Er gehört mittlerweile zu den einflussreichsten und wichtigsten Filmemachern unserer Generation: David Fincher wird in manchen eher gewagten Thesen gar als neuer Kubrick (2001, Uhrwerk Orange, The Shining…) des angebrochenen Jahrtausends betrachtet. Zumindest was das Auge für Details und seinen fast schon besessen anmutenden Perfektionismus angeht. “He’s incredibly specific. He never settles. And there’s a purity that shows in his work“, Worte über ihn, die seine Genauigkeit belegen und den Vergleich mit Kubrick bedeuten. Genau wie Kubrick ist auch Fincher bekannt dafür, seinen Schauspielern alles abzuverlangen und dabei an Grenzen geht. Sein Stil ist dabei so kontrolliert wie seine Persönlichkeit: Mit durchdachten Bewegungen drückt er die Emotionen seiner Charaktere aus, seine Farbpalette wirkt häufig entsättigt, dunkel und stellt dem Schwarz meist nur einen schwachen Kontrast entgegen, seine Geschichten immer wieder bestimmt von nonlinearer Narration – vielen seiner Filme ist der Einfluss des Film Noir kaum abzusprechen.
Mit dem bevorstehenden Release seines 11. Spielfilms Mank (Release: 04. Dezember auf Netflix), in dem er sich ins Hollywood der 30er begibt, ist es Zeit, auf seine Filmographie zurückzuschauen. Fincher hat eine Reihe Kinofilme gedreht, die es zweifellos wert sind, retrospektiv über sie zu sinnieren und – wie könnte man anders in eine Reihenfolge zu bringen, die meiner persönlichen Einschätzung ihrer “Qualität” entspricht. So subjektiv wie es klingt: Wie wäre euer Ranking, welchen Film seht ihr vorne oder ganz hinten?
10. The Game (1997)
Es ist verständlich, wenn die niedrige Platzierung von The Game in einigen Köpfen Fragezeichen auslösen. Doch während der Großteil des 23 Jahre alten Films grundsolide in klassischer Fincher-Manier abgedreht wurde, ist The Game aus meiner Sicht das beste Beispiel dafür, wie sehr ein Ende das gesamte Filmerlebnis beeinflussen kann. Bestenfalls natürlich positiv – kaum jemand würde wohl das umstrittene Saw-Franchise feiern, wenn die charakteristischen Endsequenzen nicht wären – in diesem Falle leider im Gegenteil. So wenig David Fincher als Regisseur auch für das Skript kann: Ein Ende, das nicht nur tonal völlig unpassend ist, sondern dem gesamten Werk auch noch eine maximal fragwürdige Botschaft verleiht, ist liebend gerne als Impertinenz zu bezeichnen. Und ja, es ist der einzige Grund, dass The Game aus meiner Sicht der schwächste Fincher-Film ist. Für mich reicht er aus, da es die Qualität des Rests des Films letztlich geradezu nichtig macht.
9. Der seltsame Fall des Benjamin Button (2008)
Mit Benjamin Button macht Fincher nicht viel falsch. Er verfilmt das Drehbuch von Eric Roth und F. Scott Fitzgerald geübt, wechselt dabei aber von der für ihn üblichen dunklen Seite des Menschen in die leichtere, heilsame Gegend. Ein großer Kontrast zu seinen anderen Filmen. Benjamin Button ist kein schlechter Film – es ist jedoch diskutabel, ob zur Verfilmung einer kleinen Kurzgeschichte eine Laufzeit von über 160 Minuten angebracht ist, prestigeträchtige Schauspieler wie Brad Pitt spielen überraschend enttäuschend und selbst die Visualität mutet bisweilen geradezu generisch an. Vielleicht ist Fincher einfach mehr für die Verfilmung Schattenseite des Menschseins geboren als für die der Freude und der großen Emotionalität.
