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Anne (Olivia Colman) ist in großer Sorge um ihren Vater Anthony (Anthony Hopkins). Als lebenserfahrener, stolzer Mann, lehnt er trotz seines hohen Alters jede Unterstützung durch eine Pflegekraft ab und weigert sich standhaft, seine komfortable Londoner Wohnung zu verlassen. Obwohl ihn sein Gedächtnis immer häufiger im Stich lässt, ist er davon überzeugt, auch weiterhin allein zurechtzukommen.
Regie: Florian Zeller
Drehbuch: Christopher Hampton, Florian Zeller
Schnitt: Yorgos Lamprinos
Kamera: Ben Smithard
Schauspieler*innen: Olivia Colman, Anthony Hopkins
Land: Frankreich, Großbritannien
Sprache: Englisch
Länge: 1h37min
Genre: Drama
Aktuell keine Verfügbarkeit in Deutschland

Wie Demenzkranke Zeit und Raum wahrnehmen: The Father bearbeitet die Erkrankung von Anthony (Anthony Hopkins), wie seine Tochter Anne (Olivia Colman) mit der Krankheit ihres in die Jahre gekommenen Vaters umgeht und was sie für Folgen in ihrem eigenen Leben nach sich zieht.

Wesentlich ausführlicher lässt sich die Handlung von The Father nicht zusammenfassen, denn was Florian Zeller – Regisseur und (Co-)Autor des Films, sowie der Theaterstückvorlage – präsentiert, sind lediglich Fragmentstücke eines Ganzen. Es wird nicht wirklich eine übliche, zusammenhängende Geschichte erzählt. Größtenteils präsentiert Zeller die Handlung aus der Sicht Anthonys, womit sich das Publikum weitestgehend auf dem selben Wissensstand wiederfindet, wie der Protagonist. Gebrochen wird diese Perspektive in einigen Szenen, in welchen Anthony nicht zu sehen ist.

In erster Linie dienen sie dazu, um Annes Umgang mit der Krankheit ihres Vaters zu zeigen und welche Herausforderungen sie zu bewältigen hat. Doch selbst dann kann man sich selten zweifelsfrei sicher sein, wann und wo sie sich abspielen. Es wird eben mit Zeit gespielt, nicht wie in einem Tenet oder einem Memento von Christopher Nolan, dem wohl prominentes Regisseur mit einer Vorliebe für dieses Thema. Zeller inszeniert etwas anderes, etwas kaum greifbares. Eine Krankheit, die nur schwer oder sogar gar nicht zu durchschauen ist. Durch die achronologische Erzählweise fühlt man sich genauso verloren wie Anthony, …

…welcher hervorragend verkörpert wird vom grandiosen Anthony Hopkins (“Das Schweigen der Lämmer”). Die Entscheidung, dem Protagonisten des Films denselben Namen zu geben, den auch der Hauptdarsteller trägt, ist unheimlich und clever zugleich. Wird hier möglicherweise ein Portrait von Anthony Hopkins selbst gezeichnet? Schließlich teilen sich der Darsteller und seine Figur auch noch dasselbe Geburtsdatum. Es ist ein weiterer Aspekt von “The Father”, der einen potenziell verwirren, aber auf alle Fälle beeindrucken kann. Hopkins Schauspiel ist schlichtweg grandios. Der nun schon 83-jährige liefert hier eine der besten Darbietungen seiner Karriere ab und schafft es stets, sämtliche Facetten seiner Figur voll zu entfalten. Ob Charme, Angst oder schlichtweg tiefe Trauer: Hopkins spielt perfekt.

Ebenfalls fantastisch ist Olivia Colman (The Favourite) als Anne, welcher man ihren Schmerz und die innere Zerrissenheit zu jeder Sekunde anmerkt und abkauft. Anne – wie manch andere Figur auch – wird stellenweise sogar von mehr als einer Darstellerin verkörpert. Wie der Demenzkranke kann auch das Publikum Anne nicht im ersten Moment als solche erkennen und zweifelt sogar daran, ob sie wirklich seine Tochter ist.

Für den Schnitt von The Father war Yorgos Lamprinos verantwortlich und er hat einen wahnsinnigen Job gemacht. Ihm ist zu verdanken, dass für uns stets die Illusion von einem einzigen Set aufrechterhalten wird, während eigentlich konstant zwischen zwei oder drei Locations gewechselt wird. Das Produktionsdesign muss an dieser Stelle ebenfalls lobend erwähnt werden und auch die sehr ruhige Kamera, welche für viele schöne und intime Shots sorgt. Untermalt wird das Geschehen von einem traurig-schönen Score von Ludovico Einaudi (Nomadland).

Durch seine Laufzeit von unter 100 Minuten vergeht diesem Drama zu keiner Sekunde die Puste. Als Zuschauer wird man mitgenommen auf eine Reise, die man auf diese intime Art selten erlebt. Sogar mehr als genug Figurentiefe wird kreiert, obgleich sich nicht lange daran aufgehalten wird. Ein weiteres Zeichen für die Stärke des Drehbuchs. Florian Zeller versetzt uns so gut es nur geht in den Kopf eines an Demenz Erkrankten und erreicht sein Ziel mit Bravour. Sicherlich ist dies nicht zuletzt deshalb der Fall, weil jeder/jede Darsteller/in und jedes Crewmitglied grandiose Arbeit leistet, allen voran Anthony Hopkins als Hauptdarsteller und Yorgos Lamprinos als Editor. The Father ist handwerklich makellos, erzählerisch fesselnd, stilsicher und gleichermaßen innovativ. Ohne Zweifel stellt er schon jetzt einen der besten Filme des Jahres dar.

10.0
Punkte