Tom Wake (Willem Dafoe), ein ehemaliger Seemann mit einer rätselhaften Beinverletzung, und sein neuer Gehilfe Ephraim Winslow (Robert Pattinson), der seinen Job als Holzfäller in Kanada aufgegeben hat, treten Ende des 19. Jahrhunderts gemeinsam eine vierwöchige Schicht als Leuchtturmwärter auf einer kleinen felsigen Insel an der Spitze Nova Scotias an, wo sie, je mehr Zeit sie darauf verbringen, immer verzweifelter versuchen, ihren Verstand zu behalten…

2015 brachte uns Robert Eggers mit The Witch bereits einen der innovativsten und ungewöhnlichsten Horrorfilme der letzten 10 Jahre und entsprechend wurde auch The Lighthouse, deutsch Der Leuchtturm, sehnlichst erwartet. Spätestens als klar wurde, dass Willem Dafoe und Robert Pattinson in den Hauptrollen zu sehen sein werden, war auch ich endlos gespannt und nun ist der Film endlich in den deutschen Kinos angelaufen, sodass ich ihn in einem etwas kleineren Kino sehen konnte. Ich muss gestehen, dass ich gerade in den letzten Tagen Stunde um Stunde gespannter dem Film entgegen fieberte und auch wenn ich dringlichst versuchte, meine hohen Ansprüche und Erwartungen zu senken, konnte ich nicht wirklich anders als zumindest einen der besten Filme des Jahres kommen zu sehen. Dass das Team um Robert Eggers auf audiovisueller Ebene größtenteils identisch zu dem seines ersten Langfilms war, leistete übrigens auch seinen Beitrag dazu.

Zwei Leuchtturmwärter auf einer einsamen und geheimnisvollen Insel, die sich stetig mehr auf den Zeiger gehen, massenhaft Geheimnisse…. Ja, damit kann man meiner Meinung nach “The Lighthouse” ganz grob zusammenfassen, auch wenn viel zu viele Facetten des Films bei diesem Pitch zu kurz kommen. Aber fangen wir von vorne an. Bereits ab der Ankunft von Ephraim Winslow (Robert Pattinson) und Thomas Wake (Willem Dafoe) auf der Insel des Leuchtturms macht sich eine klaustrophobische und bedrückende Atmosphäre breit, die einen zu keinem Zeitpunkt mehr verlässt. Diese Wirkung wird noch durch den Look des Films verstärkt, auf den ich später noch detaillierter zu sprechen kommen werde. Abseits des Gefühls allgemeinen Unbehagens beginnen Ephraim und Thomas auch noch damit, sich gegenseitig nahezu zu hassen und somit wird die Situation von Minute zu Minute angespannter. Es kommt der Zeitpunkt, an dem sich die beiden jedoch zu mögen beginnen, doch die Wende des Films bringt das Fass zum Überlaufen und reißt dem Zuschauer kurz darauf den Boden unter den Füßen weg. Es wird schnell unklar, wem man in diesem Streifen trauen kann, jeder hat etwas zu verbergen und genau das macht diesen Film auch so interessant. Leider muss ich gestehen, dass auch wenn der Film über seine 110 Minuten durchgehend unterhält und fesselt, einige Szenen den Bogen an ‘Sonderheit’ einfach überspannen – Stichwort: Meerjungfrau. An manchen Stellen geht der Film hier einfach etwas zu weit, wird mir zu realitätsfern, was mir nicht so wirklich zusagte. Die Genreklassifizierung “Horror” trifft übrigens meiner Meinung nach zu, auch wenn er sich bis auf die letzten Minuten eher zurückhält und sich vorher eher darauf fokussiert, die entsprechende Stimmung aufrechtzuerhalten. Auch an Blut wurde übrigens nicht gespart.

