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Mike Schmidt ist der Hauptprotagonist in Five Nights at Freddy’s. Er wird Sicherheitsbeamter in Freddy Fazbear’s Pizza, in der sich des Nachts vier Animatronics verselbstständigen und den dort arbeitenden Nachtwächter bedrohen.
© TMDB
Regie: Emma Tammi
Drehbuch: Tyler MacIntyre, Seth Cuddeback, Chris Lee Hill, Emma Tammi, Scott Cawthon
Schnitt: William Paley, Andrew Wesman
Kamera: Lyn Moncrief
Schauspieler*innen: Josh Hutcherson, Piper Rubio, Elizabeth Lail, Matthew Lillard
Produktionsjahr: 2023
Land: USA
Sprache: Englisch
Länge: 1h50min
Genre: Horror, Mystery

Singende und tanzende, als flauschige Tiere kostümierte Roboter performen schwungvolle Rock-Songs, während grölendes Gelächter die Hallen erhellt. Fantasie und Realität verschmelzen an jenem Ort, der Kinderherzen höherschlagen lässt – zumindest war dem einst so. Freddy Fazbear’s Pizzeria ist eine verlassene Ruine mit dunklem Geheimnis, die dennoch einen Wachmann benötigt, um in Schuss gehalten zu werden. Für Mike Schmidt (Josh Hutcherson) beginnt ein ungewöhnlich ereignisarmer Job, der allerdings in unvorhergesehene Herausforderungen mündet. Die hiesigen Roboter verselbständigen sich und schlurfen mit bösen Absichten über die Flure, schnurstracks auf dem Weg zu Mikes Büro.

Basierend auf dem Phänomen, welches im Jahre 2014 die Videospielwelt im Sturm eroberte und diverse Nachfolger, Fangames sowie Souvenirs mit sich brachte, erscheint nach schier endlos wirkender Produktionshölle die heißersehnte Verfilmung von Scott Cawthons Meilenstein. Damit wird nicht nur sein Traum, sondern auch der einer gigantischen Fanbase wahr, welche den Kern der Spiele bereits von vornherein als filmwürdig deklariert hat. Die Ausgangslage für verstörenden und deprimierenden Horror könnte idealer nicht sein und dennoch wird die Pointe früh verschossen: Five Nights at Freddy’s ist als Adaption und Neuinterpretation gleichermaßen eine Vollkatastrophe.

Scheinwerfer von der Bühne

Intrudieren tut der Film sein Szenario mit einem angsterfüllten Wächter, der innerhalb des Restaurants vor irgendetwas auf der Flucht zu sein scheint. Als er versucht die Tür zur Freiheit aufzubrechen, ertönt hinter ihm leidenschaftlicher Singsang. Kaum dreht er sich um, ist es um ihn geschehen. Sein Verbleib wie auch die tatsächlichen Geschehnisse bleiben ein Mysterium. Für unseren Protagonisten wirft der Verschleiß an Personal zwar Fragezeichen auf, eine richtige Wahl hat er jedoch nicht.

Mike hat das Sozialsystem bis zum Tiefpunkt durchexerziert: unzählige Entlassungen, unzählige Mahnungen zur Zwangsräumung, unzählige Mühen, dem Schlamassel zu entrinnen. Als Erziehungsberechtigter für seine verhaltensauffällige Schwester Abby (Piper Rubio) nimmt er das Angebot widerwillig an, da seine finanzielle Lage keine Optionen offen lässt. Das Charakterdrama um Mikes Situation und Vergangenheit wird stark ins Zentrum der Storyline gerückt, wobei die Institution wie auch ihre Attraktionen als Nebenspektakel eingestreut werden.

Selbst ab dem Moment in der Erzählung, wo Verbindungen zwischen Mikes traumatischer Biografie und dem kryptischen Bistro hergestellt werden, dient die Prämisse als Katalysator einer stereotypen Familiengeschichte. Anstatt die Grausamkeiten des Geschäfts aufleben zu lassen und somit die Quintessenz einer furchteinflößenden, in den Spielen clever metaphorisierten Geschichte um das Verschwinden wie auch Ermorden vieler Kinder zu erfassen, entscheidet sich das Drehbuch für eine sprunghafte Abhandlung eines Sorgerechtsstreits. Grundsätzlich ist die Idee hinter diesem Ansatz nicht verkehrt, doch hapert es zu sehr an deren Umsetzung.

Repetitiv wie eine verstaubte Jukebox wiederholt die Dramaturgie ihren Konflikt und wirft Charaktere in die Handlung, welche selbige auf enervierende Weise ausbremsen oder alles vorwegnehmen, was die Spannungskurve bereithalten könnte. Beispielsweise scheint die junge Polizistin Vanessa (Elizabeth Lail) – nach kurzer Zeit eine Freundin des Geschwisterduos – ausschlaggebende Informationen bezüglich der Pizzeria zurückzuhalten, obwohl sie für Mikes sowie Abbys Schicksal unverzichtbar sind. Ein kredibiler Grund wird untergraben, erst gar nicht erfragt. Der Film dreht einen großen Kreis um sein Konfliktpotenzial oder entblößt es ungewollt in Windeseile. Dies lässt sich von den berüchtigten Figuren auf der Bühne ebenso sagen, die nichtsdestoweniger seltener im Rampenlicht stehen, als es dem Werk zustehen sollte.

