Während des 2. Weltkriegs wächst der etwas skurrile Junge Jojo (Roman Griffin Davis) in der Obhut seiner alleinerziehenden Mutter (Scarlett Johansson) in Deutschland auf. Er versucht, den zunehmenden Faschismus um sich herum zu verstehen, und erschafft sich einen imaginären Freund namens Adolf Hitler (Taika Waititi). Als er herausfindet, dass seine Mutter ein jüdisches Mädchen (Thomasin McKenzie) auf dem Dachboden versteckt hält, muss Jojo seinen fanatischen Antisemitismus und seine Ideologie hinterfragen.

Es ist immer schwierig, über Komödien zu schreiben. Denn bestimmt wird dieses Genre primär vom Humor, und Humor ist eben eines der subjektivsten Dinge, die es gibt. In Jojo Rabbit kann man den herumspringenden, einhornfressenden imaginären Waititi-Hitler zum Schießen finden oder eben nicht. Man kann den fetten Nazi-Jungen, der aus Tollpatschigkeit eine Panzerfaust auf ein Gebäude abfeuert zum Schreien finden oder eben nicht. Es ist einfach Geschmacksache. Umso persönlicher und weniger objektiv ist auch eine Bewertung beziehungsweise eine Kritik an Komödien – und genau das mindert aber auch die Möglichkeit, wirklich darüber zu diskutieren. Trotzdem: Ich persönlich fand Jojo Rabbit über große Strecken verdammt lustig. Das völlig überzogene Veralbern von Nazi-Deutschland ist zumeist typisch für Taika Waititi (siehe Thor: Ragnarök) humoristisch perfekt getimet und spielt mit der Absurdität, die das Verhalten der Nazis damals ausstrahlte. Wenn Jojo am Anfang des Films in einem Hitlerjugend-Sommercamp unterwegs ist, habe ich mich teils weggeschmissen. Nicht so gut hat für meinen Geschmack der imaginäre Hitler, gespielt vom Regisseur Taika Waititi selbst, funktioniert, der am Anfang zwar ganz amüsant ist und selbstverständlich auch seinen erzählerischen Wert hat, der aber ab der Mitte des Films für mich nur noch wie ein Fremdkörper wirkte, der vom eigentlich interessanten Teil des Films ziemlich unlustig ablenkt.

Dabei bewegt sich Jojo Rabbit auf einer ganz schmalen Linie zwischen Komödie und Drama. Waititi springt da teilweise wild hin und her, wenn er zwischen absurdem Witz und ernsthafter Tragik wechselt. Diese Sprünge mögen dissonant wirken, mögen den Ton des Films etwas verwaschen, für mich hat es aber vor allem gezeigt, dass hier verstanden wurde, dass es sich trotz allem Klamauk immer noch um ein sehr ernstes Thema handelt. Dass der Regisseur den Bezug zur Realität nicht verliert. Dabei wirken die emotionalen Momente, und zwar so richtig, und erschaffen dadurch eine ziemlich einzigartige Kombination an verschiedenen Genre-Aspekten, die man so in einem Film, der das Thema behandelt, bisher nicht hatte. Abgesehen davon: Irgendwie zeigt diese Dissonanz ja auch, dass die Nazis dafür, dass sie mit die schlimmsten Verbrechen der Geschichte begangen haben, sich eigentlich ziemlich auf ziemlich absurde und lächerliche Art und Weise verhalten haben.

Jojo Rabbit kann auch ernst. Fox Searchlight

Im Mittelpunkt steht aber natürlich Jojo selbst, der ein unsicherer Junge ist, der sich allzu leicht von der Propaganda des dritten Reichs mitreißen lässt. Er ist voll in seiner Sozialisierungsphase und nimmt seine von den Nazis geprägten Eindrücke direkt auf und verinnerlicht sie. Jojo ist völlig unreif, schwach und sucht nach Anschluss – ein Kind eben. Durch seine Indoktrination wirkt sein erstes Treffen mit dem jüdischen Mädchen, das seine Mutter im Haus versteckt, wie das Eintreffen eines Monsters in einem (Comedy-)Horrorfilm. Im Gegensatz dazu steht Jojos Mutter, die verspielt ist und das Leben nicht so ernst nimmt. Sie ist rebellisch, liebevoll und freiheitsliebend. Alle Charaktere in Jojo Rabbit sind skurril, voller Leben, sie entwickeln sich, sind vielschichtig und tragen zur Erzählung des Films bei. Sie sind toll geschrieben und das zeigt sich in zahlreichen wundervollen Szenen. Der Cast macht dabei einen sehr soliden Job. Es ist immer ein bisschen schade, amerikanische Darsteller Deutsche spielen zu lassen und sie dann einen deutschen Akzent aufsetzen zu lassen, um Authentizität vorzugaukeln. Insgesamt funktioniert das Trio Roman Griffin Davis, Thomasin McKenzie und Scarlett Johansson aber ganz gut.

Jojo Rabbit ist also ein ziemlich außergewöhnlicher, naiver Blick eines Kindes auf Nazi-Deutschland, der im Kern aber ziemlich erwachsen ist, immer wieder mit emotionalen Momenten den Schweregrad der Thematik betont und dadurch brilliert. Waititi amüsiert sich in seiner Satire rotzfrech über die skurrilen Verhaltensweisen der Nazis in der Zeit und erzeugt so gerade zu Anfang zahlreiche Lacher. Ob das für alle funktioniert, sei wie eingangs erwähnt, mal dahingestellt. Der Film ist aber mit seiner kindischen, charmanten und warmherzigen, gleichzeitig aber realistischen und erwachsenen Art ein ganz eigenes Stück Kino, das enorm unterhaltsam ist. Lohnt sich.

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