Der ehemalige Auftragskiller John Wick (Keanu Reeves) lebt nach dem Tod seiner Frau zurückgezogen und trauernd in einer Luxusvilla. Der Hund, den seine Frau ihm geschenkt hat, ist das einzige, woran er noch hängt. Eines Nachts brechen drei Männer bei ihm ein, töten seinen Hund und zerstören somit alles, was John noch wichtig ist. Daraufhin kehrt der unverwüstbare John Wick aus seinem Ruhestand zurück und startet einen gnadenlosen Rachefeldzug, der auch vor der russischen Mafia nicht Halt macht.
John Wick stellt den ersten Teil der wohl besten Actionfilmreihe der 2010er Jahre dar und brachte Keanu Reeves zurück auf die ganz große Leinwand. Nicht nur reine Actionfans konnte der Film begeistern, sondern auch Filmliebhaber mit gänzlich anderem Geschmack, womit ich mich ein wenig in der Mitte der Lager befinde. Worauf das allgemeine Interesse und die hohe Anerkennung beruht, werde ich natürlich in dieser Review erläutern.
Was John Wick zu mehr als einer austauschbaren Actionfigur macht
Es ist größtenteils so, dass Protagonisten in (reinen) Actionfilmen wenig emotionale Tiefe besitzen, was so ziemlich jeden Film abwertet. John Wick beweist, dass es auch anders geht; zumindest in seinem ersten Ableger. Der Drehbuchautor Derek Kolstad hat die ersten beiden Ableger der Reihe alleine geschrieben und ist somit auch für den für das Genre des Action- beziehungsweise Rache-Thrillers nahezu perfekten Aufbau verantwortlich. Da der Film für mich allerdings eher ein reiner Actionfilm ist, sollte man diese Worte nicht zu sehr auf die Goldwaage legen, denn mit beispielsweise einem Oldboy hält das Drehbuch in keiner Weise mit.
Die ersten knapp 30 Minuten beinhalten den Großteil der Geschichte, danach geht es mehr oder weniger nur noch um reine Action und gerade deshalb ist diese erste halbe Stunde so wichtig. Sie muss hier nicht nur die folgenden Geschehnisse aufbauen und rechtfertigen, sondern auch noch einen uns vollkommen unbekannten Mann als die Tötungsmaschine etablieren, die er ist und uns bei Gelegenheit auch noch emotional an die Figur binden. Früh werden wir mit dem Ableben von Johns Frau konfrontiert und soweit ist das ganze auch noch relativ stereotypisch, doch emotional werden wir dann an den Film gebunden, wenn sein Hund vor seinen Augen getötet wird. Sein Hund, das letzte was er noch von seiner Frau hatte und womöglich das Tier, dass ihn noch am Leben hält. Nun heißt es Rache nehmen und durch das Zerschmettern des Bodens im Keller und der Freilegung einer Kiste voll Waffen wird uns klar, wie gefährlich und erfahren dieser Mann sein muss. Nebenbei wird in einigen Gesprächen mit beispielsweise Viggo Tarasov klargemacht, dass mit John Wick, dem ‘schwarzen Mann’ nicht gut Kirschen zu essen isst und dann passiert es: Die erste Actionszene wird eröffnet und John Wick entfesselt. Dabei, und auch in den folgenden Actionszenen, wirkt John Wick selten bis nie übermenschlich, wie es zum Beispiel der Fall bei (hier quasi beliebigen Actionhelden einfügen, der von Mark Wahlberg oder Jason Statham gespielt wird) ist. Wenn die letzte Szene des Films läuft, ist man nicht nur total adrenalingeladen, sondern auch emotional berührt davon, dass John Wick seinen Frieden wiedergefunden zu haben scheint und für mich ist das innerhalb dieses Genres ein Zeugnis von einem fast perfekten Drehbuch.
