©Amblin Entertainment
© TMDB
Drehbuch: Bradley Cooper, Josh Singer
Schnitt: Michelle Tesoro
Kamera: Matthew Libatique
Schauspieler*innen: Carey Mulligan, Bradley Cooper, Matt Bomer, Maya Hawke
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 2h11min
Genre: Romance, Drama, Music
Zu träumen ist ein gefährliches Wagnis, denn wie garantiert man sich selbst, dass Träume eines Tages wahr werden? Ambitionen erreichen schnell Höhen, deren Messlatten nicht mehr ohne Risiko beim Sprung zu überqueren sind. Es liegt bei einem selbst, ob einem der Sprung und der potenzielle Knochenbruch den Versuch wert sind. Im Fall von Leonard Bernstein (Bradley Cooper) wird der Akt ohne Wenn und Aber angenommen, als ein eingeplanter Dirigent wie auch sein Ersatz ausfallen. Nur ein panischer Anruf genügt, um Bernstein binnen eines Abends zum Superstar des Orchesters zu verwandeln. Die Erfüllung eines Traumes mit all ihren Höhen, Tiefen und Brüchen nimmt Anlauf, stolpert jedoch bereits beim gewollten Absprung und fügt sich ein stetig wachsendes Hämatom zu – das Fehlen erkennbarer Intentionen.
Luft und Liebe
Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller in einem: Bradley Cooper nimmt sich in seinem neusten Werk einiges vor und füllt es mit sichtbarer Leidenschaft. Hierbei will er jedoch kein klassisches Biopic über einen gefeierten Komponisten zeichnen, sondern vielmehr Verständnis für seine Beziehungen zu seinem Umfeld schaffen; insbesondere mit dem Fokus auf das Verhältnis zwischen ihm und seiner Frau, Felicia Montealegre (Carey Mulligan). Interessant ist die gewählte Perspektive, da man sich somit größtenteils von dem distanziert, wofür die als Grundlage dienende Person eigentlich bekannt ist.
Deswegen wohnen wir vielen intimen Momenten bei und inwiefern jene vom professionellen und publiken Leben Bernsteins beeinflusst werden. Felicia und Leonard schmiegen sich aneinander, kichern wie in einer frühen Jugendliebe und lassen sich von der Gesellschaft des jeweils anderen beflügeln. Romantisierend zelebriert Cooper die Individuen vor der Kamera, sind sie doch alles in allem anständig, aufrichtig und liebenswert. Frei von Hürden ist diese Ehe aber natürlich nicht, was in den finalen 40 Minuten der Geschichte nochmal umso deutlicher wird. Als klarer Gewinner geht aber ausschließlich das Feine und Menschliche in den Charakteren hervor.
Inszenatorisch tut sich somit ein starker Zwiespalt auf, denn durchaus beweist Bradley Cooper vor wie auch hinter der Kamera ein Gespür für Humanität und lässt Menschen ohne weiteres Menschen bleiben. Nichtsdestoweniger wird man beim Beiwohnen der harmonischen und harmlosen Höhepunkte den Verdacht nicht los, dass man auf eine gewisse – wenn auch keinesfalls böswillig-beabsichtigte Weise – manipuliert wird. Man wird von der Narrative förmlich dazu gezwungen, in einem äußerst komprimierten Rahmen von den Figuren zu denken. Irgendwie ist dies angenehm, irgendwie aber auch wahnsinnig uninteressant.
Dramaturgische Konsequenzlosigkeit
Sicherlich ist nicht das behandelte Subjekt der ausschlaggebende Punkt für diese Wirkung. Keine eigenständige Meinung wird dem Publikum gewährt, da der Film mit seinen Erkenntnissen bezüglich des Themas bereits abgeschlossen hat und diese lediglich darlegt. Über allem Klagen und Weinen steht letztendlich immer die Fähigkeit der Vergebung. Ob dieser sympathische, gar schnulzige Effekt der Realität entspricht oder nicht, ist in der Hinsicht völlig gleichgültig – wie auch die erwirtschaftete Haltung der Zuschauerschaft zum Geschehen, da kein greifbarer Konflikt für Emotionen geboten wird.
Viel reden die Charaktere miteinander, nicht viel weniger schweigen sie sich an, am wenigsten lässt sich allerdings der präsentierten Liebschaft entnehmen. Streiten die beiden Hauptfiguren eben noch heimlich im Beisein diverser Partygäste, knuddeln sie fünf Minuten später wieder, als sei nie etwas gewesen. Das Drehbuch traut sich in den seltensten Momenten an die delikaten Themen des Werdegangs Bernsteins heran und entzieht selbigem dadurch sämtliche Relevanz.
Wenn sich eine Gelegenheit zur kritischen Auseinandersetzung mal auftut, zieht die Dramaturgie reflexartig den Schwanz ein. Worauf dieses Werk also hinaus möchte, ist beim Abspann äußerst schleierhaft. Zuweilen elektrifiziert Maestro mit den empathischen Performances seines Ensembles und hingebungsvollen Passagen von Musik. Wenn allerdings nach so einem leeren Konstrukt der abschließende Satz „Noch Fragen?“ lautet, kann es beinahe schon als Provokation interpretiert werden.
MAESTRO IST SEIT DEM 20. DEZEMBER 2023 BEI NETFLIX VERFÜGBAR
5.0 Punkte
Dorian
Ähnliche Beiträge
Die Leidenschaft Filme jeder Art in sich hinein zu pressen, entbrannte bei mir erst während meines 16. Lebensjahres. Seit diesem Zeitraum meines Daseins gebe ich jeder Bewegtbildcollage beim kleinsten Interesse eine Chance, seien es als Pflichtprogramm geltende Klassiker oder unentdeckte Indie-Perlen.