5. Under the Skin (2013)
Regie: Jonathan Glazer, Laufzeit: 1h48min
Schaut man mehrere Hundert Filme im Jahr, sucht man sich irgendwann diejenigen, die einem Neues bieten, die die klassische Hollywood-Formel aufbrechen, sich nicht in den etablierten Schubladen bewegen, die einen herausfordern. Genau das ist Under the Skin, denn niemals zuvor habe ich einen vergleichbaren Film gesehen. Jonathan Glazer verfolgt ein völlig emotionsloses Alien in Gestalt einer attraktiven Frau (Scarlett Johannson), das immer mehr entdeckt, wie Menschen zu fühlen. Mit durchweg hypnotisierender Bildgewalt transformiert Glazer seinen Film entsprechend von einer kalten, fremden Leidenschaftslosigkeit hin zur zwar immer noch fremden, aber wärmer werdenden, gefühlvolleren Atmosphäre. Under the Skin ist nicht einfach zu verstehen, nicht für jeden was, und zweifellos sehr individuell. Er ist aber auch eine ganz eigene Erfahrung, ein perfektes Beispiel, wie man Narrative und Visualität miteinander verbinden kann, eine poetische Erzählung, die in aller Fremdartigkeit die Menschlichkeit findet, visuell wie akustisch einnehmend und bestückt mit einer weltklasse Scarlett Johannson. Gehört zum Besten, das ich bisher gesehen habe.
4. Hereditary (2018)
Regie: Ari Aster, Laufzeit: 2h7min
Wir kommen zu den Plätzen, die persönlicher kaum sein könnten. Viele Leute mögen einen vierten Platz auf einer solchen Liste für Hereditary für übertrieben halten, wenn es nach mir geht, passt das aber ganz genau. Denn Hereditary hat im letzten Jahr meine Horrorliebe (wieder) entfacht. Wie aus dem Nichts kam Ari Aster und drehte seinen ersten Langfilm überhaupt, der sich gleich zu einem modernen Klassiker in der Szene aufschwingen sollte. Von Minute eins an wird eine der unangenehmsten Atmosphären in der ganzen Kinowelt aufgebaut, mit einer Symbiose von Kamera, Sound Design, Skript und Darsteller-Leistung. Das tolle: Diese Stimmung wird nicht nur durch Paranormales geschaffen, sondern durch ein höchst beunruhigendes Familiendrama, auf das sich Hereditary in der ersten Hälfte konzentriert. Dabei bleibt Aster bis zum heftig intensiven, zugegebenermaßen etwas konventionellen Ende stets ruhig, langsam und vertraut seinem inszenatorischen Können. Er braucht die Horror-Tricks althergebrachter Grusel-Blockbuster nicht, schafft stattdessen seinen eigenen Stil, mit dem er die Angst des Zuschauers schürt, fordert unsereErwartungen heraus und belohnt uns für aktives Schauen. Hereditary ist ein Meisterwerk.
3. Burning (2018)
K: 버닝, Regie: Lee Chang-Dong, Laufzeit: 2h28min
Burning ist ein “Slow Burn”, wie er im Buche steht. Die Handlung des zweeinhalb Stunden langen Films hätte genauso gut in eine Stunde weniger gepasst, Lee Chang-Dong wählt aber bewusst sein sehr bedachtes, fast schon meditatives Tempo. Er dreht einen Thriller, der jede Erwartung der Zuschauer in den Boden stampft und plattgedrückt zurücklässt. Chang-Dong spielt mit enormer Ambiguität, die sich durch die gesamte Laufzeit zieht, und die einen nie sicher sein lässt, was man aus einer Szene lesen soll. Am Ende weiß man alles, aber irgendwie weiß man gar nichts. Im Gegensatz zur Hauptfigur ist dieser Abschluss für uns unglaublich unbefriedigend. Dafür wächst Burning aber in unseren Köpfen, je länger man über ihn nachdenkt. Es ist ein nicht häufiges Phänomen, wenn ein Film im Nachhinein besser und besser wird und man immer mehr versteht, worauf der Regisseur hinauswollte und wo er uns absichtlich im Dunkeln gelassen hat. Dazu inszeniert Lee Chang-Dong jede einzelne Szene auf den Punkt und schafft hypnotisierend poetische Momente für die Ewigkeit.
2. Parasite (2019)
K: 기생충, Regie: Bong Joon-Ho, Laufzeit: 2h12min
Seit ich Parasite vor ein paar Monaten gesehen habe, suche ich in jedem Film, den ich sehe, vergeblich diesen ganz einzigartigen Flow, den Parasite hat. Es ist bemerkenswert, wie der Film dahinfließt, uns immer mitzieht, uns eintauchen lässt, einem Tanz auf dem Wasser gleicht. Was man Bong Joon-Ho lassen muss, ist, dass er die Grundlagen des Kinos schlicht und einfach gemeistert hat. Ich kann euch keine einzige Schwäche dieses Films nennen, alles, was ein Film richtig machen kann, macht Joon-Ho mit Parasite richtig. Er konstruiert und inszeniert sein neustes Werk meisterhaft und braucht sich damit vor den wichtigsten Größen der Filmwelt nicht zu verstecken. Die Geschichte steckt voller Überraschungen, spricht eine riesige Bandbreite an Emotionen an, ist eine völlig eigene Melange aus Drama, Komödie und Thriller, und dazu typisch für den Südkoreaner eine bissige, aber faire Gesellschaftssatire. Selten hat mich ein Film so positiv überrascht wie Parasite.
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