Jo (Saoirse Ronan), Meg (Emma Watson), Amy (Florence Pugh) und Beth (Eliza Scanlen) sind Schwestern und wachsen Mitte des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten auf. Zu dieser Zeit herrschen starre Geschlechterrollen. Ihr Vater dient im Bürgerkrieg und ihre Mutter (Laura Dern) kümmert sich um die Familie und arbeitet. Die Schwestern wachsen heran und stellen fest, dass viele Hindernisse als Frauen auf sie warten. Jo will Schriftstellerin werden und sich dem Rollendiktat nicht unterwerfen, während Meg von der Ehe und Amy vom Malen in Paris träumt.

Kostümdramen sind nicht mein Ding. Stolz und Vorurteil ist es nicht, Anna Karenina ist es nicht, selbst The Favourite fand ich zwar gut, ist aber nie richtig zu mir durchgedrungen. Groß waren die Chancen für die neuste Verfilmung der 150 Jahre alten Vorlage, meine Gunst zu gewinnen, also nicht. Aber was soll ich sagen – Greta did it again. Sie hat so ein gutes Gefühl dafür, Charaktere echt und lebendig wirken zu lassen, dafür zu sorgen, dass man sich um sie kümmert und um sie sorgt. Um die mittlerweile ziemlich abgedroschenen, aber nun mal universellen Themen von Familie, Liebe, Hoffnung und Emanzipation erfolgreich darzustellen, braucht es bei weitem nicht nur technische Bravour. Es braucht Passion, Liebe, Empathie für das eigene Drehbuch. Und das hat Greta Gerwig, und deshalb ist Little Women so ein fantastischer Film. Greta Gerwig zelebriert in ihrem Film das Aufwachsen, gibt einem Kraft, das zu tun, zu dem man sich berufen fühlt und hinterlässt einen in jeder Szene mit einem vollen, warmen Gefühl. Sie kreiert aus einer alten, im Kino und im Theater immer wieder zitierten Geschichte einen absoluten Comfort-Film, der gleichzeitig noch progressiv, empowering und nicht nur im feministischen Sinne emanzipatorisch ist.

Jedem der Mädchen wird ein ganz eigener Charakter verliehen, jedes findet auf seine Weise seinen Platz in der Geschichte. Jo ist wohl die große Identifikationsfigur des Films, eine ungeduldige, freche, aufstrebende Autorin, die Liebe ablehnt und am liebsten ihr Leben lang mit ihrer Familie zusammen wäre. Meg ist dagegen die Erwachsene, die Vernünftige, die liebevoll und gütig ist. Eine eher ruhige, aber sehr musikalische Person ist dagegen Beth, deren Charakter das einzige Mädchen in der Geschichte ist, das für meinen Geschmack ein wenig zu kurz kommt. Die jüngste der Vier, Amy, hat im Gegensatz zu Jo eine Schwäche für schöne Besitztümer und legt Wert auf eine reiche Heirat. Saoirse Ronan, Emma Watson und Florence Pugh füllen die so oder so toll geschriebenen Charaktere mit unendlich viel Leben und Charisma. Selbst die Nebenfiguren kommen aber nicht zu kurz – und sind nicht mit weniger Star-Power besetzt. Laura Dern, Timothée Chalamet, Meryl Streep, James Norton, wirklich Aussetzer gibt es nicht. Im Gegenteil, der Cast ist wohl der wahrgewordene feuchte Traum aller moderner Film-Fans. Gerade in diesem Genre ist es enorm wichtig, dass man sich in die Charaktere verliebt, wie es bei Little Women der Fall ist. Nur so können wir ihre Probleme nachvollziehen, können ihre Eigenheiten und nervigen Charakterzüge akzeptieren und mit ihnen mitfühlen.

Technisch ist Little Women nicht weniger beeindruckend. Zu der Ausstattung – von Kostüme, Kulissen, Make Up – muss ich denke ich gar nicht viel sagen, das ist schlichtweg Arbeit auf höchstem Niveau. Aber auch was Kamera oder dem Color-Grading angeht, gibt es hier nur schwer etwas zu kritisieren. Yorick Le Saux ist bei erstem dafür verantwortlich, dass wir es mit Little Women mit einem der visuell nahezu perfektem Drama zu tun haben. Auch erzählerisch ist Little Women ein kleines Kunststück gelungen. Gekonnt wechselt das Drehbuch zwischen zwei 7 Jahre voneinander entfernten Zeitebenen, die sich immer wieder ineinander knoten und so ein absolut einnehmendes Gesamtwerk abbilden. Die Little Women sehen sich vielleicht trotz der sieben Jahre zwischen den Ebenen etwas zu ähnlich, aber das ist wirklich kleinliche Kritik.

Greta Gerwig gelingt es, jede einzelne der Little Women voller Passion darzustellen und dadurch jede ihrer Probleme (von denen viele so nahbar sind, da wir sie selbst in der Moderne noch alle erleben) glaubhaft und authentisch zu machen. Dadurch gibt es so viele ehrliche emotionale Momente in Little Women, die im Vergleich zu vielen anderen Dramen tatsächlich wirken, wenn man auch sagen muss, dass Kitsch-Hasser hier ab und an ihre Probleme bekommen werden. Alles in allem fühle ich mich in Little Women endlich mal in einem Kostümdrama zu Hause. Meine tendenzielle Abneigung für das Genre ist zwar nicht gekippt, aber der Großartigkeit dieses Films kann ich mich nun mal nicht widersetzen.