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Familie Peterson trauert um ihren im Wüstenkrieg gefallenen Sohn Caleb, als auf einmal ein Unbekannter namens David vor der Tür steht. Er behauptet, an der Seite von Caleb gekämpft zu haben und gut mit ihm befreundet gewesen zu sein. Gerührt bieten die Petersons ihm für einige Tage Unterkunft in ihrem Haus an. Der Fremde scheint der perfekte Gast zu sein. Doch dann häufen sich plötzlich mysteriöse Unfälle im Umfeld der Familie, und die Petersons werden misstrauisch.
Regie: Adam Wingard
Drehbuch: Simon Barrett
Kamera: Robby Baumgartner
Schnitt: Adam Wingard
DarstellerInnen: Dan Stevens, Maika Monroe, Brendan Meyer, Sheila Kelley
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 1h40min
Genre: Action, Mystery, Thriller

Eine lange und verlassene Straße. Ein konstantes Joggen. Eine gleichmäßige Atmung. Und wahrscheinlich nicht der Anflug einer erhöhten Herzfrequenz. So trifft man zum ersten Mal auf David Collins. Der junge Ex-Soldat begibt sich nach seinem Austritt aus dem Militärdienst zum Hause der Familie Peterson, unter dem Verheiß dort einem verabschiedeten Versprechen nachzukommen. Besagtes Versprechen beinhaltet den Auftrag des verstorbenen Caleb, nach seinem Ableben seinen Angehörigen beizustehen und sich ihres Wohlbefindens zu vergewissern. Nachdem er seine Beziehung zu Caleb schildert, gewährt die Familie ihm Einlass auf unbestimmte Dauer. Eine Entscheidung, welche ungesehene Konsequenzen mit sich trägt.

Es gibt eine undefiniert breite Palette an benutzbaren Komponenten, deren Kombination ein Filmerlebnis so richtig einnehmend gestalten kann. Eine oftmals etwas vergessene aber unglaublich effektive Komponente dieses Rasters ist pure Ungewissheit. Dabei muss eine genaue, von der Inszenierung gegebene Richtung nicht immer gleichbedeutend dazu stehen, dass man auf alles noch kommende in dem Sinne vorbereitet ist, dass es der letztendlichen Realität entspricht. Nicht ausschließlich die Verwendung eines Weckrufs erzeugt die Spannung, sondern auch die Ungewissheit davon, wann der Weckruf kommt. Das ist der Aspekt, den The Guest beinahe revolutioniert.

David ist der perfekte Gast. Er stellt keine Forderungen, wird nicht kleinlaut und spricht bei der winzigsten Gelegenheit seine Dankbarkeit aus. Alles in allem eigentlich die Art Mensch, den man gerne auf Weiteres beherbergt. Und doch verbreitet sich dieses Gefühl, als ginge hinter der freundlichen Fassade noch etwas mehr vor sich. Es ist erstaunlich, wie leicht es unter den falschen Umständen sein kann zu vergessen, dass man einen Wildfremden vor sich hat. Eine trauernde Familie zerbricht an dem Verlust ihres im Krieg gefallenen Sohnes. Keine fünf Minuten nach dem ersten Blickkontakt wirkt David bereits wie ein glückseliger Ersatz auf die am Boden zerstörte Mutter Laura. Ein paar Feierabendbiere später und Vater Spencer schöpft neue Kraft seinen Alltag wieder motiviert anzugehen. Durch diesen Aufschwung leitet der Film sich mit einer äußerst interessanten Thematik für seine Storyline ein.

Für die Familienmitglieder stellt David eine Form des Delegators dar. Sei es die sinngemäße Reanimierung eines vermissten Verstorbenen, der verantwortungsbewusste und zuverlässige Helfer oder schlichtweg jemand, der sich deine Probleme anhört. Ein zuerst unverhofftes Ventil, welches mit der Zeit aber immer notwendiger wird, um ein Leck zu flicken. Während David der Familie vorläufig ein Gefühl von Beistand und Sicherheit geben kann, befasst sich The Guest auf seiner Seite der Geschehnisse aber noch mit einer anderen Thematik. Und dort liegt der wahre Schrecken der Geschichte. Ein Großteil aller zurückkehrenden Kriegsveteranen leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Da bildet David keine Ausnahme. Die Auseinandersetzung damit findet aber nicht durch graphische Rückblenden oder gesprochene Worte statt, sondern zeigt sich auf möglichst subtile Weise. Was diese Figur mit zurückbringt, hat das Potenzial die Tore zur Hölle aufzustoßen. Dies macht sich Adam Wingard mit einer niederschmetternden Pointe zu Gebrauch. Allerdings ist es auch kein astreines Unterfangen.

Es ist wirklich eigenartig, in welche Richtung diese Ausgangssituation dann bis vor knapp unter der Hälfte der Laufzeit gedreht wird. Wo der Film nämlich zuerst wie ein langsamer Mystery-Thriller vor sich hin schleicht, entlädt er sich danach mit einem Schnippen in einen kompromisslosen Horror-Actioner. Ein gewagter und interessanter Mix, welcher aber folgendes Problem und Nichtproblem hat: The Guest ist im Endeffekt zwei verschiedene Filme in einem.

Das Nichtproblem an der Sache ist, dass beide Akte voneinander abgegrenzt funktionieren. Die erste Hälfte ist durch die undurchsichtige Präsenz des Charakters David Collins nervenzerfetzend spannend und lässt die Erwartungen für den Fortlauf der Geschichte steigen, die zweite Hälfte wartet mit grandioser Ultrabrutalität auf und erfährt einen Klimax immenser Intensität und fader Bitterkeit. Das Problem an der Sache ist dann aber wiederum, dass die Akte im Doppelpack den Anschein machen, als seien beide nicht völlig ausgefeilt. So wird den anfangs ansprechenden Themen zu rapide die Schnur durchtrennt, um die Storyline noch nachhaltiger einziehen zu lassen, während sich der Rest kurz und hart ausgedrückt vorstellt, als hätte er die falsche Telefonnummer gewählt. Deswegen können einige Fragen aufkommen, von denen sich besonders eine nicht beantworten lässt: Verdirbt der Umschwung im Verlauf der Handlung den brillanten Ersteindruck oder war der brillante Ersteindruck für den noch folgenden Umschwung schlichtweg die falsche Wahl?

Sofern man mit dem fremdartigen Plot akklimatisieren kann, bereitet The Guest aber permanent unheimliche und stylische Unterhaltung. Es finden sich darüber hinaus durchaus einige Ungereimtheiten in der Geschichte, insbesondere das Agieren und Reagieren einiger Figuren ist – versöhnlich formuliert – verdammt fragwürdig, aber die kräftige Sogwirkung tröstet über die begangenen Fehltritte des Drehbuchs hinweg. Die Cinematographie fängt das Setting wunderbar ein, der Synthesizer-Score erinnert an Thriller vergangener Tage und besonders das Finale ist eine einzige inszenatorische Wucht. Dan Stevens meistert die Balance zwischen charmantem Gentleman und unaufhaltsamem Psychopathen und weiß neben tollen Darstellern wie Maika Monroe immer noch das schauspielerische Highlight darzustellen. Mit ein paar Minuten mehr auf der Uhr hätte der Film seine Inhalte noch mehr ausbauen können, aber für kurzweilige, stimmige und oftmals unvorhersehbare Faszination reicht das Endergebnis allemal.

7.0
Punkte