8. Verblendung (2011)
Drei Jahre später kehrt Fincher zu seinem üblichen Stil zurück. Mit Verblendung inszenierte er einen noiresquen, düsteren, stilisierten, waschechten Thriller, mitsamt düsterer Lichtstimmung ruhiger Atmosphäre und scharfem Schnitt. Highlight in Verblendung: Rooney Mara bringt in ihrer Rolle als Lisbeth Salander Höchstleistungen auf. Im Gegensatz zu kommenden Einträgen dieses Rankings ist Verblendung aber lange nicht so wegweisend wie man vermuten würde. Denn bisweilen fehlt es dem Film an Leichtigkeit, er wirkt viel schwerer und mühsamer als er müsste. Das liegt an einer überfrachteten Geschichte, die nicht allzu gelenk von Roman zu Drehbuch übertragen wurde und an den fahlen Farben, die auch hier wieder ihren Nutzen haben, aber mit der Emotionalität auch immer wieder etwas Spannung ziehen. Versteht mich nicht falsch, Verblendung ist ein guter Film, der vor Fincher nur so strotzt. Aber das vielleicht etwas zu sehr…?
7. Alien³ (1992)
Für viele die offensichtliche Wahl für den letzten Platz in einer solchen Liste, erkenne auch ich die großen Probleme von Alien³ an. Positiv muss man dabei aber anmerken: Wenn dieser Film für etwas gut war, dann ist es, dass er David Fincher den Weg zum Spielfilm und weg vom Musik- und Werbevideo geebnet hat und zum anderen, dass hiermit direkt klar gestellt wurde, dass ein Man mit dem Charakter von David Fincher die volle Kontrolle über sein Werk braucht. Dieser Mann in Verbindung mit einem monetär höchst profitablen Franchise und einem kohleriechenden Megakonzern dahinter, der bei Entscheidungen mitspielen will? Jeder weiß es jetzt: Keine gute Kombination.
Alien³ ist im Gegensatz zu seinen Vorgängern thematisch “a hot mess”. Er versucht, künstlerische Kreativität mit kalkulierender Unterhaltungsmaschinerie zu verheiraten: und schlägt darin größtenteils fehl. Der gesamte Film wirkt wie ein tollkühner Versuch, aus einem Sequel etwas völlig Eigenes zu machen, ein Kunstwerk, das eine Reihe in neue Bahnen lenken soll – dem aber mit aller Macht entgegengewirkt wird. Dass Alien³ trotzdem über so einigen anderen Vertretern von Finchers Filmographie steht, liegt letztlich an persönlicher Vorliebe: Ich liebe es, in einzigartigen Atmosphären zu versinken, und das gelingt Fincher in Alien³ allemal. In keinem anderen Alienfilm abgesehen vom legendären Original wird das bedrohliche und schmutzige Gefühl des Settings so sehr im Kopf des Zuschauers heraufbeschworen. Der Film ist düster durch und durch: Und deshalb mag ich ihn, trotz seiner markanten Schwächen.
6. Panic Room (2002)
Eigentlich ist an Panic Room nicht viel Besonderes. Oberflächlich betrachtet handelt es sich um einen simplen Home-Invasion-Thriller, bei dem der Titel den Großteil der Handlung bereits verrät und der schnell mal nach Ende eines anstrengenden Arbeitstags auf der Couch mit einer XXL-Packung Erdnussflips zu Gemüte gezogen werden kann. Was Panic Room so gut macht, ist, dass er die Inszenierung dieses Subgenres letztendlich perfektioniert. Man kann dem Film kaum etwas vorwerfen: Er kaut die bekannten Klischees der Home Invasion durch, zeigt aber allen anderen, wie man ebendiese Klischees auf die Leinwand zu bringen hat. Gerade in der ersten Hälfte ist Finchers Handschrift kaum zu übersehen. Rein inszenatorisch nahezu perfekt. Dazu kommt ein Cast, der mit Jodie Foster, Kristen Stewart, Forest Whitaker und Jared Leto heutzutage überraschend namhaft ist.
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