Wie bereits zu Beginn erwähnt, sind in den Hauptrollen dieses Films Willem Dafoe und Robert Pattinson zu sehen, die beide auf ganzer Linie überzeugen können. Diese beiden Darsteller spielen hier mit das Beste, was ich in den letzten Jahren schauspielerisch zu Gesicht bekommen habe und wenn nicht mindestens einer, egal ob Dafoe oder Pattinson, für den Oscar nominiert sein wird, dann verliere ich den letzten Funken Hoffnung in diese Preisverleihung. Willem Dafoe als Thomas Wake spielt einen alten, von seinen eigens kreierten Regeln besessenen Mann mittleren Alters, der zudem noch übermäßig viel Alkohol zu sich nimmt und immer wieder die ein oder andere Seemannsgeschichte auf Lager hat um Unbehagen hervorzurufen. Die Rolle ist ihm so fantastisch auf den Leib geschneidert, dass das beste an seiner rundum grandiosen Performance seine Augen sind, denn egal wie lang seine Monologe sind, er blinzelt einfach nicht. Es ist, als starre er einem direkt in die Seele und das hat eine unfassbar fesselnde Wirkung, denn an den Inhalt der Monologe kann ich mich weniger erinnern als an seine gottverdammten Augen, die ich so schnell definitiv nicht aus dem Gedächtnis bekommen werde. Auf der anderen Seiten haben wir da Pattinson, der heutzutage immer noch für seine Darstellung des Edward Cullen in Twilight als nicht groß talentiert abgestempelt wird. Wer das allerdings nach Good Time, High Life, The King und spätestens nach The Lighthouse noch immer denkt, den kann ich einfach nur schwer beim Wort nehmen. Nicht ohne Grund wird er der nächste Batman-Darsteller sein und auch im nächsten Film von Christopher Nolan eine der Hauptrollen einnehmen; Robert Pattinson ist einer der talentiertesten Schauspieler, die wir derzeit haben, ohne wenn und aber. Auch in The Lighthouse überzeugt er voll und ganz und in der Rolle des Ephraim Winslow entfaltet er sich schauspielerisch auf allen Ebenen. Von Minute zu Minute wird seine Figur verrückter und verrückter und die Leichtigkeit, mit der Pattinson das herunterspielt ist absolut bemerkenswert. Ich kann mich beim besten Willen nicht entscheiden, wen ich überzeugender fand, ich tendiere aber leicht zu Dafoe.

Das vermutlich optisch auffälligste an “The Lighthouse” ist sein Look, denn der Film wird in einem nahezu quadratischen Bildformat sowie in schwarz-weiß aufgeführt, was dem Zuschauer unter anderem die Zeit des Geschehens, das Ende des 19. Jahrhunderts, näherbringt. Ich hatte zwar zunächst Bedenken diesbezüglich, aber wurde schnell eines besseren belehrt. Der einzigartige Look kreiert eine fast unvergleichbare Sogwirkung und somit endet man schnell in einem Art Tunnelblick, welchen man bis zum Ende der Credits kaum mehr los wird. Die Kameraführung ist durchweg hervorragend und bietet sowohl viele wunderschöne Longshots, als auch faszinierende Close-ups, die unter die Haut gehen. Besonders wenn Ephraim und Thomas im Mittelpunkt des Bildes stehen, ist besonders auffällig, was für ein gutes Auge Robert Eggers doch hat und wenn die Kamera sich durch die Räume und gelegentlich sogar Wände und Decken bewegt, muss man einfach staunen, wie gut hier das Produktionsdesign und die Kamera-Einheit zusammengearbeitet haben. Auch der Schnitt ist ununterbrochen sehr gut, passt sich perfekt der Dramaturgie an und kann auch oft im Zusammenspiel mit dem Score überzeugen. Apropos Score, dieser ist einfach fantastisch, unfassbar düster, fesselnd und intensiv. Mark Korven hat hier wirklich ein beinahe unvergleichliches auditives Erlebnis erschaffen, welches einem alleine beim Zuhören eiskalt den Rücken herunterlaufen lässt. Das Sounddesign tut sein übriges und so klingt alles in diesem Film unfassbar intensiv, damit meine ich, dass man auch das kleinste bisschen Bewegung, das leisesten Knarren von Holzdielen oder das entfernteste Möwenkreischen wahrnimmt, was die Atmosphäre des Films ein ums andere Mal perfekt ergänzt.

The Lighthouse ist technisch absolut hervorragend, überzeugt mit einem ungewohnten Look, starker Kamera und vielleicht dem besten Score des Jahres mindestens genauso sehr wie mit seinen Darstellern. Leider wird der Film in einigen Momenten etwas zu merkwürdig für meinen Geschmack, was dem Erlebnis an sich allerdings nur wenig geschadet hat. Ich würde den Film auf alle Fälle weiterempfehlen, auch wenn ich absolut verstehen kann, weswegen viele mit diesem Film nicht allzu viel anfangen werden können, denn für jedermann ist er definitiv nicht.