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Drehbuch: Danny McBride, David Gordon Green, Scott Teems
Schnitt: Timothy Alverson
Kamera: Michael Simmonds
Schauspieler*innen: Jamie Lee Curtis, Judy Greer, Andi Matichak
Land: Großbritannien, USA
Sprache: Englisch
Länge: 1h45min
Genre: Horror, Thriller
Die Süßigkeiten wandern von Beutel zu Beutel, das Blut fließt auf den sonst so friedlichen Straßen und die Leichen türmen sich. Für die Einwohner von Haddonfield – der unfreiwilligen Geburtsstätte einer düsteren Legende ‐ ist es beschlossene Sache: Das Böse stirbt heute. Das Schlachtfest, welches aus der Hand des berüchtigten Serienmörders Michael Myers eröffnet wird, geht mit Halloween Kills in die x-te Runde. Ja, man traut sich schon gar nicht mehr den vielen Filmen hinterher zu zählen. Ein Franchise, das sich als wesentlich beständiger erwiesen hat, als man im ersten Moment von der simplen Prämisse ableiten würde. John Carpenter kreierte im Jahre 1978 mit Halloween nicht nur eine der ikonischsten Figuren der gesamten Filmlandschaft, sondern konfrontierte das Publikum mit etwas, das man in Form und Kontext dieser Relation vorher selten sah — ein echtes Monster im Deckmantel des Realismus. Keine Zombies, keine Geister und keine Dämonen. Ein Mensch aus Fleisch und Blut. Jemand wie du und ich. Dein Nachbar, dein Postbote oder in diesem Fall sogar dein Bruder.
Heutzutage ist das Schicksal eines Opfers anhand des Messers eines Gleichgesinnten nicht weiter verwunderlich oder originell. Dennoch appelliert das Prinzip an eine tief verankerte Urangst des Menschen, nämlich der Furcht vor seinem Nächsten. In einer Welt voller Skrupellosigkeit und Kriminalität obsiegt die Paranoia der Gutmütigkeit. Und wenn es eine Person gibt, die sich die eigene Empathielosigkeit derart zunutze macht wie keine zweite, dann ist es Michael Myers. Über sein immenses Vermächtnis hinweg zeichnet sich diese gewissenlose Tötungsmaschine als eine andauernde Präsenz — seien auch die schlechtesten Ableger der Reihe hierbei berücksichtigt. Die Gefahr, die von Myers ausgeht, war immer real. Und auch in Halloween Kills, der nach dem ersten Teil Halloween (2018) wie selbiger sämtliche benannte Ableger und Fortsetzungen ignoriert, bleibt dies keine Ausnahme.
Regisseur David Gordon Green entfesselt vielleicht keinen anbetungswürdigen, das Subgenre revolutionierenden Slasher, versteht jedoch sein Handwerk. Die Sterberate mächtig ankurbelnd inszeniert er Myers so bedrohlich wie lange nicht mehr. Ekstatisch eskaliert die unbändige Irrationalität eines primitiven Triebes und erzeugt dadurch eine unglaubliche Atmosphäre. Die Cinematographie und der ebenfalls legendäre Score erfassen Haddonfield in alter Klasse und liefern eine wunderbar bebilderte, stimmige und knisternde Spannung — dies natürlich nur im rein audiovisuellen Sinne.
Dass vielerlei Abstriche bei der inhaltlichen Ausstattung getroffen werden müssen, ist ebenso wenig überraschend wie etwas tragisch. Nach den einladenden Trailern eines anarchistischen, sich wehrenden Haddonfields hat die Messlatte plötzlich höher gelegen, als sie das Team vorher wohl gesetzt hat. Teilweise den Konflikt von Halloween IV – Michael Myers kehrt zurück aufgreifend, schlägt Halloween Kills eine zwar nicht gerade innovative, für das Universum jedoch ziemlich interessante Richtung ein: Der Wandel vom Slasher zum Vigilantenthriller. Besonders das Gewicht der Figur, dessen Ursprung die Wurzel allen Übels definiert und die Lust des Leidens sät, verspricht eine packende und clever aufgezogene Szenerie. Nur schade, dass es aufgrund der Belanglosigkeit der Charaktere, den wirklich schrecklich forcierten Dialogen und der geringen Reichhaltigkeit des Randthemas in seiner Kraft zweckentfremdet wird. Weder wird eine wahre Kritik formuliert oder ausgesprochen, noch lassen sich einschlägige storyrelevante Konsequenzen aus jener ziehen. Es bleibt lediglich bei dieser ansprechenden Richtung.
Halloween Kills mag somit nicht die Innovation des Jahres sein, den ein oder anderen kann der Film aber mit seiner gekonnten Bildsprache und den mutigen Ansätzen erstaunen. Die Brutalität und die dazugehörigen Effekte sind strikte, kompromisslose und aufeinanderfolgende Highlights für sich, während das Drehbuch in den Szenen um Michael Myers herum bedauerlicherweise seine Schwächen zur Gänze ausspielt. Dies lässt den Film jedoch keineswegs zum Blindgänger verkommen, seine Sicht ist nur getrübt. Nichtsdestotrotz handelt es sich um einen der besseren Ableger des Franchise, der abermals beweist, wie effektiv dieselbe Formel nach über vierzig Jahren noch wirken kann.
HALLOWEEN KILLS LÄUFT SEIT DEM 21. OKTOBER 2021 IN DEN DEUTSCHEN KINOS
6.0 Punkte
Dorian
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Die Leidenschaft Filme jeder Art in sich hinein zu pressen, entbrannte bei mir erst während meines 16. Lebensjahres. Seit diesem Zeitraum meines Daseins gebe ich jeder Bewegtbildcollage beim kleinsten Interesse eine Chance, seien es als Pflichtprogramm geltende Klassiker oder unentdeckte Indie-Perlen.