Es ist soweit. Erste Eindrücke von Denis Villeneuves Versuch, Frank Herberts Sci-Fi-Epos Dune ein für alle mal auf der großen Leinwand gerecht zu werden, sind da. Ich bin schon seit langem großer Fan der Vorlage und kann mich an keinen Film erinnern, der je mehr Vorfreude in mir ausgelöst hätte. Die Vorlage ist eine literarische Legende, deren Spuren in zahlreichen modernen Serien- und Filmlieblingen zu finden sind. Doch war es scheinbar immer ein Ding der Unmöglichkeit, Dune zu verfilmen. Jodorowsky ist an der Mammut-Aufgabe gescheitert und das gleiche sagen die meisten über David Lynchs tatsächlich realisierte Verfilmung von 1984. Und an die Serie irgendwann in den 2000ern erinnert sich heute auch niemand mehr. Warum ich aber glaube, dass es diesmal endlich soweit ist, hat einige Gründe:

Die Vorlage ist so aktuell wie eh und je

Wer nicht weiß, worum es geht: Dune spielt hauptsächlich auf dem Wüstenplaneten Arrakis, der eine der wenigen Orte des Universums darstellt, wo das wertvollste Material des Universums gewonnen werden kann: Das Spice. Dieses Gewürz erlaubt es einem, in die Zukunft zu sehen und ist damit für alle möglichen Zwecke unabdingbar, so auch beispielsweise für die Navigation in der Raumfahrt. Dem Herzog Leto Atreides wird vom Imperator die Herrschaft über Arrakis übertragen, woraufhin er mit seiner Familie, der Konkubine Jessica und dem Sohn Paul, und seinem gesamten Haushalt auf den Planeten zieht. Das Problem sind nur die bisherigen Herrscher des Planeten, das Haus Harkonnen, deren ewig währende Feindschaft mit den Atreides zwischen ihnen steht. Außerdem wären da noch die Fremen, das Wüstenvolk, das mit ihren ganz eigenen Methoden in der unwirtlichen Wüste überlebt.

Timothée Chalamet und Rebecca Ferguson als Paul und Jessica Atreides ©Vanity Fair

Man könnte meinen, ein Science-Fiction-Roman aus dem Jahr 1965 wäre heute irrelevant und veraltet. Bei Dune kann ich euch sagen, ist das nicht der Fall. Denn nahezu alle Themen lassen sich noch heute nahezu 1:1 auf die reale Welt übertragen. Da wäre das Thema des Umweltschutzes, das ohne je richtig ausgesprochen zu werden, im Roman über allem thront und heute eines der wichtigsten Themen unserer Zeit ist. Die immer weiter steigende Islam-Feindlichkeit in der westlichen Welt wird durch den Umgang mit den Fremen verkörpert, deren Kultur und Umgebung zweifellos auf den Islam unserer Welt zu übertragen ist. Ganz ähnlich wie bei Kandidaten wie Game of Thrones spricht Dune auch darüber, wie die menschliche Politik die Augen vor den großen, wahren Problemen verschließen lässt. Dazu kommen Themen wie die Technisierung der Welt, Wasserkriege und dem Messias-Komplex, Kapitalismus und alles was dazu gehört. Dune ist eine fast schon gruselig prophezeiende Geschichte, die nichts an Aktualität verloren hat.

Das tolle an der Vorlage ist also, dass sie auch heute noch, mehr als ein halbes Jahrhundert nach Veröffentlichung, thematisch unglaublich viel zu bieten hat. So viel, dass für die ausufernde Geschichte niemals Platz in einem Film wäre. Die Entscheidung von Denis Villeneuve, Dune zweizuteilen, war also eine richtige…

Josh Brolin als Gurney Halleck ©Vanity Fair
Oscar Isaac als Herzog Leto Atreides ©Vanity Fair

Denis Villeneuve hat eine weiße Weste

Nahezu jedem gefeierten Regisseur ist mal ein wenig die Hand ausgerutscht. Nicht im wörtlichen Sinne, sondern im Sinne der eigenen Filmographie. Nolan hat den von der Allgemeinheit eher mittelmäßig aufgenommen Abschluss seiner Dark-Knight-Trilogie The Dark Knight Rises, Peter Jackson hat seine Hobbit-Trilogie, Francis Ford Coppola hat Der Pate 3. Es gibt nur wenige Regisseure auf der Welt, die noch aktiv sind und wirklich eine weiße Weste haben. Denis Villeneuve gehört aber genau da zu.

Polytechnique, eines seiner eher unbekannteren Werke, als grausam lehrendes Drama über einen Amoklauf. Incendies mit einem der härtesten Wendungen der Filmgeschichte. Prisoners als einen der emotionalsten und packendsten Thriller des Jahrzehnts. Enemy als schwer zu durchschauender, aber genialer Mind Fuck. Sicario als atmosphärischer, grandios inszenierter Drogen-Thriller. Arrival, ein philosophisches Science-Fiction-Fiction-Drama, als sein bekanntestes Werk und Blade Runner 2049 als unmöglich gutes Sequel zu einem Klassiker der 80er Jahre. Villeneuve hat alles mal gemacht. Und jeder einzelne Film in dieser Liste mag zwar an den Kinokassen nicht immer gut performt haben, ist aber nicht weniger als großartig. Villeneuve gehört in diesen Jahren zweifellos zur Riege der Großmeister der Regie.