Abwesende Antagonisten

Zwar präsentiert die Kamera die vier Animatronics, welche einen in den Spielen bis ans Limit befördern, öfters in stolzer Manier und zelebriert ihr aufwendiges, per Handwerk angefertigtes Design, verwendet sie aber derart passiv, dass von ihnen keine merkliche Gefahrenquelle ausgeht. Es existiert eine Szene, in der ein Einbruch und die Reaktion der aggressiven Bewohner des Etablissements gezeigt wird. Die Angriffe werden überwiegend über Silhouetten in die Tat umgesetzt, was ebenfalls eine ansprechende Stilistik innehat, dennoch zu häufig und antiklimaktisch anzusehen bleibt. Bedauerlicherweise ist exakt dieser generische Höhepunkt das Eheste, was man von den Gegenspielern genießen darf.

Agieren tun sie überwiegend im Hintergrund und werden zu allem Überfluss von einer erklärungswütigen Vehemenz repräsentiert, welche die Symbolik hinter ihnen vollends aufbricht. Ursprünglich sind diese Maschinen tragische Figuren mit einer Hintergrundgeschichte, entsponnen wird diese mit einem Fingerschnipp zugunsten rezessiver Exposition. Es folgt kein Schock und erst recht keine Empathie auf ihr Vermächtnis, weil es dem Skript offensichtlich egal zu sein scheint. Stetig wird die Dramaturgie auf den Hauptcharakter geworfen und die restliche Bandbreite davon, was in seinem Schatten stattfindet, hintergangen.

Die Antagonisten werden ihrer Bedrohlichkeit beraubt. Als ernstzunehmende Vorboten des Todes werden sie zu spärlich eingesetzt, als mysteriöse Gestalten, welche einen physisch oder mental bedrängen, werden sie zu durchsichtig profiliert. Nicht nur auf der Leinwand erleiden sie somit eine Unterrepräsentierung, auch im Geiste ist die Zuschauerschaft nie wirklich bei ihnen. Hierbei beobachtet man keine Geschichte, die etwas Eigenes aus seinem Quellenmaterial herleitet und subtilen Horror als Basis für eine tiefergehende, psychologische Auseinandersetzung mit dem Subjekt kreiert. Man wohnt einer Misskonzeptionierung im schlimmsten Sinne bei, die vollkommen frei von einem Gespür für Grusel verläuft.

Wenig Horror resultiert in wenig Substanz

Dabei ist es gerade der Horror und in welche Tüten er verpackt ist, der eine Storyline spannend und faszinierend verkörpern kann. Praktisch alles inhaltlich Wichtige wird verbal ausgesprochen; in den seltensten Fällen mit einem greifbaren Kontext. So sitzt Abby beispielsweise mit Mike am Essenstisch und klärt ihn kurzerhand über das Naturell der Animatronics auf. Zwei Sätze verlangt das Drehbuch ihr ab, um sie bis auf das Endoskelett zu dekonstruieren. Noch viel problematischer an dieser ungelenken Diagnose ist die Tatsache, dass der Film durch ein Foreshadowing hetzt, welches dem Publikum die interpretative Möglichkeit ohnehin schon längst aberkannt hat – das Publikum kennt das Geheimnis der Antagonisten, muss sich einer weiteren Erklärung trotzdem beugen.

Letztendlich ist dieses Werk primär damit beschäftigt, sich bis ins peinlichste Detail auseinander zu schrauben, bis der Kiefer zuschnappt. Nach enttäuschenden Jumpscares und hölzernen Horror-Sequenzen hält nicht mal mehr die imaginative Form von Horror gegen die Langeweile des Konstruktes, da keine übriggelassen wird. Als Fazit ist dies insbesondere für diesen Film fatal: Er ist kein Horrorfilm, funktioniert aber auch im Rahmen seiner Intentionen kaum. Hanebüchene Entscheidungen innerhalb sowie außerhalb des Filmes stürzen die Performance auf der Bühne, die Stimmung landet im Keller. Lange hat man also drauf gewartet und im Austausch wenig bekommen. Schade um den inszenatorischen Aufwand, denn gerade in den einleitenden Einstellungen, in denen Mike das wundervoll erbaute, detailverliebte Horrorhaus betritt und die Animatronics ihren wilden Gig wagen, kann man nur beeindruckt sein.

Das Sound-Design kommt einem Gruselgefühl in seiner Reichhaltigkeit noch am nächsten und Regisseurin Emma Tammi beweist, dass sie eine grandiose Atmosphäre erzeugen kann. Jene bleibt aber nur partiell standhaft, substanziell ist das Ganze ausgekocht bis zum Gebein. Nie wurde eine Vorlage trotz charmanter Easter-Eggs weniger verstanden und hat dabei noch weniger selbst erwirtschaftet, denn sämtliche positive Aspekte von Five Nights at Freddy’s sind eine Steilvorlage der Spiele. Wenn es also 6 Uhr schlägt und das Paradies seine Pforten schließt, treibt einen nicht mal der Gehaltscheck zurück. Eine Nacht genügt, um die Kündigung einzureichen.

FIVE NIGHTS AT FREDDY’S LÄUFT SEIT DEM 26. OKTOBER 2023 IN DEN DEUTSCHEN KINOS

2.0
Punkte