Die ersten Wettkämpfe hat der Mensch bereits weit vor Christus ausgetragen. Faustkämpfe, Wagenrennen, Bogenschießen. Aber woher kommt eigentlich dieses Bedürfnis sich mit anderen messen zu wollen? Schneller, stärker, klüger oder geschickter zu sein als andere. Um diese Frage zu beantworten, muss man noch etwas weiter zurückblicken. Denn zu Beginn der Evolution war der Mensch nicht viel mehr als ein wildes Tier. Nur die Stärksten überlebten, wurden Anführer und sicherten den Fortbestand.

Mit der Zeit ist das Überleben allerdings mehr und mehr in den Hintergrund gerückt. Wir lernten unseren Verstand und das dadurch erlangte Wissen einzusetzen, bis zu einem Punkt an dem wir uns anderen Dingen widmen konnten. Die stetige Erfüllung der Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken, Schlaf und Sicherheit ist heutzutage zumindest für die privilegierten Menschen in den Industrieländern zur Selbstverständlichkeit geworden. Nur wäre das Leben ohne Ziele und Wünsche ziemlich eintönig und so fingen wir an, nach Neuem zu streben. Ein schönes Haus, eine Familie oder ein schickes Auto. Das dürfte den meisten, die die “Bedürfnispyramide nach Maslow“ kennen, bekannt vorkommen. Doch um an die Spitze dieser Pyramide zu gelangen, bedarf es immer noch Zeit und Anstrengung. Daher geben sich viele bereits auf halbem Wege mit ihrem Erreichten zufrieden. Für einige ist das aber nicht gut genug, sie wollen bis ganz nach oben. Es entsteht eine regelrechte Sucht, die nicht selten Opfer fordert. Besser zu sein als seine Mitmenschen ist nun nicht mehr notwendig, es stillt jedoch ein Verlangen, das die Zeit in uns überdauert hat.

Mit „ Le Mans 66“ bannt Regisseur James Mangold ein Paradebeispiel dieses Wetteiferns der Menschen auf die Leinwand. Die klassische Variante eines Wettstreits ist das Duell zweier Kontrahenten. Im englischen Originaltitel „Ford v Ferrari“ wird sogleich klar, um welche beiden Widersacher es sich handelt. Natürlich sind das hier nicht nur zwei Autohersteller, jede Marke repräsentiert zugleich das jeweilige Land. Aber wie kam es eigentlich zu diesem Aufeinandertreffen?

© 20th Century Fox

Anfang der 60er Jahre hatten die Autos der Ford Motor Company bei den jungen Leuten ein eher dürftiges Image. Ihre Autos seien zu altmodisch, klobig oder schlichtweg langweilig. Es muss also dringend eine Neulackierung der alteingesessenen Marke her. Und da kommen Carroll Shelby (Matt Damon) und Ken Miles (Christian Bale) ins Spiel. Die beiden sollen nicht nur ein schnelles und kompaktes Auto entwerfen, sondern die Überlegenheit Fords sogleich bei einigen prestigeträchtigen 24-Stunden-Rennen unter Beweis stellen. Dabei treffen sie auf den Platzhirsch und mehrfachen Sieger dieser Rennen, die italienische Automanufaktur aus Maranello: Ferrari. So zumindest die Ausgangslage im Film.

Es mag danach klingen, als wäre „ Le Mans 66“ nur etwas für diejenigen die ein Faible für schnelle Autos, röhrende Motoren und den Geruch von verbranntem Gummi am Morgen haben. Zumindest bei mir ist dem nicht so. Denn obwohl ich nur einen alten Golf fahre und mir aus Autos als Prestigeobjekte nicht viel mache, war es nicht leicht, sich auf dem Rückweg vom Kino hinter dem Steuer zurückzuhalten. In seinen besten Momenten ist dieser Film laut, schnell und adrenalingeladen, findet aber glücklicherweise in vielen ruhigen Momenten Zeit für das Zwischenmenschliche. Der emotionsgeladene Ken Miles versucht seine Rolle als Vater und Ehemann mit seinem risikoreichen Beruf als Rennfahrer unter einen Hut zu bekommen. Carroll Shelby schlägt sich mit den Anzugträgern der Führungsspitze Fords herum um seinem Freund den Rücken frei zu halten. Beide Rollen werden großartig von Damon und Bale verkörpert, die hier eine wirklich tolle Chemie haben.

Auch auf inszenatorischer Ebene liefert „Le Mans 66“ ab. Die Aufnahmen sind teils wunderschön und erzeugen zusammen mit dem rockigen Soundtrack ein stimmiges Gesamtbild. Selbst bei den rasanten Rennen die mich durchaus an „Rush“ von Ron Howard erinnerten, behält man stets den Überblick. So vergingen die 152 Minuten wirklich wie im Flug. Wer das Rennen für sich entscheidet, seht ihr am besten im Kino.

SEIT DEM 14. NOVEMBER IN DEN DEUTSCHEN KINOS