Wo man sich bei jedem anderen Regisseur also Sorgen machen könnte und wohl müsste, ist Denis Villeneuve das wohl sicherste Paket, das man aktuell bekommen kann, um die Chancen auf einen großartigen Film zu maximieren. Dazu kommt, dass Villeneuve mit Arrival und Blade Runner 2049 mittlerweile genug Genre-Erfahrung gesammelt haben sollte, um für Dune perfekt vorbereitet zu sein. Nicht nur das, auch scheint die Zeit einfach reifer zu sein für eine solche Adaption als es beispielsweise 1984 zu Zeiten der Lynch-Verfilmung der Fall war. Spezialeffekte, Kulissen, Produktions- und Kostümdesign, all diese Aspekte werden 2020 der Vorlage mit Sicherheit mehr gerecht sein können als es vor 36 Jahren der Fall war.

Regisseur Denis Villenuve und Javier Bardem als Stilgar ©Vanity Fair

Der Cast ist unfassbar gut

Wo Kyle MacLachlan in der als gescheitert geltenden Dune-Verfilmung von David Lynch (1984) einfach viel zu alt für Paul Atreides (dem Protagonisten von Dune) aussah, ist Timothée Chalamet in den letzten Jahren nicht nur als großer Liebling der Szene aufgestiegen, er passt mit seiner jugendlichen Verletzlichkeit auch schlicht und einfach perfekt in die Rolle. Rebecca Ferguson spielt Lady Jessica, die Mutter von Paul, die zu dem mysteriösen Hexenorden der Bene Gesserit gehört. Oscar Isaac steckt dagegen in der Rolle seines Vaters, das Familienoberhaupt. Stellan Skarsgard spielt den gierigen, hinterlistigen und fetten Gegenspieler der Atreides, den Baron Vladimir Harkonnen. Das Wüstenmädchen Chani wird von Zendaya verkörpert. Der charismatische Schwertmeister Duncan Idaho von Jason Momoa. Bevor ich hier noch ewig weiterschreibe: Auch Dave Bautista, Josh Brolin, Javier Bardem, Charlotte Rampling und Stephen Henderson spielen mit.

Zendaya als Chani ©Vanity Fair

Was ich damit sagen will: Der Cast ist von Stars überhäuft. All diese Namen in einem Paket zu sehen, ist eigentlich unfassbar. Selbstverständlich ist ein guter Cast kein Garant für einen guten Film – was mich aber hoffen lässt, ist, dass jeder dieser Schauspieler zumindest auf den ersten Blick richtig gut in die Rolle passt. Und da sich alle dieser Akteure in den letzten Jahren ihre Namen auch wirklich verdient haben, scheint schon klar zu sein, dass der darstellerische Aspekt von Dune abgedeckt ist.

Jason Momoa als Duncan Idaho ©Vanity Fair

Die ersten Stimmen und Eindrücke sind vielversprechend

Bis heute hatten wir nicht viel von Dune. Nur den Namen, den Regisseur, die Darsteller, ein Poster und einige wenige Stimmen von Crew-Mitgliedern, die das bisher gesehene in den Himmel lobten. Mit dem Artikel der Vanity Fair hat sich das geändert. Es gibt nicht nur Bilder, es gibt auch Informationen, welche Änderungen Villeneuve an der Vorlage vorgenommen hat. Zum ersten: Die Bilder sehen fantastisch aus. Das Kostümdesign ist on point und hat nichts mehr von der Skurrilität von Lynchs Version. Die ersten Bilder wecken nicht nur eine Menge an Fantasie, sie scheinen auch wie erwartet extrem getreu der Vorlage zu sein.

Wo Villeneuve sich von dieser entfernt, sind vor allem drei Charaktere. Aus Baron Harkonnen, der verabscheuenswürdige Gegenspieler von Leto Atreides, wird laut dem Regisseur durch Stellan Skarsgard weniger der karikaturenhafte, fette Wahnsinnige und mehr ein furchteinflößender politischer Jäger. Lady Jessica verändert er, wie er scherzhaft in dem Artikel beschreibt, von einer Space-Nonne zu einer Kriegs-Priesterin. Und zuguterletzt wird aus dem Fremen-Botschafter Liet Kynes eine dunkelhäutige Frau. Gerade die letzten beiden Änderungen halte ich für großartig, da für mich das größte Problem der Dune-Bücher die Darstellung von Frauen war. Wenn Villeneuve das angeht, ist das nur ein noch besseres Zeichen.

Sharon Duncan-Brewster als Kiet Lynes ©Vanity Fair

Also zusammengefasst gibt es aktuell eigentlich nur gute Zeichen. Dass viele Filme durch die Corona-Krise auch noch nach 2021 verschoben wurden, steigert die Chancen nur noch, dass aus Dune der Film des Jahres wird. Nun sollten wir aber alle abwarten, Tee trinken und auf den ersten Teaser-Trailer warten… 😉 Was haltet ihr bisher von dem, was wir von Dune gesehen haben?