SynopsisCrewDetailsStreaming
In einer Gefängniszelle erhält der Dieb Harry Powell (Robert Mitchum) die Information über 10.000 versteckte Dollar seines Zellengenossen. Aus der Haft entlassen, macht sich Harry auf die Suche nach dessen Familie, um jenes Geld zu erbeuten, wofür er bereit ist, wirklich alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen…
Regie: Charles Laughton
Drehbuch: James Agee, Charles Laughton
Schnitt: Robert Golden
DarstellerInnen: Robert Mitchum, Shelley Winters, Lillian Gish
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 1h33min
Genre: Drama, Crime, Thriller

Nachdem der Dieb und Hochstapler Harry Powell aus der Haft entlassen wurde, macht er die Familie seines zum Tode verurteilten Zellengenossen ausfindig. Angeblich sollen dort 10.000 Dollar Blutgeld versteckt sein. Harry gibt sich dort als Priester aus, erschleicht sich dank seiner perfektionierten Redekunst bei den streng religiösen Einheimischen schnell deren Vertrauen. Ehe sich es die verbliebene Witwe (Shelley Winters) versieht, heiratet sie Harry. Sie weiß nichts von dem Aufenthaltsort des Geldes, den wissen nur ihre beiden Kinder John (Billy Chapin) und Pearl (Sally Jane Bruce). Nun befindet sich die gesamte Familie in Gefahr, denn Harry kennt keine moralischen Grenzen, um an das Vermögen zu gelangen.

Auf dem Papier könnte Die Nacht des Jägers nicht vielverheißender präsentiert sein. Mehrere Toplisten im Internet führen das Werk in ihren obersten Rängen auf. Als stilistisches Meisterwerk wird der 1955 noch vom Publikum abgestoßene Film heutzutage bezeichnet, welcher eine schiere Menge an Elementen in sich vereint und keines davon vernachlässigt. Oder doch?

Vielleicht müsste die Erwartungshaltung ein wenig zurechtgerückt werden. Wer ohne Vorkenntnisse Laughtons erste und letzte Regiearbeit genießen will, springt mit Karacho ins eiskalte Wasser. Wie aus der Beschreibung schon hervorgeht, handelt die Geschichte von der Gefahr, die von Harry ausgeht. Leider ist diese Figur maximal ein Drittel der gesamten Laufzeit auch zu sehen. Mitchum – der vom Film und Verleih als Hauptdarsteller kommuniziert wird – spielt einzigartig, wahrhaftig boshaft und angsteinflößend, aber eben nur dann, wenn er sich im Bild befindet.

Jedoch bekleiden die Nachwuchsschauspieler die eigentlichen Hauptrollen. Exakt an dieser Entscheidung, Kinder in den Mittelpunkt zu setzen, bricht sich Die Nacht des Jägers sein dramaturgisches Genick, da die mäßig talentierten DarstellerInnen unausgereifte Rollen geschrieben bekamen. John ist stets viel zu klug und hartgesotten für sein Alter, Pearl mit der kindlichsten Naivität im Drehbuch gestraft, sogar für eine Vierjährige. Jenes sorgt schnell für behäbig anzusehende Momente, welche wenigstens durch die grandiose Film noir typische Beleuchtung ästhetisch reizend sind. Inhaltlich ausgleichen kann die beachtliche Kameraarbeit Stanley Cortez´ die erwachsenen Rollen der jungen Schauspieler nahezu nie.

Bevor diese Kinderkrankheit jedoch herauskristallisiert ist, stellt sich ein schier ungenießbarer, erster Akt den ZuschauerInnen entgegen, der ein Ausschalten als verlockende Möglichkeit offenbart. Vor allen die ersten dreißig Minuten sind eine Geduldsprobe sondergleichen. In erster Linie ist es nämlich eines, Harry und den strenggläubigen Bewohnern des Landdorfes zu Beginn zuzuhören: anstrengend. Es werden Bibelverse über Bibelverse zitiert, als würde gerade das gesamte Buch in Zeitlupe vorgelesen werden. Der Grund ist gleich zu Beginn ersichtlich. Mitchums Figur Harry soll die offensive Kritik an Religion und Glaubensgemeinschaften verkörpern. Seine Spitzzüngigkeit wickelt jeden einzelnen dank dessen starken Hang zu Gott und der Bibel um die Finger. Weil das sofort klar zu erkennen ist, sind die ersten Szenen von zähen Monologen überhäuft, welche keine neuen Erkenntnisse aufdecken.

Belohnend fühlt sich das Überstehen der anfänglichen Minuten nicht an, dafür fehlt Mitchum danach ebenso oft wie vorher. Dazu fügt Laughton Elemente und Stilmittel in die Erzählung ein, die so voller Kitsch und Schwachsinn sind, dass die Nerven der ZuschauerInnen bis in die letzte Sekunde auf eine Zerreißprobe gestellt werden.

Langatmig fühlt sich Die Nacht des Jägers an wie kein anderes Werk mit einer solch wunderschönen, durch und durch ästhetischen Film-Noir-Lichtsetzung. Die untergebrachten Stilmittel stellen zwar einzeln betrachtet eine filmische Wucht dar, aber Laughton verpasst es zu jeder erdenklichen Zeit, diese Elemente der Filmkunst auch organisch aufeinander abzustimmen. Dieser Aspekt und die Tatsache – dass es Robert Mitchum seitens der Erzählung vergönnt ist, seine Hauptrolle zu entfalten – lässt den Verzehr dieses hochgelobten Werks zu einem sehr sehnigen verkommen.

4.0
Punkte