Ein Luftschiff, auf dem sich Sheeta befindet, eine junge Waise, die von der Regierung entführt wurde, wird von Piratenkapitänin Dola und ihren Söhnen angegriffen, die nach der blauen Kristall-Kette von Sheeta suchen. In dem entstehenden Chaos fällt Sheeta aus dem Luftschiff, wobei ihr Fall von der mysteriösen Kraft des Amuletts verlangsamt wird. Sie lande in den Armen eines jungen Minenarbeiters namens Pazu, der sie bei sich aufnimmt. Er erzählt ihr von einer mysteriösen schwebenden Insel namens Laputa, die von seinem Vater entdeckt, aber als Märchen abgetan wurde…
Willkommen zur Ghibli-Zeit auf Movie Space! Den Start im Februar macht der Erstling von Studio Ghibli: Das Schloss im Himmel aus dem Jahr 1986. Es handelt sich um den dritten Spielfilm von Zeichentrick-Großmeister Hayao Miyazaki – ein Name, den ihr häufiger hören werdet, so ist er doch für die meisten der anerkanntesten Filme des japanischen Produktionsstudios verantwortlich. Seine ersten beiden Filme waren Das Schloss des Cagliostro und Nausicaä im Tal der Winde, letzterer wurde in Japan komerziell erfolgreich und erlaubte überhaupt erst die Gründung von Studio Ghibli. Das Schloss im Himmel sollte die lange Ghibli-Ära, die in den vielen Jahren danach folgte, begründen. Dabei setzte Miyazaki, der sowohl für das Drehbuch als auch die Regie verantwortlich war, seinen in seinen ersten beiden Filmen etablierten und erprobten Stil und seine beliebten Thematiken, fort und sorgte so für eine konsequente thematische und filmische Weiterentwicklung von Cagliostro und Nausicaä.
Beginnen tut die stilistische Ähnlichkeit aber natürlich mit der Optik. Dabei gibt es vermutlich kaum jemanden in der gesamten Branche, der den Zeichentrick so verinnerlicht hat wie das Team um Miyazaki. Die gezeichneten Bilder sind voller Leben, unendlich kreativ und einprägsam. Dabei ist es faszinierend, wie effizient es das Team in Das Schloss im Himmel geschafft hat, eine Welt mit eben diesen Bildern aufzubauen. Miyazaki paart das Bekannte mit dem Neuartigen, Einzigartigen, Mysteriösen. So bewegen wir uns in Das Schloss im Himmel grundsätzlich in einer Welt, die sich gerade in der Industrialisierung befindet. Nur dass sie hier interpretiert wird als Welt voller Dampfmaschinen, Luftschiffe und wilder Maschinerien. Piraten fliegen durch die Lüfte, Städte schweben im Himmel, Roboter wachen über sie und und und. Als hätte man einem Kind ein Ideenbuch gegeben und alles, was es darin aufgeschrieben hätte, in einzigartigen Set Pieces und Motiven verwirklicht. Das Schloss im Himmel ist genau wie viele andere Ghibli-Filme, die danach kamen, ein Exempel für das weltenbauerische Talent der Macher.
Pazu und Sheeta, zwei Waisen, wovon der eine in einer Mine arbeitet und die andere die Prinzessin eines untergegangenen Königreichs ist, stellen das Protagonisten-Duo des Films dar. Beide sind sympathisch und schlichtweg gut geschrieben; gerade bei Sheeta sieht man eine der größten Stärken von Hayao Miyazaki: Seine Fähigkeit, weibliche Charaktere zu schreiben. Seine Frauen und Mädchen sind keine Anhängsel, Opfer oder Schaumaterial. Sie sind farbenfrohe Charaktere mit Stärken und Schwächen, Zielen und Sorgen, die für sich selbst stehen, auch mal auf die Kacke hauen können, mal unendlich cool, mal couragierte Helden sind. All das betrifft Protagonistinnen und Nebenfiguren gleichermaßen. Denn selbst Charaktere wie Dola, die Piratenanführerin, sind endlos charismatisch und unabhängig. Da können sich bis heute so einige Filmemacher eine dicke Scheibe von abschneiden.
Inhaltlich ist Das Schloss im Himmel eine ziemlich klassische Adventure-Erzählung, mit bekannten Tropes, actiongeladenen Szenen und träumerischen Mysterien, die einen durch die Handlung ziehen. Dabei setzt sich Miyazaki mit sehr ähnlichen Themen auseinander wie sonst auch: In Das Schloss im Himmel geht es primär darum, wie sehr die Macht den Menschen korrumpieren kann. Die untergegangene Stadt Laputa steht dabei exemplarisch für eine Zivilisation, die durch ihre fortgeschrittenen Technologien so viel Macht erlangte, dass es letztendlich für ihren eigenen Untergang sorgte. Wir erfahren zwar nie genau wie und weshalb, es fällt aber gerade im Anbetracht des Finales nicht sehr schwer, eins und eins zusammen zu zählen. Macht befällt Menschen und frisst sich wie Parasiten in sie hinein. Auch sein geliebtes Mensch-gegen-Natur-Thema wendet Miyazaki in Das Schloss im Himmel an, wenngleich es hier nicht wie in anderen Beispielen wie Nausicaä oder Prinzessin Mononoke den ganzen Film bestimmt. All seine Themen baut Miyazaki in jedes Bild seiner Filme ein. Ständig werden wir damit konfrontiert, nie verliert er sich in Nebensächlichkeiten. Miyazaki weiß immer, was er mit einer Szene aussagen möchte. Nach meiner persönlichen Ansicht schafft er das aber zugegebenermaßen in anderen Filmen noch ein wenig besser, so bleibt mir die Erzählung und ihre Motive weniger nachhaltig im Kopf als es bei Meisterwerken wie eben Prinzessin Mononoke oder Chihiros Reise ins Zauberland der Fall ist.
Das Schloss im Himmel war 1986 ein großartiger Beginn einer legendären Filmographie des Studio Ghiblis. Wo die Geschichte weniger von Innovation geprägt ist, ist es die starke thematische Einarbeitung der Motive, das meisterhafte visuelle World Building, das sowohl für ein ständiges Gefühl des Staunens als auch für ein immer wiederkehrendes Zuhause-Gefühl sorgt, und die toll geschriebenen, vielschichtigen, emanzipatorischen Charaktere, die Das Schloss im Himmel so toll machen. Es sind genau die gleichen Stärken, die viele der späteren Ghibli-Filme auch ausmachen. Dabei erreicht dieser Auftakt für mich ganz persönlich nie ganz die Klasse dieser gereifteren Nachfolger, was den positiven Eindruck von Das Schloss im Himmel aber nicht schmälern soll. Denn auch hier handelt es sich um einen wirklich tollen Animationsfilm für Groß und Klein gleichermaßen.