©Warner Bros.
Drehbuch: John Lee Hancock
Kamera: John Schwartzman
Schnitt: Robert Frozen
DarstellerInnen: Denzel Washington, Rami Malek, Jared Leto
Sprache: Englisch
Länge: 2h8min
Genre: Krimi, Thriller
Wisst ihr noch, wie es war, in der Schule Hausaufgaben abzuschreiben? Man suchte sich den besten Mitschüler raus und versuchte dann, möglichst viel zu ändern, damit es nicht auffällt. Exakt dieses Gefühl bekommt man bei John Lee Hancock Film The Little Things. In diesem Falle ist der vorbildhafte Mitschüler niemand geringeres als David Fincher, der seine abzuschreibende Hausaufgabe Sieben nennt. Über die gesamten zwei Stunden hinweg liegt der Schatten von Fischers Meisterthriller über The Little Things.
Ein schwarzer Detektiv – reserviert, weise anmutend und zurückgezogen – ermittelt gemeinsam mit einem weißen Detektiv – hochtrabend und selbstgefällig anmutend – in einem Serienmörderfall in den 90ern, Hauptverdächtiger ein psychopathischer Mann, der die Ermittler versucht, an der Nase herumzuführen. Bis zum Finale ziehen sich die Ähnlichkeiten. Zwar scheint Hancock zumindest einzelne eigene Akzente setzen zu wollen, doch gelingen mag ihm das nie so richtig. Während er mit düsterer, melancholischer Farbgebung und einem stimmungsvollen Score zumindest in der Post Production richtig lag, liegen die Probleme bei Drehbuch und der Produktion selbst.
Denn von vorne bis hinten wirkt The Little Things seltsam leer. Es ist ein Serienkiller-Streifen ohne interessanten Killer, ohne packende Gruselstimmung, ohne interessante Charaktere, ohne furchteinflößende Tatorte, ohne überraschende Wendungen, ohne Themen, die zum Nachdenken anregen. Es ist nichts da. Das Drehbuch gibt den eigentlich mehr als namhaften Darstellern keinerlei Raum, den sie füllen können: So kann man es ihnen nicht mal übel nehmen, dass Denzel so lustlos wirkt, als wäre er einfach nur schnellem Geld hinterhergelaufen; dass Malek völlig verloren wirkt und sich nicht mal traut, auch nur einmal eine Mine zu verziehen, als wäre er noch nie vor einer Kamera gestanden; und dass Jared Leto scheinbar einfach nur ein paar Pilze gemampft, sich drei Mal den Kopf angestoßen hat und anschließend das gezeigt hat, was ihm so in den benebelten Sinn kam.
Auch außerhalb der Charaktere ist das Drehbuch unbefriedigend, unausgegoren und ermüdend inhaltsarm. Zu verkraften wäre das, wenn der Regisseur Suspense so beherrschen würde wie es sein Vorbild Fischer tut. So ist es aber nicht. Hancock versucht sich an einem Slow Burner und scheitert. Als hätte er einfach das erste Suspense-Kino-Lehrbuch aus seiner Unibibliothek mitgenommen und die erste Schritt-für-Schritt-Anleitung befolgt, die er darin fand. Aber einfaches Abklappern der Genre-Schablone reicht 2021 einfach nicht mehr, um einen guten Film zu schaffen.
So wirkt The Little Things nicht weniger als belanglos. Es fehlen die Highlights, das Herausstellungsmerkmal, die eigenen Akzente. Es ist ein Film, der nicht nur unter seinem großen Vorbild, sondern vor allem unter einer schwachen Regie, lustlosen Schauspielerleistungen und einem geradezu traurigen Drehbuch leidet.
Nach Wonder Woman 1984 ist The Little Things der nächste Film, den Warner in der USA zeitgleich im Kino und auf HBO Max veröffentlicht. In Deutschland hat er noch keinen Kinostart.