch abermals die Storyline und xte Expandierung an Backstory. Mit jedem Teil wird mehr Vergangenheit aufgerollt, mit jedem Aufrollen wird mehr sinnfreier Konflikt aufgerissen und mit jedem Konflikt wird mehr auf die Tränendüse gedrückt. Da wundert es nicht, dass John Cena als großer Zuwachs keinen besonderen Eindruck hinterlässt. Seine Figur gibt kaum etwas her und ist zusätzlich in seiner Präsenz innerhalb der Laufzeit eingeschränkt. Rein von seiner Darbietung her sind alle Momente als solche durch seine solide Performance ebenfalls solide. Am allgemeinen Klimax des Filmes nimmt er jedoch nicht teil. Und wo die Laufzeit bereits erwähnt worden ist: Auch wenn der Film wie im Flug vergeht, ist die Laufzeit von 145 Minuten für einen Film wie F9 deutlich zu hoch gegriffen, aber auch dies ist schon lange ein bekanntes Problem des Franchises.

Als Fazit lässt sich folgendes ziehen: Es steht Fast & Furious auf der Verpackung und man bekommt Fast & Furious. Liebhaber der Reihe werden diesen Film wie jeden anderen verschlingen. Die Action wummt und brummt, die Optik ist brachial, die Ansammlung von Soundtracks passend und stimmig und die Chemie der beliebten Konstellation stark wie eh und je. Insbesondere die Interaktionen zwischen Roman Pearce (Tyrese Gibson) und Tej Parker (Chris “Ludacris” Bridges) sind wieder ein wahres Fest. Als alleinstehender Film hat F9 bis auf die ad absurdum geführte Action nichts zu bieten, was ein Publikum außerhalb der Fangemeinde anspricht. Die Story ist banal und viel zu ernst aufgetragen, die Figuren sind charismatisch, aber letztendlich hauchdünn und die Dramaturgie verhält sich absolut resistent gegenüber dem, was den Begriff eigentlich definiert. Kurz gesagt handelt es sich definitiv um vergessenswertes, überlanges Popcorn-Kino ohne Reiz, aber ebenso ohne bedauernswerte Reue, wenn man sich von diesem Kracher auf der großen Leinwand berieseln lässt.

FAST & FURIOUS 9 LÄUFT SEIT DEM 15. JULI 2021 IN DEN DEUTSCHEN KINOS

5.0
Punkte