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Drehbuch: Kurt Johnstad
Schnitt: Michael Tronick, Scott Waugh
Kamera: Shane Hurlbut
DarstellerInnen: Roselyn Sánchez, Emilio Rivera, Gonzalo Menendez
Sprache: Englisch
Länge: 1h50min
Genre: Action, Thriller, Kriegsfilm
Wie beeindruckend kann ein Film sein? Wenn die Machart eine immense Souveränität ausstrahlt und dem Zuschauer das Gefühl gibt, dass er seine Wirkung entfaltet und langfristig ausnutzt, hat ein Film schon mal etwas richtig gemacht. Dabei verbreitet der Film eine völlig zerstreuende Stimmung, als würde man einer noch nie dagewesenen Intensität beiwohnen. Ein Film dieser Kategorie ist selten. Und in diese Kategorie fällt Act of Valor. Es handelt sich um einen Actionthriller, welcher die Mission einer Elitetruppe bestens ausgebildeter US Navy SEALs beleuchtet, die der Abwendung eines terroristischen Anschlages dient, der die gesamte Wirtschaft Amerikas zerschlagen könnte. Der große Clue dabei: Die Hauptrollen eben jener Agenten werden von waschechten Navy SEALs ausgefüllt und verkörpert. Die Regierung genehmigte den Einsatz der Agenten als agierende Darsteller für den Film unter der Voraussetzung, dass ihre Namen und Identität unter Verschluss gehalten werden. Spätestens bei dem Hintergrundwissen wird es interessant.
Nennen wir es also weiterhin beim Namen – Act of Valor ist wahnsinnig beeindruckend. Seien es die bilderbuchgleichen Panoramaaufnahmen von der glitzernden Oberfläche des Ozeans, Einstellungen von in dunkelrotem Sonnenlicht getränkten Landgebieten oder hektischen Fahrten durch enge und überfüllte Straßen. Bei der fürstlichen Cinematographie ist man noch nicht mal bei den brachialen Action-Sequenzen angekommen. Das Produktionsdesign zeugt von einer Wucht, wie man sie im Action-Kino häufig vermisst. Die audiovisuelle Durchschlagskraft flammender Explosionen und wummender Schalle eines Gewehrs lässt einen vor Ehrfurcht in die Knie gehen. Und auch bei der Beschreibung seiner bombastischen Action ist man noch immer nicht bei der genialen Inszenatorik der Ausführung von den gezeigten Operationen angelangt. Ob es nun am Geschick der Co-Regisseure Mike McCoy und Scott Waugh oder der Tatsache keine Schauspieler sondern lebende, sich nach wie vor im Einsatz befindende Repräsentanten ihrer Arbeit zu begutachten liegt, es strotzt nur so vor Authentizität und wirkt als Erlebnis hautnah. Die bedachte Vorgehensweise und wortlose Abgestimmtheit des Teams erzielt ein unnachahmliches Verhältnis zwischen Darsteller und Handlung.
Durch sein Gimmick zeigt Act of Valor, wie real Fiktion tatsächlich werden kann. Es ist ein extraordinäres Werk, das allein unter Anbetracht genannter Faktoren in seinem Genre insbesondere unter Enthusiasten dieses Genres schnell Fuß fassen kann. Act of Valor ist ein beeindruckender Film. Das einzige, was Act of Valor nur noch mehr ist, ist ein wirklich furchtbarer Film. Und ab hier wird es komplizierter, als man vorher vielleicht angenommen hat. Dieser Film erinnert mich im Nachhinein stark an einen Film, der einer praktisch identischen Umschreibung unterliegt, nämlich American Sniper. Als ich den von der Ikone Clint Eastwood angeführten Biographiefilm über den mit der höchsten Abschussrate Amerikas ausgezeichneten Scharfschützen Chris Kyle zum ersten Mal sah, war ich wie weggeblasen von seiner Erscheinung. Kein Film hatte mich bis zu jenem Zeitpunkt damals mehr beeindruckt. Und trotzdem schien irgendetwas nicht zu stimmen. Nach einer genaueren Konfrontation mit dem Inhalt des Filmes und auf welche Weise er ihn vorträgt, wusste ich mich nicht mehr mit dem Film zu identifizieren. Das führt im Falle von American Sniper nochmal auf andere Probleme zurück als jetzt bei Act of Valor, der Prozess bleibt aber derselbe.
Die Narrative führt einen unsagbar befremdlichen Ton mit sich. Wenige Filme propagieren ihren furchterregenden Inhalt mit einer derartigen Vehemenz. Die ganze Erzählung gleicht einer Rekrutierungsbroschüre des militärischen Ideals und glorifiziert das Dasein als Soldat. Und an dieser Stelle sei mit höchster Wichtigkeit hervorgehoben: Nicht jeder sieht solche Eigenschaften, wenn er sich einfach den Film anschauen will. Der Film kann einem gefallen, obwohl man nicht mit derartigen Leitgedanken sympathisiert. Es muss einem nicht mal zwangsläufig auffallen. Es handelt sich um kein Urteil gegen den Zuschauer, sondern gegen den Film und den seinerseits vermittelten Werten. Die Off-Erzählung des Protagonisten in Bezug auf Vor- und Nachwirkung der Storyline hat einen ganz faden Beigeschmack. Da kann die technische Umsetzung und spannende Inszenierung noch so einnehmend sein und eine Erfahrung oberster Klasse garantieren, die Unausgeglichenheit seiner eigentlichen Geschichte stößt mir bitterer auf, als das Handwerk an Süße verteilen kann.
Die jingoistische Ader seiner Verhaltensweise birgt eine fatale Sackgasse in punkto Bedeutung und Botschaft. Natürlich kontern die Vorwürfe als Gegenfragen zurück. Wo ist die Moral bei einem Job wie diesem? Entspricht der Film nicht schlichtweg der Realität? Das lässt sich schwer abstreiten. Das Problem ist nur eben nicht das Was, sondern das Wie. In dieser Welt, die für viele so unwirklich scheint, erleben davon betroffene wahrscheinlich die Hölle auf Erden. Ein getöteter Feind ist für Personen dieses Metiers wie ein Reifenwechsel. Anstelle einer nachvollziehbaren Reflexion der Grausamkeiten, die sich Menschen antun, beschönigt der Film es beinahe schon. Rechtfertigungen und besonders jeder Versuch eine zu finden, sind nirgendwo mehr fehl am Platz. Dadurch schießt Act of Valor total am Ziel vorbei. Dabei ist es auch fast schon nebensächlich, dass die klischeehafte Handlung der Call of Duty-Serie entspringen könnte, die Figuren ausdruckslos sind, die als Schauspieler agierenden Soldaten, obwohl sie authentisch bleiben, schrecklich spielen und der Film durch sein Handwerk in gewisser Weise als solide Standardkost durchgeht. Es ist wie immer diese eine Perspektive auf ein zu breites Thema, das man nicht mit einem Paar Augen in seiner Gänze erfassen kann.
3.0 Punkte
Fazit
Act of Valor bietet unglaubliche Schauwerte, grandiose Action und ein faszinierendes Stilmittel in seiner Besetzung. Es ist ein starker Actionfilm. Wären seine auferlegten Prinzipien nicht derart einseitig und fragwürdig dargestellt, gäbe es ein versöhnlicheres Fazit. Wie nah man dies nun tatsächlich an sich heran lässt, variiert von Zuschauer zu Zuschauer. Im Endeffekt fühlte ich mich unwohler als bei jedem Horrorfilm. Nicht, weil der Film einen besonders umgarnenden Effekt als Kriegsfilm ausübt, sondern eben das genaue Gegenteil.