Wieso John Wick trotz wenig Inhalt interessant ist
Nun ist abseits der ersten 30 Minuten in John Wick kein wirklich inhaltlich ereignisreicher Film. Es gibt wenig Wendungen in der Handlung, Charaktere werden nicht entwickelt und abseits der Action gibt es auch sonst nicht wirklich viel positives an der Handlung, wenn man eben von der ersten halben Stunde absieht, aber das ist für einen Film des Actiongenres nicht unüblich. Trotzdem ist der Film unheimlich interessant, auch abseits der Actionszenen, denen ich mich später natürlich auch noch widme. Nun soll es aber um das Worldbuilding gehen und meiner Meinung nach hat Derek Kolstad auch hier wirklich geliefert. Nichts in diesem Film wird groß erklärt und gerade das macht ihn so gut. Ob es die Reinigungsfirma ist, die John Wick ruft, um seine Wohnung säubern zu lassen, oder das Continental-Hotel, in welchem er kurzzeitig sein Lager aufschlägt. Die Beziehung zwischen den Personen wird deutlich, was geschieht wird deutlich, aber so wirklich genau wissen wir nicht viel darüber. Kolstad kreiert eine Welt, die man einfach als selbstverständlich annehmen kann, die aber noch unfassbar viel Potenzial für mehr hat. Man könnte wahrscheinlich endlos viele Filme über diese Reihe machen, die abseits der beiden Sequels stattfinden: Man könnte der Frage nachgehen, wie alles begann, oder das Continental-Hotel näher beleuchten. Man könnte anderen Charakteren folgen oder zum Beispiel der Reinigungsfirma. Es gibt viel Raum für neues und ich bin sicher, dass dieser auch in Zukunft noch in irgendeiner Art und Weise genutzt wird, worauf ich mich jetzt schon sehr freue.
Action und Inszenierung
Das Hauptaugenmerk des Films liegt natürlich klar auf der Action und wie diese inszeniert ist. Während heutzutage viele Actionszenen wie beispielsweise jene in Mile 22 regelrecht durch Schnitte unkenntlich und unüberschaubar gemacht werden, liegt der Fokus bei John Wick und seinen Nachfolgern auf Choreografien. Die Kamera wird oft übersichtlich und lang auf das Geschehen gerichtet und somit macht es einfach Spaß den Kampfchoreografien zu folgen und sich an ihrer Schönheit zu ergötzen. Klar, manchmal sind diese nicht vollständig perfekt und es schleicht sich die ein oder andere langsamere Passage ein und natürlich kann auch in diesem Film nicht vollständig auf Schnitte verzichtet werden, weshalb nicht in jedem Fall eine atemberaubende Choreografie vorgeführt wird. Größtenteils bekommt man aber dennoch unfassbar gute und eben vor allem übersichtliche Action präsentiert. Viele Actionszenen sind toll inszeniert und harmonieren wunderbar mit dem Schnitt, welcher wiederum hervorragend mit dem Score beziehungsweise Soundtrack zusammenarbeitet. Es ergibt sich ein wirklich rundes Gesamtwerk, welches das Actionkino der 2010er Jahre, wenn nicht sogar im allgemeinen, für die breite Masse inszenatorisch auf ein neues Level hieven konnte.
Sonstiges
Schauspielerisch ist Keanu Reeves vielleicht nicht der vielschichtigste Darsteller, dafür hat er sich aber für seine Rolle als John wirklich verdammt ins Zeug gelegt und überzeugt vor allem aufgrund der Stunts und Choreografien im Film. Auch der Rest des Casts kann überzeugen, auch wenn ihre Charaktere natürlich nicht die komplexesten sind, aber die braucht man in einem Film wie John Wick meiner Ansicht nach auch nicht zwingend. Wichtig ist, dass trotz wenig Inhalt der Film über 96 Minuten verdammt gut unterhält, aufgrund der bereits zuvor aufgeführten Punkte und auch der Look des Films trägt seinen Teil dazu bei. Stets relativ kühl und mit leichtem Blaustich trifft der Film stets den richtigen Ton und somit kann ich wirklich reichlich wenig an dem Film im allgemeinen kritisieren.
Fazit
Klar, die Handlung ist nicht die komplexeste und auch die meisten Figuren sind nicht wirklich besonders, aber John Wick hat es auch auf etwas ganz anderes abgesehen. Mit einem unfassbar guten Charakter- und Handlungsaufbau, sowie nahezu makelloser und fantastisch inszenierter Action überzeugt der Film auf allen Ebenen, auf denen er zu überzeugen hat. Es ist eine Schande, dass der Name Derek Kolstad nicht verbreiteter ist, denn er hat die Weichen gestellt für ein Franchise, welches das Potenzial hat, als das Beste des Genres in die Geschichte einzugehen und nein: Ich übertreibe nicht.